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Hol sich Ldlärr Ungor Nöte
Wegen fehlendes Monnöle,
Setzt sich Ungor an Roulette,
Gcht mit schennes Maid zu Bette,
Kommt sich gänzlich aus die Puszte
Hot - teremtemtem - Verluste
Hat - kommt Ungor auf Gedorrten:

Fälscht sich ädlärr Ungor Fronken.

E l j e n

Tut sich jo für naies Keenig.

Hilft ihm Polizai nicht wenig.

Schitzt sich FLlfchärr, fchitzt sich Raffe.

Füllt sich - hät - die lärre Kaffe.

Zohlt sich - eljen - naies Mädchen,

Gcht sich wieder froh zu Bettchen.

Wocht sich laidärr auf in Zellchen . .
Eljen - Horchy-Ungorn - eljen!

Mich, von Lindenhecken.

Zeichnung von Alol« Alorath

'" ' &:i

Der

Herr Geheimrat

Der .Herr Geheinirat
ist eine Sonderausgabe des
göttlichen Schöpferwerkes
an die Adresse des deutschen
Volkes. Anderswo kennt
man ihn nicht; und wo man
chn "kannte, hat man ihn auSgerottet. Bei
uns aber führt er fein mildes Dasein unbe-
helligt fort, denn wir sind ein sanftes Volk
und unser goldenes Herze währet ewiglich.

Der Herr Geheimrat besteht aus einem
Knopflochbändchen mit vielen Paragraphen
drum herum. Das Bändchen ist von ehe-
dem, die Paragraphen sind es auch, und so
kommt eS, daß der Herr Geheimrat stets
wie eine vor- und überzeitliche Erscheinung
anmutet, wie ein kategorischer Imperativ
im Gehrock etwa. Er hat überhaupt so
etwas Philosophisches an sich. Man muß
immer an metaphysische Axiome denken, mit
Fußnoten in SchweinSleder, wenn man ihn
sieht.

Er ist auch nur teilweise von dieser Welt,
der Herr Geheimrat. Er findet sich im
Irdischen hier nie so ganz zurecht, weShalh
man ihn in Deutschland mit der StaatS-
lenkung beschäftigt, die ja nach Plato und
Hegel eine theologische Angelegenheit ist.
Kommt der Herr Geheimrat den diessei-
tigen Realitäten zu nahe, so gibt eö denn
auch ein Malheur. Mit Pfandbriefen,
Wechseln und Schecks vermag er nicht recht
umzugehen, wie ihm die Nationalökonomie
überhaupt gründlich verhaßt ist.

„Zehn Jahre ftehste schon unter GeschäftSaufsicht, aber zu 'ner
fetten Pleite langt's bei dir nie!"

Womit er allein umgehen kann, das sind
bessere Gesellschaft und alte Familie. Das
sind die Würzelchen, die ihn zart an das
erdgebundene Leben heften, die Mutterlauge
sozusagen, aus der er seine Kräfte zur Be-
wältigung der irdischen Widrigkeiten saugt.

Seine Beschäftigung besteht in regel-
mäßiger Innehaltung der Dienststunden im
Rahmen der Amtsvorschrift. Er obliegt ihr
mit sanfter Ergebenheit, in der entsagenden
Haltung des Menschen, der sich für Höheres
geboren weiß. Mit leiser Stimme, die aus
besseren Regionen zu tönen scheint, diktiert
er Hausordnungen, Memoranda, Gutachten
und Denkschriften. Mit ihnen bewegt er
erfolgreich das Getriebe des StaatSwefenS,
zumeist nach rückwärts. Auf diese Art er-
schafft er Schulgesetze, Wahlordnungen,
Manöverpläne und Gehaltszulagen für Ge-
Heimräte. Und das Geräusch schlurfender
Ministerialdiener und federkauender Amts-
gehilfen macht eine zärtliche Musik dazu.

Abends sitzt dann der Herr Geheimrat
im Kreise rötlicher Plüschmöbel daheim
und erfährt aus der Kreuzzeitung den Gang
der Weltgeschichte. Er ist sehr erstaunt zu
bemerken, daß etwas passiert, wo er sich doch
alle Mühe gegeben hat, das zu verhindern.

Faszikelbände,
machen ist,

Es bleibt ihm ewig fremd,
daß außer ihm noch etwas
da ist, was ohne Verfügun-
gen und Erlasse Wellen im
Teich der Historie schlägt.
Das paßt chm nicht, und
deshalb geizt er nicht mit
abfälligen Äußerungen über
die Dinge jenseits der
Wozu denn das? Was zu
das besorgt er doch schon.
Irgendwo muß ein Fehler in der Welt-
ordnung fein. Darüber grübelt er unent-
wegt, und daß er eS nicht herausbekommt,
verleiht feinem feinen Ponem jenen leiden-
den Zug, den jedermann kennt.

Er ist eben eine tragische Figur, der
Herr Geheimrat. Anstatt des „Veland"
hätte Gerhard Hauptmann besser den „Ge-
heimrat" geschrieben. Aber der dichterische
Genius ist nun mal bei uns mehr für das
Gewaltsame. Der Herr Geheimrat ist kein
Sujet für ihn. Er ist nur eines für die
deutsche Volksseele, die ihn mit liebender
Glorie und ehrfürchtigem Gefühl umkocht.
Leider ist die Suppe unbekömmlich, die da-
bei herausbrodelt. Aber die meisten sehen
darüber hinweg, weil sie selbst gern mal
Geheimrat werden wollen.

Und wer ist unter uns, der nicht die An-
lage dazu hat? Immerdar werden wir am
Geheimrat leiden, weil wir eben anders als
die anderen Völker sind.

Gott gebe uns die Erlösung vom Herrn
Geheimrat und ewige Glorie.

W ö l f ch e n

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