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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0346
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(3 cf} t C t 6 ^ ^ CCtClTCinftttt Zeichnung von 33rune Haunlkel

„Wie man Kleinigkeiten übersehen kann! Beinahe hätte ich vergessen, die Entwaffnungsnote zu unterschreiben!"

letzt aber kam die Zeit des Reisens wieder,
Vorausgesetzt: Man hat ein wenig Geld.

Es reist, die Brust beseelt durch frohe Lieder,

Die deutsche Seele jubelnd durch die Welt.

Im Flugzeug reisen junge Staatsanwälte,

Die Republik verhaften sie im Geist.

Der Nordpolfahrer reist in Eis und Kälte,

Kurzum: Man reist.

Frau Neureich reist mit Perlen und Brillanten,
Kostüme formlos, aber dernier cri.

Der Spießer reist zu seinen Anverwandten,

Ihn kostet’s nischt, — jedoch es ärgert sie.

Es reist Herr Stresemann in Paktentwürfen,

Worin er, was er einst verfluchte, preist.

Der Dickwanst wird in Karlsbad Sprudel schlürfen,
Kurzum: Man reist.

Die Firma Stinnes reist, um Geld zu pumpen,
Weil sie der Pleitegeier arg bedroht.

Nach Borkum reisen abgeschmackte Lumpen
Mit Hakenkreuzen und mit Schwarzweißrot.

Gen Moskau reist ein Häuflein dummer Knaben,
Die Herr Krylenko stolz als Beute weist.

Herr Dempsey muß auch Geld zum Reisen haben,
Kurzum: Man reist.

Auf Freifahrkarten reisen Deputierte,

Und mancher Ehemann reist gerne fremd,

Dieweil manch Oberlehrer anmarschierte
Zur Fahrt nach Rom im rauhen Jägerhemd.
Verborgen reist die Sowjetpropaganda,

Wobei sie uns das reinste Glück verheißt.

Mit ihrem Freier reist die schöne Wanda,
Kurzum, man reist.

Das deutsche Volk in diesen Reisezeiten,

Es möchte manchen gerne scheiden sehn.

Zum Bahnhof würden Westarp wir geleiten,

Wir wär’ es schön, wollt’ Ludendorffen gehn,
Selbst Thälmann könnten freudigst wir vermissen,
Zum Abschied gäb’ es jubelnden Applaus.
Macht’s Wilhelm nach: Der ist schon ausgerissen!
Reißt aus, — reist aus!

Aus dem Harz

Die berühmte Tropfsteinhöhle bei Rübe-
land im Harz wurde zuerst entdeckt von
einem einfachen Wege Wärter namens
Angerstein und hieß darum (sehr richtig) die
„Angersteinhöhle". Natürlich konnte (in
Deutschland) so ein skandalöser Zustand
nicht lange bestehen bleiben. Es kam näm-
lich ein Herr Bergrat (aha!), namens
Hermann, der sich Urlaub geben ließ, um
die Höhle gründlich zu erforschen, und fort-
an heißt die Höhle „Hermannshöhle" und
ist unter diesem Namen weltbekannt. .

Welch weise Voraussicht! Offenbar
haben die NamenSgeber der Höhle vorauS-
geahnt, daß der Name Angerstein
dereinst noch durch einen Übeln Massenmör-
der in Verruf kommen würde. Und H a r«
mann schrieb sich — gottlob - mit a,
nicht mit e!

Aber sicher wäre sicher gewesen: Hätte
man die Höhle gleich, wie sich daS von
rechtSwegen gehörte, „Kaifer-WilhelmS-
Höhle" getauft, - wer weiß, ob dann nicht
nach dem Muster Ulrichs des Verbannten
der erlauchte NamenSgeber am 9. Novem-
ber 1918 in ihr Quartier genommen hätte?!

Or. Höhlenbär.

Feinfühliger Lachs

Der Fischhändler (den Lachs zei-
gend): „Prachtvolle Farbe, wie?" - Die
Hausfrau: „Kein Wunder, bei Ihren Prei-
fen muß er ja erröten!"

Wichtige Zeiten

Raffke besucht ein Nordseebad und
prallt gegen eine Tafel mit Stunden- und
Minutentabelle.

„Wat is'n dat?" fragt er.

„Hier werden die Gezeiten bekanntge-
geben", wird er belehrt.

„Wat, Ieh zeitm", knurrt Raffke,
„de Mahl zeiten will ick wissen!"

Der Heiratsfchwinöler

(Bürgerliches Drama.)

1.-4. Akt: Scheckbrief.

5. Akt: Steckbrief.

Schwer zu machen

„Wenn es geht", sagte der neue Sträf-
ling, „so möchte ich in meinem Berufe be-
schäftigt werden." — „Das ist immer sehr
schön", sagte der GefängniSdirektor, „wel-
chen Beruf haben Sie denn?" - „Ich
bin Flieger!"

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