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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0226
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Zeichnung von ZatobuS Leisen.

KONRAD HAENISCH

Das bleibt uns unseres Daseins großer Trost:
Daß nicht allein gemeine Not verbündet,

Nein, daß der Zukunft Flamme weiter zündet
Und eignes Schicksal freier Geist erlöst; —

Daß mancher doch der innern Stimme lauscht
Und, herzensheiß zum Volke hingetrieben,
Sichere Laufbahn, reicher Eltern Lieben
Mit Kampf und ungewissem Schicksal tauscht; —

Daß nicht die kalte Schönheit ihn erfüllt,

Die glitzernd spielt in funkelndem Geschmeide,
Daß er sie sucht, wo aus der Armen Leide
Und Ringen Zukunftsglauben sie enthüllt.

Du hast geglaubt, gerungen, hast im vollen
Gemüt, das Kind geblieben Mann doch ward,
Der Menschheit beste Tugend dir gewahrt:
Die reine Liebe und das feste Wollen.

Du bester Deutscher mit der Menschheitsseele,

Der Hauptmann gleichnah mit Lassalle stand,

Zum letzen Mal drück ich die breite Hand,

Uns lebst du immer — Schluchzen engt die Kehle-.

Dem unvergeßlichen Freunde

Erich Kuttner.

Jur Lage

Nur die Dummen haben Hindenburg für
dumm halten können.

über eine erstaunliche Intelligenz ver-
fügt die Exzellenz.

Er erklärte laut und vernehmbar: „Ich
verstehe nichts von Politik."

Sofort war er der Mann von 14 Mil-
lionen.

Der Krieg bekam ihm wie eine Badekur.

O, wir wünschen dringend, daß die Be-
schwerden des übernommenen Amtes ihm
nicht die Notwendigkeit neuer Erholung
nahelegen!

Eine Legend« geht um: er habe feit der
Kadettenzeit keine Bücher mehr gelesen.

Wir glauben das nicht.

Gelesen - gelesen hat er sie zweifellos.

Der Reichsblock, heißt es, hat zur
Finanzierung der Hindenburg-Wahl
beträchtliche Schulden machen müffen.

Höfliche Frage:

Hat die Ruth Fischer über-
triebene Forderungen gestellt?

Des Rätsels Lösung

Paule und Fritze begegneten sich
nach dem denkwürdigen Wahl-
tag auf der Straße.

Paule: „Also nun ist der
Hindenburg doch durchgekommen!"

Fritze: „Aber das ist doch
kein Wunder!"

„Wieso?"

„Na, Mensch, den haben alle
Weiber mit 'nem Bubikopp ge-
wählt!"

„Na ja und?"

„Na, MenschenSkind: die wollen
eben ihren Willem wiederhaben!"

L. L.-Ieitungsschau

In einem Feuilleton „Prag 1925" von
I. Dietrichstein in den „Breslauer Neuesten
Nachr." vom 22. April 1925 ist zu lesen:
„Die Varietes und BarS verschließen
verschwenderisch Nachtvergnügen."

Dietrichstein hat recht. Eine öde Lang-
weiligkeit in den meisten VarietöS und Bars!

*

Aber was im Inseratenteil der „Schlesi-
schen Tagespost" vom 17. April 1925 ge-
standen hat, das ist für ganz Hindenburg-
Deutschland köstlichstes Labsal. Bitte:

Lammerjägereik

Heinrich Schenk, Breslau I,

Oderstraße 28 ü. Gegründet 1901.

Spezialität:

Ratten sowie Wanzenvertilgung

Mitglied der Deutschnationalen Dolkspartei.

Die Patrioten

Zeichnung von A. I l o r a t h

„Unseren herrlichen Hindenburg hätten wir also durchgebrachtl
Aber im Vertrauen, mein Sohn, beffer ist es doch, wir
heben unser Geld von der Sparkaffe ab."

Achtung Steuerzahler!

Der beinahe pleite Staat mußte
in den sauren Apfel eines Spar-
kommiffariats beißen. Dem Amt wurde
zur Pflicht gemacht, mindestens soviel ein-
zubringen, wie eS koste. Damit nicht oppo-
sitionelle Neider behaupten, es fei über-
flüssig.

Dureauvorsteher Müller IX lag dem Briefe-
ansagen ob.

An das Abfallverwertungsamt!

Kraft unserer Brfugniffe als Spar-
kommiffariat haben wir festgestellt, daß der
dem Ministerium des Äußern entnommene
Papierkorb R. A. VI, 53, vorzeitig aus dem
Gebrauch gezogen wurde. Die demselben an-
haftenden Beschädigungen hatten «och nicht
das vorgeschriebene Mindestmaß aufzuweisen,
und ersuchen wir Sie deshalb, den Korb seiner
früheren Bestimmung wieder zuzuführen und
künftighin bei der Ausübung Ihrer Obliegen-
heiten streng nach den Vorschriften
des R. G. Bl. VIII vom 27. Februar
1924, Seit« III, Abs. 4, zu ver-
fahren.

Der Brief wurde dem Bürovor-
steher zur Unterschrift vorgelegt.
Die korrekte Feder zögerte. Fräu-
lein Endrikat, Schreibmaschinistin
mit Pensionsansprüchen, mußte
kommen.

„Wozu sind wir eigentlich Spar-
kommiffariat, wir? — Wissen Sie
nicht, daß solche Briefe laut Dienst-
reglement auf halbem Kanzleibogen
geschrieben werden, hä?" —

Fräulein Endrikat ließ ein be-
redtes Schweigen glanzen. Die
korrekte Feder fuhrwerkte quer
durch den Bogen. Und als Fräulein
Endrikat begossen abging, den Salm
nochmal zu schreiben, schoß der Vor-
bildliche die Warnung hinterdrein:
„Aasen Sie gefälligst nicht so!"

Bruno Manuel.

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