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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0238
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Ä. I M N A M E N D

Es hat der Herr Erste Staatsanwalt
„Im Namen des Volkes . . . .“ gesprochen,
hat sich die Sturzkappe umgeschnallt
und ist dann ins Flugzeug gekrochen.

Der Inhaftierte jedoch per Bahn
ward weggefahren und dankte.

Weil weder Weib noch Kinder ihn sah’n,
wurde er frech und erkrankte.

Der Kranke ward schmal, der Aktenstoß rund,
die Aerzte blickten bedenklich.

Der „Erste“ befahl: „Der Mann ist gesund.

Ir- der Zelle wirkt jeder mal kränklich.“

„Was schiert mich Weib, was schiert mich Kind.
Noch bin Ich hier allmächtig!“

Warf ihn auch um der schwächste Wind,
der Mann blieb „fluchtverdächtig“.

ES VOLKES £%

Der Häftling lag da mit bleichem Gesicht
und war aus Versehen gestorben.

Da hat man den Obduktionsbericht
ein wenig nach „Selbstmord“ geforben.

Die Sache, die gen Himmel stunk,
hat wie ein Witz geendet.

Es ward drei Tage drauf im Funk
„Fidelio“ gesendet.

(Die Ihr dies lest: Ich wäre froh,
wenn Ihr ein Asyl mir verschafftet.

Denn einmal werde ich irgendwo
von irgendwem verhaftet.

Wenn ich dran denke, wird mir kalt
und bin ich wie verwandelt.

Weil mich dann der Herr Staatsanwalt

noch hoeflicher behandelt!) Karl Schno*.

Oer Volksmund

erzählt sich folgenden
Scherz:

Hindenburg wurde
im Reichstag vor-
gestellt. Gleich vor
Eröffnung der Zere-
monie griff er sich
den ReichStagSpräfl-
denken und sagte:
„Auch ich kenne keine
Parteien mehr -
lasten Sie mal der
Größe nach an-
treten!"

Neu-Äyzantinlen

Der Chefredakteur
einer größeren sächsi-
schen Zeitung reiste
im Auftrag seines
Verlegers zu Hin-
denburg, um ein
Interviewchen zu er-
wischen.

Kam also an und
ließ sich melden. Er
war nicht der einzige,

der interviewen
wollte.

Die Exzellenz ließ
sich die Herren vor-
stellen.

Kam zum Sachsen.

„Ja - ja also
- also Sie sind aus
Sachsen?"

„Sehr wohl!"
Tiefster Diener.

„So so . . ."

Und damit ging
die Exzellenz weiter.

Am nächsten Tage
erschien eine Sonder-
auSgabe in großer

Hinöenburgs Einzug

Zeichnung von Fritz Wolfs.

Aufmachung, Balken-
zeile IO crn hoch:

„Gruß Hinden-
burgö an das säch-
sische Volk!"

Deutsche Justiz

In Mitterfeld-
mosling sitzen der
Hofbauernfepp und
der Dirflingernaz
beim Unterwirt. Leb-
hafter Diskurs über
die deutsche Justiz
anläßlich des Tscheka-
ProzesteS.

Der Sepp, der
sein christkatholisches
Wochenblattl stets
mit Sorgfalt und
Mühe durchbuchsta-
biert, haut mit der
Faust auf den Tisch,
daß die Maßkrüg'
scheppern:

„Woast Naz", sagt
er, „üba inserne
Richta steht nixen auf.
Mir ham unbestech-
linga Richta. Und
alles z'samm, die
Richta und's Gricht,
dös hoast ma a
übaparteilinga (über-
parteiliche) Rechisin-
fchtituzion.Vaftehst?"

„Js scho recht",
meint der Naz be-
dächtig, - er ist ein
sinnierlicher Kopf, der
Naz - „aba wenn
ma scho a Rechts-
Inschtituzion Ham
müast'n, wo iS nachert
inserne Links- Jn-
schtituzion?" Aavarius.

Ein Eid hat mancherlei Gestalt:

Man schwört ihn warm, man schwört ihn kalt.

Man kann ihn atheistisch normein,

Sowie mit religiösen Formeln.

Einst schwur man auf die Monarchie.
Ist Republik, schwört man auf sie.

Ein Eid wird allezeit bestehn.

Man kann auch einen Knopf abdrehn . . .

Ein Eid Beruhigung verbreitet, —
Besonders, wenn er vorbereitet.

Nun schlafen wir in Sicherheit,

Es ist doch schön um einen Eid . . .

Mich, von Lindenhecken.

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