Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0503
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Aktennotiz

Aus bm Tagebuch eines SozialmimsterS.

8. Aiigust. Ein Prachtmensch, dieser Syn-
dikus der Arbeitgeberverbände! Das Ent-
gegenkommen selbstl Heute war er bei
meinem Ministerialdirektor, und im Hand-
umdrehen war man sich einig. Erhöhung der
Bauarbeiterlöhne? Selbstverständlich Un-
sinn! Und wo gestreikt wird, haben die Faul-
pelze - vorbehaltlich der Durchführung des
Schiedsverfahrens natürlich — die Arbeit
zu den bisherigen Bedingungen wieder auf-
zunehmen. Arm in Arm werden wir das
Ziel erreichen. Die Schweinerei muß eine
andere werden, sagte der Syndikus, und er
hat recht.

Eigentlich eine unverschämte Einmischung
in ein schwebendes Schlichtungsverfahren,
aber die Herren sind eben stark an dem Gang
der Dinge interessiert. Da darf man so
etwas nicht übelnehmen!

y. August. Mein Ministerialdirektor hat
die Schlichter dementsprechend instruiert.
Die Sache wird klappen! Meine sozialisti-
schen Amtsvorgänger haben auf die Gewerk-
schaften Rücksicht genommen, ich richte mich
nach den Wünschen der Arbeitgeber. Ein
gerechter Ausgleich muß fein. Freilich ganz
entrenanu, die Gewerkschaften dürfen nichts
merken. Das wäre sonst «ine verfluchte
Kiste!

II. August. Ich soll eine Broschüre
schreiben, wünscht unser Freund, der Herr
Syndikus. Wird gemacht! Vor drei Jahren
gab ich den Arbeitnehmern recht, diesmal
werde ich ihnen zeigen, daß sich der Wind ge-
dreht hat.

16. August. Heute besuchten mich etliche
Gewerkschaftsvertreter. Ich habe sie liebens-
würdig behandelt und ihnen versichert, daß
ich für ihre Wünsche nach wie vor das größte
Verständnis hätte. Die Leutchen dürfen
nichts merken. Na, der gute Onkel Syn-
dikus hat ja versprochen, nichts zu verraten.
Vor allem nichts Schriftliches! Er soll zu
weilen an SchreiberitiS leiden.

20. August. Jetzt Hab ich wahrhaftig seit
einem Jahre verschwitzt, das Abkommen von
Washington ratifizieren zu lassen. Na,
nächstes Jahr ist ja auch noch Zeit.

24. August. Meine Broschüre schreitet
munter vorwärts. Der liebe Syndikus wird
zufrieden sein!

26. August. Wie sagte mein Ministerial-
direktor so schön? „Es ist ausgeschlossen, der

Aufwertung

Zeichnung von K. Stoye

—----NTStoye

„A angestammtes bayerisches Kinnihauö und
größere Maßkrüag müß'n ma ha'm und ka
solchen? lumpige Republik, die wo uns nöt
a'mal uns're Räusch aufwerten will, die wo
mir damals g'habt Han!"

Premierenklatf ch

Zeichnung von H, Kossah

„Mit dem Theater geht cö auch inimer mehr
bergab. Jetzt fangen auch die unanständigen
Stücke an langweilig zu werden."

Tendenz des Lohnabbaus durch das Mittel
des staatlichen Tarifzwanges entgegenzu-
wirken." Eine treffliche Formulierung.

31. August. Die Gewerkschaften wünschen
eine baldige Verabschiedung des neuen Ar-
beitSzeitgesetzeS. Die werden sich wundern!

3. September. Unser Freund hat über
die große Unterredung nur eine Aktennotiz
gemacht. Ein genialer, reizender Mensch.
Ich verehre ihn täglich mehr!

20. September. Die Gewerkschaften sollen
Lunte gerochen haben? Ausgeschlossen.

26. September. Die Bombe ist geplatzt.
Heiliger Vater! Die Gewerkschaftszeitung
veröffentlicht einen vier Spalten langen Be-
richt über die Besprechung vom 8. August,
den dieser Syndikus an die Arbeitgeber ge-
richtet hat. Und das nennt der Mensch eine
Aktennotiz.

28. September. Eine indiskrete Bande,
diese Arbeitnehmer! Jetzt greifen auch die
sozialistischen Tageszeitungen die Sache auf.
Kein feines Benehmen!

1. Oktober. Ein abscheulicher Mensch, der
Syndikus. Es ist alles verkehrt, was er ge-
schrieben hat!

2. Oktober. Ich soll restlos auf Seiten
der Arbeitgeber stehen! Ale wenn ich nicht
auch den Gewerkschaftsvertretern Liebens-
würdigkeiten gesagt hätte. Auch mit Lohn-
erhöhungen bin ich einverstanden, aber die
Arbeitgeber wollen ja nicht.

3. Oktober. Das soll damals ein Eingriff
in -ein schwebendes Schlichtungsverfahren ge-
wesen sein? Es hat sich doch bloß um In-
formationen gehandelt! Komische Auffassung.

5. Oktober. Jetzt schimpfen die Kerls, daß
ich «ine Broschüre schreibe. Ich bin völlig
unabhängig und schreibe, was ich will, aber
ich muß mich doch vorher nach meiner Mei-
nung erkundigen.

7. Oktober. Verzögerung des ArbeitSzeit-
gefetzes? Lächerlich. Aber gut Ding will
doch Weile haben.

8. Oktober. Wir wollen den Vertrag von
Washington nicht ratifizieren? Na warum
denn nicht? Eö fragt sich nur wann!

9. Oktober. Es wird weiter dementiert.

10. Oktober. Was geht denn mich die
Sache an? Der Skribifax von einem Syn-
dikus hat doch mit meinem Mlnisterialrat
gesprochen.

IchkümmeremichumgarnichtS

mehr!

Der Aufgeklärte

Exzellenz fahren mit dem O-Zug durch
die Lande.

Exzellenz sind gut gelaunt und schauen
zum Fenster hinaus.

Folgendes Frage- und Antwortspiel ent-
spinnt sich mit dem Diener:

„Friedrich!"

„Exzellenz befehlen?"

„Was sind'n das?"

„Vögel, Exzellenz!"

„Was für Vögel?"

„Störche!"

Exzellenz beginnen furchtbar zu lachen:

„Störche! Störche!! Störche gibt'ö ja
gar nicht!"

Der tzut

Die Sache ist nur zum Teil bekannt. —
Edward, Prince of Wales, steht inkognito
in einem der ersten Londoner Hutgeschäfte
und läßt sich Hüte vorlegen. Während mm
der Verkäufer einmal für einen Augenblick
den Prinzen allein läßt, betritt ein Herr
den Laden, legt einen ziemlich verbeulten
alten Hut auf den Tisch und sagt zum Prin-
zen, den er irrtümlich für den Verkäufer
halt:

„Haben Sie so einen Hut?"

Der Prinz of Wales besieht sich den Hut
und antwortet ruhig:

„Nein, Sir, und wenn ich ihn hätte,
würde ich ihn nicht aufsetzcn." -

Schön. Der Mann mit dem verbeulten
Hut war nun eine Londoner medizinische
Größe. Und eine Zeit darauf, als sich der
Prinz in einer durchjubelten Nacht eine
Verletzung zugezogen hatte, ließ er einen
Spezialarzt kommen. Es war der Mann
mit dem verbeulten Hut. Man erkannte sich.

„Na, mein lieber 38.", sagte der Prinz
nachher, „was macht Ihr schöner Hut?"

„Ich danke, Königliche Hoheit, er hat
bereits einen großen Liebhaberwert."

„Soo?"

„Ja, er darf sich rühmen, das einzige
Ding zu sein, das einmal die Skrupel eines
Prinzen von Wales erregte."

Der Prinz war ein Engländer und lachte.

I-s.

Einleuchtend

„Herr Kandidat, welche Zähne bekommt
der Mensch zuletzt?"

„Die falschen, Herr Professor!"

Möbl. Zimmer zu vermieten!

Zeichnung von E. Morgan

„Ihr Zimmer erinnert mich an das Leben!"
„Wieso an das Leben?"

„Eö ist so häßlich eingerichtet!"

499
 
Annotationen