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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0406
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Henning Duderstadt / DER ZOLLKANZLER

Also sprach des Staatsschiffs kühner Lenker:
„Warum schweigen nicht im Land die Stänker?
Unser Zoll verbilligt euer Futter!“

Dies bewies bombastisch und pathetisch,

Wenn auch leider völlig theoretisch.

Unser Steuermann, Herr Doktor Luther.

In der Praxis mußten wir erfahren:
Hochgeklettert sind schon alle Waren,

Sei es Margarine, sei es Butter.

Was man heute blecht, den Rock zu ändern,
War im Mai der Preis von Festgewändern
Zum Empfang von Hindenburg, Herr Luther!

Und bei jedem Einkauf muß erröten
Angstgequält in Kummer und in Nöten
Manche Ehefrau und manche Mutter.

Leert man dann die Börse widerwillig,

Ist’s ein schwacher Trost: Es wurden billig
Einzig Ihre Witze, Doktor Luther!

„Borussia necesse est,
Germania non necesse!“

Dieses Latein des edlen Iunkerblattes
68t delicatum. Die Hitze deö Zögradigen
Sommertages und das Hirn des Verfassers
mixtum compositum erant. Gaudia
maxima in territorialibus omnes curri*
culit.

Schwierig war es natürlich, das Kreuz-
zeitungS-Latein ins Deutsche zu übersetzen.

„Borussia necesse est, Germania
non necesse“ — das soll heißen:

„Seht ihr nicht endlich die Notwendig-
keit ein, den Severing zu erledigen?" W.

Ach ja...

Balduin Dümpfe, Kolonialwaren engroö
und detail, ist auf einem sommerlichen
Spaziergang durch den Wald begriffen, als
plötzlich auf schmalem Steg drei Räuber
den Wunsch äußern, seine Finanzen
zu besteuern. Kurz darauf steht Dümpfe
in Hemd und Unterhose und es erhebt sich
unter den dreien ein Streit. Der erste will
aus Gründen der Sittlichkeit dem Aus-
gezogenen wenigstens Hemd und Hose be-
lassen, der zweite plädiert nur für das
Hemd, während der dritte keine Mensch-
lichkeit kennt. Balduin hört sich eine Weile
die Streiterei an und dann geht ein mit-
leidiges Lächeln über seine Züge.

„Kinder", sagt er, „was könntet ihr erst
leisten, wenn ihr kartelliert wäret!"

G. I-s.

Hier werden Krawatten
aufgewertet

In einer Straße des Berliner Nordens
fällt mir an einem Hause ein Plakat auf,
welches die Inschrift trägt:

„Hier werden Krawatten aufgewertet."

Es war mir bisher nicht bekannt, daß die
Aufwertung mit der Krawattenmacherei
etwas zu tun habe. Ich möchte eine dies-
bezügliche Behauptung auch nicht aufstellen,
weil ich sonst leicht vor den StaatSgerichtS-
hof zitiert werden könnte.

Vorortsbericht

Endlich konnte unserer verehrten Mit-
bürgerin, der Kleinrentnerin Witwe
Amanda Kluckert, das vor ; w e i u n d -
einemhalben Jahre zugcbilligte,
künstliche Gebiß ausgefertigt werden! Am
gleichen Tage fand unter allgemeiner Teil-
nahme ihre Beerdigung statt.

Die OrtS-Kleinrentnerfürsorge.
ggz. M. R. n.

Cant

Zelcknung von ®. Morgan

„Sie schieben den Riffleuten Waffen zu?" —
„Eine Bagatelle, Monsieur! Ferne sei eS
von mir, Ihre Versicherungen bezweifeln
zu wollen, daß die Armee Abd el KrimS
unter keinen Umständen eö mit Frankreich
aufnehmen kann!"

*

konfessionell

— Ober, eine Flasche Wein, aber
mosaisch!

- ??!!

— Ungetauft!

0 alte Steuer-Herrlichkeit!

Josef Maria Frank

Wie war in Preußen doch vordem
das Steuerzahlen so bequem.

Man sieht's am Fall von GiescheS Erben,
die sich in Breslau bleich verfärben,
weil anders wie zur Zeit der Zollern
die Steuerkontrollöre bollern
und sie zu „Ungeheuern"

Steuern versteuern.

Denn GiescheS — unberufen-toi! —
war sowas neu!

(Schuld hat die Republike!)

Wie hatten nämlich doch vordem
die GiescheS Erben eö bequem —
bis vor nicht allzulanger Zeit,
da waren sie davon befreit
durch königliches Privileg, jawollja!,
von 1690, liebe Olja,
von den Millionen, den ungeheuer»,
ooch eene Mark nur zu versteuern!

Bis allen GiescheS zum Verdruß

1918 machte Schluß

die „Schweinerepublike" . . .

Auskunft

Als ich beim Magistrat der Stadt T.
als Hilfsschreiber eintrat, sprach der Herr
Erste Stadtrat zu mir: „Wenn Sie etwas
nicht wissen, so fragen Sie den Herrn
Stadtsekretär, aber nicht den Stadtboten;
das würde die Autorität untergraben, denn
bei Fleiß und politischem Wohlverh"lten
können Sie im Laufe der Jahre etatö-
mäßiger Bürogehilfe und damit der Vorge-
setzte des Stadtboten werden. Sollte der
Herr Stadtsekretär Ihnen einmal keine
Auskunft erteilen können, so holt derselbe
sich bei dem alten, bewärten Stadtboten
Rat und sagt Ihnen dann Bescheid . . .!"

R.

Fügungen

Die Elektrische ist voll besetzt. Da steigt
ein Herr ein, ein netter Herr, und geht in
den Gang. Er stellt nach einer Weile an
dem Mienenspiel eines älteren Herrn fest,
daß er auf dessen Füßen steht, entschuldigt
sich vielmals und fuchtelt einer Dame mit
dem Spazierstock den Hut herunter, um
sofort mit einer verwirrten Verbeugung
zurückzutreten, worauf ihn ein gutgebauter
Mann unter Applikation eines Kinnhakens
freundlich ersucht, das Gebiet seiner Hühner-
augen zu verlassen. Als der nette Herr sich
hiernach an dem Bauch einer ehrwürdigen
Matrone erhebt, ergreift diese entschlossen
ihren Schirm und treibt ihm den Hut über
die Ohren. Sodann konzentriert das
geeinte Coupe feine Gefühle in einem Fuß-
tritt und der nette Herr absolviert einen
Kunstflug auf die Straße.

Über diesen Herrn Hab' ich mich etwas
gewundert.

Da sagte jemand, das sei Herr Geheim-
rat Schmidtmüller vom A. A.

Aber da Hab' ich mich nicht mehr ge-
wundert. I — S.

Bahnhof Friedrichskratze

Ein Herr sprach eine Dame an.

Die war sehr entrüstet und sagte: „Für
waö halten Sie mich eigentlich?"

Der Herr wurde kleinlaut und sagte
sanft: „Für eine anständige Frau!"

Darauf die Dame, im letzten Grad der
Entrüstung: „Und was berechtigt Sie zu
dieser Annahme?"

Lakonisch

Besuch: Ist die Gnädigste heute gut
aufgelegt?

Zofe: Ist??-Hat!

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