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Erich Weinerf: Die Moral von der Moral

Ja, das wird ja immer lust’ger!

Jeden Tag was Neues dal
Unsre besseren Staatsflibustier
Machen scharf in Panama,

Allenthalben wird geschoben.

Und die Korruptionsmikroben,

Stark mit Aktenstaub durchsetzt,

Wirbeln auf im Frühlingshauche,

Wo man hinsieht, riecht es jetzt
Penetrant nach Jauche.

Hier macht einer ehrenpöstlich
Unterstützungskassen klein:

Dienst am Vaterland! Was restlich,
steckt der Edle selber ein. —

Dort im guten preuß’schen Osten
Schieben Herrn auf hohem Posten
Große Posten Material,

Dulden keine Untersuchung,

Und der Mangel an Moral
Führt zur falschen Buchung.

Eine muntre Perspektive!

Was man tut, tut man grandios.
Dort gibt man Gerichtsarchive
Gratis an Privatbüros.

Akten, Akten, ihr dürft wandern
Von dem einen Knoll zum andern.
Die Moral von der Moral:

Man stellt diese Vaterländ’schen
Noch einmal vors Tribunal.

Gott, die armen Menschen!

„So, eine Liebeserklärung
fyat dir der junge Schau-
spieler gemacht? Aber
der kann doch nicht
Heiraten bei seiner
geringen Gage."
„Stimmt, sei-
ne Liebeserklä-
rung Hat nur <
künstlerischen
Wert!"

Die
Hand
wird dir
aus dem
Grabe
wachsen",
donnerte der
Pfarrer, „das
Instrument, mit
dem du das sün-
dige Volksbegehren
unterschrieben hast!

So werden die Sün-
den noch nach dem Tode
gerächt!" - Der Bauer
stockte, überlegte und sagte
dann zweifelnd: „Ich glaube
das nicht, Herr Pfarrer.
Denn wenn das wirklich so
wäre, zum Beispiel, meine
ich, dann müßte ja mancher
Kirchhof auösehen wie ein
Spargelbeel!" M. 3. M.

Wo ist die Moral geblieben?

Wer hat unser Volk versaut?

Wer zwang diese Herrn, zu schieben?
Wer hat die Moral geklaut? —

Und die Antwort grollt präzise
Aus den Bardenbärten: Diese
Republik hat die Moral
Selbst bei denen untergraben.

Die mit ihr auch radikal
Nichts zu schaffen haben!

Zeichnung von Erwin v. Kreidig


„Sie sind also für Psychoanalyse, Herr Doktor?"
„Gewiß, aber die operative Gesichtsverschönerung ist
auch nicht zu verachten!"

Herr Ludendorf bat sich an
völkischen kaufmännischen
Unternehmungen betei-
ligt und in Ungarn
Ausfuhrerlaubniöfür
Schlachtvieh nach,
gesucht. Warum
auch nicht? Mit
Schlachtvieh
verftehterwirk-
lich umzu-
gehen.

Kürz-
lich war
ich in einer
Versamm-
lung des
„Verbandes
nationaldcut-
scher Juden."

Also: ein Hit-
lerbund ist ein
Anarchistenklub
dagegen. Eine ku-
riose, völkische An-
gelegenheit unter Füh-
rung des Hugenberg-
Generals Dr.Breslauer.
Donnerwetter, der Mann
hätte etwas werden können!
Schade, daß ihm so früh-
zeitig schon die militärische
Karriere abgeschnitten wur-
de, ohne daß er damals da-
gegen protestieren konnte!

M. 3.M.

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