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Pariser Erlebnis

Wie halt so der Chauvinismus
zu geistigen und anderen Hinter-
gründen kommt! — Da erschien in
Paris ein junger Deutscher, dem
der Ruf eines Geizkragens erster
Güte voranflog. Wir belehrten ihn
in der Brasserie Mouche sofort,
daß infolge der Inflation Sadh-

Waruin?

Mir sind in deutschen Landen
Viel rechte Menschen hold.

Mich zieht'- mit Freundesbanden
Zum Eifelginstergold.

Auch weiß ich Gutgesellen
Zu Sachsen und am Rhein.
Mich grüßt an Donauwellen
Der herzlichste Verein.

Auf Frankreichs grünen Auen
Nannt' man mich Bruder gleich,
Ich darf auf Treue bauen
Im schönen Österreich.

Wo immer Menschen wohnen,
Wie groß die Welt, wie weit:

, Fast alle tragen Kronen
Gar tiefer Menschlichkeit.

Nur ein paar dumme Lackel
In West, Ost, Nord und Süd,
Sie werfen wild die Fackel
In allen Völkerfried'.

Es sollt' mich nicht genieren
Der blöden Hetzer Schrei'n,
Doch daß g'rad die regieren,
Warum nur muß das sein?

Stachus.

der rasch bestochenen Wartefrau
den Betrag ordnungsmäßig ausbe-
zahlt.

Als wir in der nächsten Kneipe
die Geschichte halb vergessen
hatten und uns unser Freund un-
bemerkt verließ, entstand in der
„Für Herren“-Gegend ein ziem-
licher Krach. Er endete damit,
daß ein kerndeutscher Mann, der
die W. C.-Dame durch germani-
sche Grobheit vergeblich zur Ein-
haltung ihrer Zahlungspflicht
zwingen wollte, an unserem

Variete Berlin NO

geichnung von Willibald Krain

,/Mutta jeht uffrt Strich -
Oroßmutta kann nick mehr -
Ick aber, ick derf noch nich -
Ach, is det Lehen schwer \"

werte hoch im Kurse stünden. Die
Sache sei so weit gediehen, daß
ein Besuch des W. C. der Gast-
wirtschaften nicht nur gebühren-
frei sei, sondern mit 50 Centimes,
gleich etwa 7 Pfennigen, honoriert
würde. Gierig leuchteten die

Augen unseres Landsmannes.

Nach wenigen Augenblicken war
er verschwunden und erhielt von

Iieh' nicht an den Rhein

Weil's nicht im Baltikum gelang
und nicht an Polens Grenzen,
zieh'n kriegerisch den Rhein entlang
Consul-Intelligenzen.

Von Ehrenbreitstein bis Neuwied
besetzen jede Höhe
mit Hitlerhut und Ehrhardtlied
fröhliche Weinbergsflöhe.

Der Gruppenführer grinst vergnügt:
Ringsum das Marschgelände!

Der Bauer, der den Acker pflügt,
spuckt kräftig in die Hände.

Nehmt euch vor diesem Kerl in acht,
Erwachend« Germanen!

Der überlegt sich's über Nacht.
Dann: wehe euren Fahnen!

Greift der in eure Spiele ein,
dann seid nur auf dem Posten.

Denn diese echte Wacht am Rhein
kann euch die Knochen kosten!!

Karl Schnog.

Tische vorüber auf die Straße
flog, just an der Stelle, wo schon
einmal ein gewisser Desmoulins
gegen die Verletzung heiliger
Volksrechte auf trat. Unser Stam-
mesbruder hatte von der Unre-
ellität der französischen Nation
die Nase voll und fuhr mit dem
nächsten Zuge in die Heimat, wo
er sich durch eine Serie Reise-
briefe „Im Lande des Erbfeindes“
die geachtete Position eines Chef-
redakteurs völkischer Wochen-
schriften erwarb. Stachus.

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