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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0538
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Wilhelm II.:

ch und mein Heer, wir gehörten zusammen. — Ich in Holland, das Heer an der Front.
!Und da Oberste Kriegsherren anders behandelt werden als sonstige Deserteure und da
der Heldentod nur sür Untergebene erfunden wurde, so saß Ich auf Amerongen, nachdem
Ich, wie versprochen, Meine zweiundzwanzig Armeekorps und mehr auf derStrecke gelassenhatte."

3:

Kronprinz Ruprecht von Bayern: „Unsereins hatte seine Beziehungen: Ich ließ meine
Heeresgruppe im Stich, stellte mich unter den Schutz des spanischen Vertreters in Brüssel
und konnte mich so ungefährdet in Sicherheit bringen."

Kronprinz Wilhelm: „Ich brachte für mein geliebtes deutsches Volk ein schweres
Opfer: Es fiel mir nicht leicht, das fröhliche Charleville mit dem stumpfsinnigen
Wieringen zu vertauschen."

Prinz Eitel Friedrich von Preußen: „Begann ich schon damals, meine Be-
ziehungen mit dem Schieberbankier Gruisser anzuknüpfen, oder war das erst
später? Ich weiß das nicht mehr so
genau!"

Prinz Friedrich Leopold von Preußen:

Als erster preußischer Großgrund-
besitzer hißte ich auf Schloß Glienicke die
rote Fahne. Teils, um mich unter den
Schutz der neuen Machthaber zu stellen,
teils, um meinen Schwager Wilhelm zu
ärgern. Rache ist süß!"

Generalfeldmarschall v. Hin-
denburg: „Nach beendeter Bade-
kur fuhr ich unter dem Schutze
des Roten Soldatenrates nach
Kassel. Dort verfaßte ich dann
mein bekanntes Dankschreiben an
Erzberger."

Zeichnung von
Walter Trautschold

General der Infanterie a. D.

Ludendorff: „Sind's die Augen,
geh' zu Ruhnke! Ich kaufte mir
eine blaue Brille, besorgte mir
durch Eberl und Genossen einen
Paß nach Schweden und verduftete. Damals
war mit der Dolchstoßlegende noch nichts zu
machen. Deutsche Jünglinge, werdet solche!"

Groß-
admiral
von Tirpitz:
„Obwohl ich
in meinen Er-
innerungen an-
gekündigt habe,
zu den Roten zu
gehen, fühlte ich
mich doch in der
Schweiz bedeutend
sicherer: Ich war in

Sankt Blasien. In den
Bergen ist Freiheit! Die
Zeit schien vorüber, wo sich
bei meinen Reden im Reichs-
tag die Balken bogen."

Großgrundbesitzer Graf Oppers-
dorf: „Als alter Freund von

S. M .hatte ich keinerlei Bedenken,
mich von ganzem Herzen den Polen
anzuschließen. Nichts geht über eine
gesunde Wandelbarkeit!"

Reichstagsabgeordneter Graf Westarp:

„Ich hatte damals sehr viel zu tun. Allein
die Änderung der alten Überschrift „Mit
Gott für König und Vaterland!" in der
„Kreuzzeitung" hat mich Schweiß genug ge-
kostet. Heute leuchtet sie wieder in alter Pracht."

Hoflieferant Taheim, Unter den Linden: „Eine aufregende Periode!
Wie rasch ich mein Hoflieferantenschild runterpolkte! Seit Hindenburg
regiert, bängt's wieder draußen! Immer die Konjunktur beachten! Haben
Sie sonst noch Wünsche?"

Kolomalwarenhändler Kulicke: „Damals wa'k bei Spartakus! Heut
flagg ich wieda Schwarzweißrot. Die jeben einem de Fahne umsonst!"

Und nur etliche Männer, die damals ihre Pflicht erfüllten, konnten nicht
befragt werden: Sie waren entweder „abgekillt" oder durch Verleumdung auf
kaltem Wege erledigt.

Generaloberst von Beseler*): „Meinen
Truppen weit vorauöeilend, verließ ich
Warschau per Eilzug. Was gingen mich
meine Soldaten und die weiter östlich
stehenden Truppen an? Möglichste
Sicherung verlangt schon die Feld-
dienftordnung. Ich faßte die Sache
eben persönlich auf."

*) Damals Generalgouverneur
im okkupierten Polen.

Reichstagsabgeordneter Wulle: „Sie kennen
doch mein altes Fußleiden. Damals, als der Waf-
fenstillstand unzweifelhaft war, trat eine sichtliche
Besserung und ich für Schwarz-Rot-Gold ein!"

Oberst von Schwertmaul, damals Kommandeur des
Ersatz-Bataillons Nr. ■£:

„Mein Zivil lag bereit. Heute trage ich wieder Uni-
form, zum mindesten bei Denkmalsenthüllungen und Front-
kämpferfeften."

Rittergutsbesitzer von Polkwitz-Groß-Zauche: „Ich fang
das schöne Lied: Im Heldenkeller sitz' ich hier!"

Leutnant a. D. von Karlowitz: „Was wollen Sie von mir?.
Ich war damals ganz kleiner Leutnant. Geheimrat Nehring saß
ja noch nicht in der Landespfandbriefanstalt, um mir Geld zu
pumpen." (Herr von Karlowitz nahm eine Prise Kokö und versank
von neuem in Schlaf.)

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