Andere Umstände
Redner in einer öffent-
lichen Versammlung:
.... und eö ist falsch,
die wirtschaftlichen Ver-
hältniste dafür verant-
wortlich zu machen. Der
Rückgang der Geburten
rührt von andern Umstän-
den her."
Stimme aus dem Hin-
tergrund:
„Die Geburten aber
auck/
fchi.
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VII 9 359/25
12 3 -S6/2?
Ordnungsliebend
Mitten auf dem Geh-
steig wird einer ohnmäch-
tig. Die einen spötteln
spitzig, der Gefallene hat
einen Spiritusaffen, die
andern sagen wehlei-
dig, der Mann hat das
Wesen.
Ich will da nicht ent-
scheiden, verweise sachge-
mäß auf die nach und nach
zu einer wogenden Men-
schenschlange - Riesen-
schlange, noch größer —
angeschwollene, organi-
sierte Menschenneugierde.
Zur Erhöhung der sen-
sationellen Straßenver-
kehrsstörung greift nun
das gesetzliche Auge ein
mit rollenden Brillenglä-
sern und schafft autoritäre
Ordnung.
Das heißt, in einer
halben Stunde ist ein sol-
ches Durcheinander da,
daß es selbst der Polizei
zu dumm wird.
Mit Lebensgefahr ris-
kiert ein Mann den Men-
schenmauerdurchbruch und sagt zu einem pferdeerhöhten Auge
der Gesetzlichkeit: „Schau ns, Herr General, i bin a ordnungs-
liebender Mensch, i kanns nemmer mit oschaua . . . gebenS
mir zo was die Erlaubnis, und i garantier Ihnen, in fünf
Minuten ist der Haufen Menschen auSananderganga in Ga-
lopp . . ."
Das Auge des Gesetzes fragt amtlich: „Was wollnS denn
machen?"
Drauf sagt der ordnungsliebende Mann: „Dort, ans ander
Eck von der Straß will i hin lasen und grod naus „Feuer!"
schrein . . ." Pipin.
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-4
Blinder E i f
er
Beschluss.
Auf die Besehwerde des Sehriftletters Friedrioh Ken-
del in Berlin S.K.68 Ltndenstrasae 3,
vertreten duroh den Reehtsanwal t Otto Landsberg in Berlin,
wtrd der Besohluss des Amtsgerichts Liinen oo* 19• Oktober
1925 - 4 G 291/25 - dureh den das Heft Sr. 41 des zweiten
Bahrgangs der Zeitsohri ft ,Laehen links’’ besohl agnahnt ist
aufgehoben, weil ein Vergehen gegen die in den
Beschluss angegebenen Strafbestinnungen nioht als vorlie-
gend erachtet werden kann.
Dortmund, den 12. Rovember 1929.
Landgertoht. Strafkammer I.
gez: Claassen, von Tegelen, Regenahn.
Ausgefertigt.
'ortnund, den 18. Rovember 1925.
V 'jj Idnzleiangestell ter.
als üeriehtssahreiber.
r
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Verein zur
Bekämpfung usw.
Von Leuten verschiedener
Gesellschaftsstufen
Wurde ein Verein ins
Leben gerufen
Gegen das Tragen von
Parteiabzeichen,
Orden, Medaillen und
sonst dergleichen.
Als die Vereinsmitglieder
zusammentraten,
Wurde zuerst das Wich-
tigste beraten:
Es seien Vorschläge ein-
zureichen
Für ein geschmackvolles
VereinSabzeichen!
Erich Weinert
Liebeserklärung
Eduard liebt Kuni-
gunde.
Heiß. Abgöttisch. Aber-
M Y YYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYYY TX
Aber Eduard wagt es
nicht, Kunigunden diese
Liebe zu gestehen.
Kunigunde ahnt etwas
von den großen Ereig-
niffen, die noch keine
Schatten vorauswerfen
und lispelt in all ihren
Gesprächen viel von der
Schlechtigkeit der Welt,
von der Liebe, der Ehe
und vom Scheiden-Lasten.
Eduard schweigt.
Kunigunde geht zur
Offensive über.
„Was sagen Sie denn
dazu, Herr Eduard?"
„Ach, für mein Leben gern würd ich mich von Ihnen mal
scheiden lasten." — gg
Hoffnungsvoller Nachwuchs
Der kleine Fritz, dessen erwachsene Brüder „vaterländi-
schen" Geheimbünden angehören, hat zu Weihnachten auch
einen Pfefferkuchenmann bekommen.
„Fritzchen", fragt die Mutter am zweiten Feiertage, „wo
ist dein Pfefferkuchenmann?"
Fritzchen, mit beiden Backen kauend: „Mutti, ich habe ihn
u m g e l e g t !"
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>■
Karl Schnog / Männer
Nachdem sie in kritischen Wochen
halb flogen und halb krochen,
verließ sie endlich das Glück.
Da half kein Schreien und Flennen,
sie mußten Farbe bekennen
und traten endlich zurück.
Denn schließlich sind sie ja deutschnational,
die Ehrenmänner,
die Männer von Stahl!
Nachdem sie die Zölle erschlichen,
die ländlichen Steuern gestrichen,
war ja das Amt nur ein Dreck.
Was, Rücktritt? Da gab'S keine Bange,
die allerschärfften Belange
genügten als Mittel zum Zweck.
Denn schließlich sind sie ja deutschnational,
die Ehrenmänner,
die Männer von Stahl.
Nachdem sie das Ihrige rafften,
mögen die anderen haften
mit Kragen, Kopf und Rock.
Ist der „Schandvertrag" unterschrieben,
dann schwingen dieNeuhaus undSchlieben
sich wieder auf den Bock.
Denn schließlich sind sie ja deutschnational,
die Ehrenmänner,
die Männer von Stahl.
591
Redner in einer öffent-
lichen Versammlung:
.... und eö ist falsch,
die wirtschaftlichen Ver-
hältniste dafür verant-
wortlich zu machen. Der
Rückgang der Geburten
rührt von andern Umstän-
den her."
Stimme aus dem Hin-
tergrund:
„Die Geburten aber
auck/
fchi.
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VII 9 359/25
12 3 -S6/2?
Ordnungsliebend
Mitten auf dem Geh-
steig wird einer ohnmäch-
tig. Die einen spötteln
spitzig, der Gefallene hat
einen Spiritusaffen, die
andern sagen wehlei-
dig, der Mann hat das
Wesen.
Ich will da nicht ent-
scheiden, verweise sachge-
mäß auf die nach und nach
zu einer wogenden Men-
schenschlange - Riesen-
schlange, noch größer —
angeschwollene, organi-
sierte Menschenneugierde.
Zur Erhöhung der sen-
sationellen Straßenver-
kehrsstörung greift nun
das gesetzliche Auge ein
mit rollenden Brillenglä-
sern und schafft autoritäre
Ordnung.
Das heißt, in einer
halben Stunde ist ein sol-
ches Durcheinander da,
daß es selbst der Polizei
zu dumm wird.
Mit Lebensgefahr ris-
kiert ein Mann den Men-
schenmauerdurchbruch und sagt zu einem pferdeerhöhten Auge
der Gesetzlichkeit: „Schau ns, Herr General, i bin a ordnungs-
liebender Mensch, i kanns nemmer mit oschaua . . . gebenS
mir zo was die Erlaubnis, und i garantier Ihnen, in fünf
Minuten ist der Haufen Menschen auSananderganga in Ga-
lopp . . ."
Das Auge des Gesetzes fragt amtlich: „Was wollnS denn
machen?"
Drauf sagt der ordnungsliebende Mann: „Dort, ans ander
Eck von der Straß will i hin lasen und grod naus „Feuer!"
schrein . . ." Pipin.
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wtrd der Besohluss des Amtsgerichts Liinen oo* 19• Oktober
1925 - 4 G 291/25 - dureh den das Heft Sr. 41 des zweiten
Bahrgangs der Zeitsohri ft ,Laehen links’’ besohl agnahnt ist
aufgehoben, weil ein Vergehen gegen die in den
Beschluss angegebenen Strafbestinnungen nioht als vorlie-
gend erachtet werden kann.
Dortmund, den 12. Rovember 1929.
Landgertoht. Strafkammer I.
gez: Claassen, von Tegelen, Regenahn.
Ausgefertigt.
'ortnund, den 18. Rovember 1925.
V 'jj Idnzleiangestell ter.
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Gegen das Tragen von
Parteiabzeichen,
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sonst dergleichen.
Als die Vereinsmitglieder
zusammentraten,
Wurde zuerst das Wich-
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Es seien Vorschläge ein-
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VereinSabzeichen!
Erich Weinert
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Kunigunde ahnt etwas
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Schlechtigkeit der Welt,
von der Liebe, der Ehe
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Eduard schweigt.
Kunigunde geht zur
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„Was sagen Sie denn
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„Ach, für mein Leben gern würd ich mich von Ihnen mal
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Hoffnungsvoller Nachwuchs
Der kleine Fritz, dessen erwachsene Brüder „vaterländi-
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einen Pfefferkuchenmann bekommen.
„Fritzchen", fragt die Mutter am zweiten Feiertage, „wo
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Fritzchen, mit beiden Backen kauend: „Mutti, ich habe ihn
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Nachdem sie in kritischen Wochen
halb flogen und halb krochen,
verließ sie endlich das Glück.
Da half kein Schreien und Flennen,
sie mußten Farbe bekennen
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Denn schließlich sind sie ja deutschnational,
die Ehrenmänner,
die Männer von Stahl!
Nachdem sie die Zölle erschlichen,
die ländlichen Steuern gestrichen,
war ja das Amt nur ein Dreck.
Was, Rücktritt? Da gab'S keine Bange,
die allerschärfften Belange
genügten als Mittel zum Zweck.
Denn schließlich sind sie ja deutschnational,
die Ehrenmänner,
die Männer von Stahl.
Nachdem sie das Ihrige rafften,
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mit Kragen, Kopf und Rock.
Ist der „Schandvertrag" unterschrieben,
dann schwingen dieNeuhaus undSchlieben
sich wieder auf den Bock.
Denn schließlich sind sie ja deutschnational,
die Ehrenmänner,
die Männer von Stahl.
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