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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0334
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Zeichnung von Karl Holh

Wenn a die Juden insan Kini g'numma,
wenn a der Saupreiß bei uns wohnt in

Summa,

wenn a ka Kanitz ins befreit vo Steuan,
wenn's ins die Maßkrüg' immer mehr

verteuan,

aaf jache Klotz' Ham mir an jachen Keil:
Miesbacher Anzeiger - heil!

Mir wern'S mit dera Hilf' g'wiß no

fchaff'n,

mir bieten o da unf're Wehr und Waff'n,
mir kenna fehng, wann a Deutscher Toz

iS,

mir kenna les'n, wer von oiten Schlog is.
Dös steht fei fett druckt im Hinterteil:
Mieöbacher Anzeiger — heil!

Zweng deine Satz', die gar so zünfti rein-

hau'n,

zweng die Würkung: IudenfchLdel ein-

hau'n!

zweng, daß du der großen Press' bal gleisixt,
zweng der Wahrheit, der du dich befleißigst,
bist halt vom Bayerland die „Daily Mail."
Miesbacher Anzeiger - heil!

E

Der Herr Pfarrer geht im Birkenschlag
spazieren und legt sich dabei im Geist die
Sonntagspredigt zurecht.

Am Waldhang findet der Herr Pfarrer
was im Gras liegen.

Es ist der arg verrufene Helm.

Sofort ist der Geistliche im Dienst und
tut schön mit dem Helm: „Faulenzer,
elendiger . . . hast gar ka Schand
nimmi? . . . gaunerst unserm Herrgott
die schönsten Stunden weg ... du Tage-
dieb . . ."

Das goldene Kalb

Der Bauer hat Hauskreuz. Die Frau
hat Wasser im Blut und liegt schwer da-

Vor einem halben Jahr hat es der
Doktor dem Bauern gesteckt: Die Bäuerin
hat die Krankheit von der Familie her.

Aus der Familie sterben meist die
Weiber an der Wassersucht.

Die Bäuerin war aber immer auf dem
Feld und im Haus vornedran, auf dem
Acker wie ein Zugtier und im Haus wie ein
Kettenhund.

in spitziger W

Der Helm blinzelt in das Licht, verzieht
das Maul, als wollte er sagen: dank schön,
gleichfalls — er sagt aber kein Wort.

Jetzt wird der Pfarrer erst recht eifrig: -
„Helm, furchst di net der Sünden und
vorm höllischen Fegfeuer ... du bist am
direkten Weg zur Hölle . . . kehr um, bet
und arbeit und wandle fürderhin den herr-
lichen Weg ins Himmelreich . . ."

Wieder blinzelt der Helm, wie ein rechter
Damian und sagt traurig: „O, Herr

Pfarrer, i ging den Weg zum Himmi gern
. . . aba . . . i kann ja net . . ."

*

Darum will der Bauer sie schon am
Leben erhalten.

Im stillen denkt sich aber der Bauer, so
ganz verstohlen, wenn sie stirbt, eine Bäue-
rin mit Batzen krieg' ich immer wieder.

Laut und deutlich sagt der Bauer:
„Wenn's wieda gsund wird und orbeten
kann, wie a Ochs, wie zersta, nachher stift'
ich zehn große Altarkerzen . . . zehn Stück,
wo oane fünf Markle kost . . ."

Recht laut hat es der Bauer gsagt, so
daß die Dienstboten aufhören zu beten und
hinhorchen.

Mitnandrr kommt der Friedl aus dem
Stall auf den Bauern zu und meldet:
„Bauer, bei der Scheck geht as kälbern so
hart . . ."

Der Bauer springt auf und schreit:
„Jesses, Jesses, Sepp, glei fetz' di afs Rabl
und holt's dan Tierarzt, 'S Kalb muaß her,
er muaß der Scheck helfen . . . aö Leben
da Bäuerin hat ünfer Herrgott in da Hand."

Während der Tierarzt im Stall seine
Pflicht tut, stirbt die Bäuerin.

Der Bauer senkt den Kopf und ist tief
im Gebet versunken.

Jemand kommt und bringt den Geist-
lichen mit.

e g

„Warum net?" wundert sich der

Prediger.

Da macht der Helm ein recht jämmer-
liches Gesicht und sagt: „SchaunS, Herr
Pfarrer, fe ham erst letzthin vakündigt, es
müaßten no viel mehr spitze Kirchtürm in
die Wolken ragen, viel, viel mehr . . .
denn darüber hin führt der Weg in Himmi
. . . iatzt schaugenö meine zarlumpten
Stiefel an . . . wie kann i halbet oder gar
ganz barfüaßi so an spitzigen Weg

wandern?" Pipin.

Jetzt kommt Ordnung ins Gebet und
heiliger Eifer.

Der Pfarrer spricht leise zum Bauern
hin. Warum sie ihn nicht früher haben
rufen lassen, den Geistlichen?

Aber der Bauer ist so stark beim Gebet,
er hört es nicht, und tiefer sinkt fein Kopf.

In dem Augenblick kommt der Friedl aus
dem Stall gestolpert und jubelt, ohne Rück-
sicht auf die Sterbestimmung, laut schreit
er in die Stuben: „Gott sei Dank, Bauer,
im Stall beim Kalbn iS guat gangen . . .!"

Da hebt der Bauer den Kopf und sagt:
„Nachher stift i statt zehnigleizwan-
z i g K e r z e n !" Pipin.

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