Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0332
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MMärjustiz-Reform

Dir Militärjustiz soll ein bißchen wieder-
neuaufrenoviert werden. Schon ist man
emsig dabei, die Offiziere in die Soldaten-
geeichte hinein- und damit die nichtoffizier-
liche Unbefangenheit hinauszusctzen.

Aber das ist doch noch gar nichts. Warum
so schüchtern? Es gibt noch eine Menge
Sachen, die Deutschland groß und stark ge-
macht haben, aber leider infolge der Revolu-
tion und anderer Kleinigkeiten in den Eimer
gefallen sind. Die es jetzt aber wirklich ver-
dienen, baldgefl. wiedereingeführt zu werden
zum Segen unseres Vaterlandes sowie im
Interesse der alten deutschen Manneszucht.

Man sollte gründlich Vorgehen.

Man sollte sich von den roten und
novemberlichen Schreihälsen nicht bluffen
kaffen. Ganze Arbeit tut not!

Und darum sollte man die Militärjufti;
insgesamt einfach abschaffen!

Das heißt natürlich nicht, sie den Zivil-
gerichten ausliefern; obwohl deren vater-
ländische Gesinnung außer Zweifel steht. Es
heißt, den überkommenen urgermanischen
Prinzipien neue Geltung zu verschaffen. Prin-
zipien, die sich zusammenfassen lassen in dem
kategorischen Imperativ: „Er soll dein Herr
sein." Der Vorgesetzte, versteht sich. Früher
Herzog, heute Nächsthöhere Rangstufe ge-
nannt.

Was ein rechter Vorgesetzter ist, ist so-
wieso schon Richter par excellence. Er weiß
sowieso schon alles besser. Wozu hätte er
sonst Knöppe, Tressen oder Achselstücke? Wer
fähig ist, Ohrlöcher, Stiefelsohlen und
Schießeisenröhren zu beurteilen, der kann
auch über den restlichen Menschen im Musch-
koten judiziercn. Also denn man loö!

Aber hübsch sinnig. Eins nach dem
andern. Man muß systematisch arbeiten.
Der militärische Einzelrichter braucht Richt-
linien. Er braucht einfache und wirksame
Strafmittel. Die müssen ihm zuerst an die
nervige Hand gegeben werden.

Zurück zum alten Preußengeist! Zurück
zuFridericusRex! Tritt ins Gesäß,
Kniebeuge, Stubenscheuern vermittels Zahn-
bürste — das ist alles nichts. Das Anbinden
ist schon besser. Man kann es beibehalten.
Aber was uns fehlt, das ist daö Spießruten-
laufen. Man sollte sich der Traditions-
kompagnien dazu bedienen. Sie sind am
geeignetsten als Vollstreckorgane. Ihnen
sollte man auch die Ausführung der übrigen
wiederzuerweckenden Befferungsmittel über-
tragen. So zum Beispiel das Daum-
schrauben, Brennen, Rädern, Vierteilen so-
wie die restlichen Aufmunterungssachen
zweiten und dritten Grades. Daö beliebte
und bewährte Hinlegen, die
Maulschelle und den Kolben-
puff darf man ruhig dem
Vorgesetztenrichter selbst
überlassen. Damit kommt
er allein zuwege, wie jeder
aktive Rekrut weiß.

Natürlich muß auch der
modernen humanen Zeit-,
ftrömung Rechnung ge-
tragen werden. Deshalb
keine Todesstrafe! Wie die
Statistik lehrt, wird das'

Sterben von Soldaten be-
reits selbst in durchaus
genügendem Maße besorgte
Im Frieden per Dienst-
gewehr, im Krieg — na,

Deulsch-französisch-
belgisches Eisenkarlell

Zeichnung von Herbert Anger

das kennt man ja. Das regelt sich sozusagen
automatisch.

Bleibt nur noch ein brennendes Problem:
was tut man mit den KriegSgerichtsräten und
HeereSanwälten? Die nach vollendeter
Reform überflüssig find? Man kann sie doch
nicht gut mirnichtS-dirnichtS entlasse», wie
man das mit den Proleten macht! Gott,
man versetzt sie einfach zu den Staatsanwalt-
schaften. Da werden noch tüchtige Leute ge-
braucht, die ein bißchen mit der höheren
Justiz Bescheid wissen; mit Flugzeugen, Um-
zingelungen, Untersuchungskittchen und so.
Da paffen sie hin, die herzigen Schäker.
Nachdem sie doch bei den leider aufgehobenen
Volksgerichten nicht mehr Unterkommen
können.

Das wären so die Grundzüge. Die Einzel-
heiten darf man getrost den Ausführungs-
verordnungen überlassen.

Wölfchen.

Mißverständnis

Zur Sommerzeit prangen in den Buch-
läden große Schilder „Neue Kursbücher".

Ein Herr, dem man die Bildung an der
Zeitung ansah, die aus seiner Tasche schaute,
betrat den Laden:

„Haben Sie unter den neuen Kurs-
büchern auch die Lebenserinnerungen von
Hindenburg?" — gg.

Reklame

„Tausend Mark zahle ich dem, der dafür
sorgt, daß unser »euer Film von der Zensur
verboten wird."

„Und dann?"

„Dann zahle ich ihm noch einmal lausend
Mark, wenn er dafür sorgt, daß das Ver-
bot wieder aufgehoben wird."

„Kartell est notre plaisir!“

Aus Thüringen

Wir wissen nicht, aus welchen Gründen
die thüringische Regierung sich uns gegen-
über verpflichtet fühlt. Jedenfalls hat sie
für „Lachen links" einen Beitrag geschrie-
ben und ihn, damit er auch zu breitester
Kenntnis komme, als Verordnung bekannt-
gemacht.

Dieser Beitrag lautet:

„In letzter Zeit nimmt die Unsitte des
Nacktbadens wieder sehr überhand. Es ist
mehrfach beobachtet worden, daß Angehörige
beiderlei Geschlechts jeglichen Alters in
Flüssen und Teichen, zum Teil ohne jede Be-
kleidung, in einer das Schamgefühl verletzen-
den Weise baden und sich
herumtummel». Das ge-
schieht oft an Plätzen, an
denen das Baden ausdrücklich
verboten ist, oft auch an
Orten, die an der Straße
liegen und jedermann zugäng-
lich find. Die Gendarmerie-
behörden find angewiesen
worden, aufs nachdrücklichste
dagegen einzuschreite» und
, Zuwiderhandlungen unnach-
sichtig zur Anzeige zu bringen.
Um den Unfug abzudämmen,
erscheint auch die Mitwirkung
detz Publikums bei Erstattung
von Anzeigen dringend er-
wünscht."

328
 
Annotationen