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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0392
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Aus der deutschnationalen Skandalzentrale

Zeichnung von Erms

„Was ist denn mit dem Kußmann, diesem begehrten Objekt?"
„Ja, den hat die Polizei sich jetzt gekauft!"

Deutschlands
Werdegang

(Schluß.)

An die ruhmreichen
Überlieferungen der Cimbern
und Teutonen anknüpfend,
verließen die deutschen
Stämme wenige Jahr-
hunderte später unter der
Führung ihrer angestammten
Herrscherhäuser die heimat-
lichen Schollen, um die
Völkerwanderung anzu-
treten. Und gemahnt eö nicht
an die herrlichsten Tage des
Weltkrieges, wenn in jenen
grauen Zeiten bereits auf
den Zinnen von Rom,

Athen und anderen Welt-
städten die schwarzweißrote
Flagge gehißt wurde? Ver-
leumderische Propaganda der
feindlichen Northcliffepreffe
fand freilich schon damals
den traurigen Mut, den
deutschen Namen durch die
Behauptung anzutaften, daß
die Heerscharen unserer Vor-
fahren unendliche Kunst-
schätze zertrümmert hätten.

Gewiß mag Ähnliches vor-
gefallen sein! Kriegsnot-
wendigkeiten bedingten eö,
und nennt nicht auch unser
Retter von Hindenburg die
brutalste Kriegsführung die mildeste?

Seinen Höhepunkt erreichte dies echt
deutsche Leben und Treiben unter Karl dem
Großen, der sogar die widerspenstigen Sach-
sen zähmte und damit den Grundstock zu
einem der herrlichsten deutschen Dialekte
legte. Zur Belehrung unserer verhetzten
Freihändler sei eingeschaltet, daß damals
der erdentsproffene Großgrundbesitz ohne
jede Einfuhr aus Amerika, Australien und
anderen uncntdeckten Kontinenten für des
Volkes Nahrung und Notdurft sorgte.
Gibt es eine schlagkräftigere Begründung
für einen gesunden Schutzzoll, der unfern
Nährstand vor dem sicheren Untergange
schützt? Nicht unerwähnt bleibe, daß in-
zwischen Bonifacius*) unserem Volke die
Segnungen des Christentums bescherte, die
im Gotteögnadentum ihren beredtesten
Ausdruck fanden. Der rote Faden des blin-
den Hödur indessen trat bei der Ermordung
KonradinS, des letzten Hohenstaufen, er-
neut in die Erscheinung.

So ging das Mitelalter vorüber, und
die Neuzeit hielt mit Martin Luther ihren
weithin sichtbaren Einzug. Sein Verdienst
ist neben der Einführung der evangelischen
Hofprediger vornehmlich der Kampf gegen
jene von verkappten Marxisten aufgewiegel-
ten Missetäter, die durch Erklärung des
Bauernkrieges sich einer gottgewollten
Obrigkeit zu widersetzen vermessen genug
waren. Bald aber erstrahlte das Genie der
Hohenzollern am Zenith des Vaterlandes:
Kaum war die peinliche Episode des
Dreißigjährigen Krieges vorüber, als
Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst,
urdeutsch in jeder Faser seiner Seele,
Straßburg zur Vermehrung seiner HauS-
macht in weiser Voraussicht den Franzosen
in die Hände spielte. Deutsch sein, heißt
eine Sache um seiner selbst willen tun!

*) Nicht identisch mit dem bekannten Witzbold Boni-
fazius Kieseweiter.

Friedrich der Große, diese ideale Verkörpe-
rung wahren Deutschtums, der seine heilige
Muttersprache so liebte, daß er sie aus
frommer Scheu nach Möglichkeit anzuwen-
den vermied, sei uns hierin leuchtendes
Vorbild. Undeutsch, wie er war, siegte bald
darauf Napoleon bei Jena und Auerstädt
und trotzte in usurpatorischer Vermessenheil
selbst den in echt deutscher Offenheit darge-
botenen Reizen der Königin Luise. Bis-
marck aber einte nach dem Ludergeruch der
Revolution von 1848 Deutschland durch
Blut und Eisen. Und wenn es dann auch
unserem geliebten letzten Kaiser infolge
stattgehabten Dolchstoßes von hinten nicht
möglich war, uns den angekündigten herr-
lichen Zeiten entgegenzuführen: Nach der

Die nationale Provinz

Zeichnung von Max Graeser

Der Radfahrer: „Nun weichen Sie doch
aus. Rechts oder links!"

Sie: „Bitte sehr, mein Mann ist ganz
rechtö!"

rühmlosen Epoche Eberls
folgte die glorreiche Zeit
unseres treuen deutschen
Ekkehart, bestieg den Prä-
dentenftuhl unser Marschall
Hindenburg.

Deutsche Jünglinge,
werdet solche!

Gespräch
über Dayton

„So was kann auch nur
in Amerika passieren."

„Na, na! Ob der gleiche
Prozeß nicht z. B. auch in *
Bayern möglich wäre?"

„Nein, völlig ausge-
schlossen!"

„Warum ausgeschlossen?"
„Weil sich in Bayern
kein Lehrer S c o p e S
finden würde . . .

M. v. L.

L ^.-Zeiiungsschau

Die „Dtsch. Tages-
zeitung" bespricht in Nr. 346
vom 25. Juli die Wetterlage
folgendermaßen:

„Es kann für die nächsten
Tage noch mit Neigung zu
Niederschlägen, aber bereits
mit langsam ein-
setzender Erwärmung
gerechnet werden. Erst später wird die
Bevölkerung abnehmen und die
Temperatur weiter steigen."

Schon möglich bei der Hitze!

*

Aus dem „Berliner Tageblatt":

„Wie uns aus Weimar gemeldet wird, ist
Oberstaatsanwalt Dr. Elling, der im politi-
schen Leben als Demokrat vielfach hervorge-
treten ist, von der reaktionären thüringischen
Regierung in den „zeitweiligen R u h r -
stand" versetzt worden."

Der thüringischen Regierung ist das ohne
weiteres zuzutrauen!

Verfassungs-Stilblüte

Als die Verfassung in Verfassung trat,
war sie in guter Verfassung und die Ver-
fasser waren ebenso zufrieden, wie die
Deutschnationalen außer Verfassung ge-
rieten.

Jetzt, wo die Verfassung halb und halb
außer Verfassung ist, sind auch die Gegner
noch immer außer Verfassung. Sie sink
also dasselbe wie die Verfassung, mit der
sie sich nicht befassen wollen.

Schöne Verfassung! —gg

Geduld, Geduld, wenn's Herz
auch bricht

Jemand wollte heiraten und wandte sich
an das Standesamt seiner GeburtSstadt
X. wegen Anfertigung einer Geburts-
urkunde.

Er erhielt folgenden Bescheid: „Die

dortseitS beantragte Geburtsurkunde kann
diesseits nicht ausgestellt werden, dieweil die
betreffenden Formulare aufgebraucht sind.
Ein Neudruck derselben kann erst im
nächsten EtatSjahre erfolgen, dieweil die
dafür etatisierten Mittel restlos verbraucht
sind." R.

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