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Kinderlied

Ringel, Ringel, Reihen,

Tanz' mit mir im Freien.

Vater, der ist arbeitslos,

Mutter trägt ein Kind im Schoß.
Auf den Strich muß Schwesterlein
Für die Herr'n, so lieb und fein.
Eins, zwei, drei, vier,

Komm, geh mit mir!

Ringel, Ringel, Rabe,

Bin ein Reitersknabe.

Ei, wer pocht dort an der Tür?

Ist der Herr Gerichtsvollzteh'r.'

Hat sich drei Mal umgesehn,

Sieht mein Schaukelpferdchen stehn.
Eins, zwei, drei, vier.

Komm, geh mit mir.

Der Mann, der keine Ohrfeige bekam

Ich bin meines Zeichens königlich preußischer Major a. D. Wir
sind beinahe Uradel.

Kam unser verblichener Herr Vater lauf Politik zu sprechen, pflegte
er klar und eindeutig feftzuftellen: „Es gibt in Deutschland zwei
Parteien, Konservative und Schweinehunde!" Ich ftehe auf dem
rechten Flügel der Völkischen. Die deutschnationale Volkspartei
ist hochgradig demokratisch verseucht, und ich laste mich nicht
verseuchen.

Im Deutschen Klub — mir liegt die Erfindung absolut
nicht, und keine zehn Pferde brächten mich in den Sauftall,
wenn man sich in diesen lausigen Zeiten auf andere Weise
durchsetzen könnte! — spielen seit dem Novemberver-
brechen allerhand liberale Elemente die erste Violine.
Der Präsident ist ein übler Sozi. Ein skandalöser
Zustand! Im alten „Preußenklub" war sowas schon
durch die verständigen Ballotagobeftimmungen aus-
geschlossen.

In einer der letzten Sitzungen nehme ich also
das Wort und sage im ruhigsten, anständigsten,
liebenswürdigsten Ton zum Vorsitzenden des
geschäftsführenden Ausschusses: „Sie sind
— fasten Sie das aber nicht als Beleidi-
gung auf! — völlig charakterlos und Hen-
kersknecht am eigenen Volke."

Da springt, was soll ich Ihnen sagen,
dieser stiernackige, untersetzte Kerl, ein
ganz gewöhnlicher bürgerlicher Dok-
tor Soundso übrigens, auf, stürzt,

kung nicht
als Beleidi-
digung aufzu-
fassen? Eine un-
glaubliche Rüpel-
haftigkeit!

Gottlob mischte
sich der Referent für
die Innenpolitik, sonst
ein übler Demokrat, da-
zwischen und hielt den
Wütenden zurück. Fauchend
und augenrollend setzte er
sich. So sind die Leute! Wegen
einer doch wirklich vorsichtig
und milde gefaßten Redewen-
dung die gekränkte Leberwurft
spielen! Lächerlich! Echt liberal!

Und was macht der Präsident?

Anstatt das ungualifizierbare Betra-
gen des Raufboldes energisch zu rügen
und mich vor körperlichen Angriffen zu
schützen, weift er mich, den königlich preu-
ßischen Major a. D., zum Dank für mein
taktvolles, vornehmes Verhalten aus dem
Saale. Eine Hahnebüchene Geschichte!

Wir ftaatSerhaltenden Elemente sind der
WillkürderNovemberlinge wehrlos preisgegeben!

Darf man sich wundern, wenn wir zur Selbst.
Hilfe greifen und auf Fememorde verfallen?

Feinde ringsum!

?. 8. Zu meiner Freude lese ich in der Zeitung,
daß in einem Thüringer Klub zwei meiner Gesinnungs-
freunde einige rotverseuchte Schweinehunde mit Ohrfeigen
und Fauftschlägen traktiert haben.

Gottlob, es geht wieder aufwärts! H. D.

Ringet, Ringel, Rosen,

Hab' zerrijs'ne Hosen.

Daß ich nicht am Beinchen frier',
Holt der Bruder neue mir.

Steht der böse Polizist,

Fragt, wo das genommen ist.
Eins, zwei, drei, vier,

Komm, geh mit mir!

puterrot im Gesicht, auf mich zu,
brüllt mich in einem Sauherden-
ton, wie man sich etwa mit
Musketieren unterhält, an:
„Ich verbitte mir solche Be-
leidigungen ganz energisch!"
und will mir eine her-
unterhauen. Hat denn
der Mensch auf seinen
Ohren gesessen? Oder
versteht er kein
Deutsch? Hatte ich
ihn nicht ausdrück-
lich ersucht,
meine harm-
lose Berner-

Ringel, Ringel, Ranzen. -
Kann gar nicht mehr tanzen.
Setz mich auf die grüne Bank,
Ach, ich bin so müd' und krank.
Schenk mir doch ein Butterbrot!
Ist das nicht der liebe Tod?
Eins, zwei, drei, vier,

Komm, geh mit mir!

Stachus

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