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Erich Welnert: Der Stich ins Wespennest

Breithintrig sitzen sie auf Professuren,

Die herz- und hirnvermotteten Lemuren,
Und pred’gen ihr verstaubtes Ideal.

Es sind dieselben noch wie dazumal,
Dieselben, die sich einst vor Ludendorffen
Auf den erschauernden Lakaienbauch,

Und vor der Feindesbrut, sowohl als auch,
Sich männlich in die Hühnerbrust geworfen.
Das sind die Herren, die hintenrum
An der Verfassung bohren,

Der sie (wir wissen auch, warum!)
Bewußten Treueid schworen,
Alldeutsche Professoren.

Die einst, beim Weltenineinanderstürzen,

Mit ihren geistigen Kanonenfürzen
Im Hinterland, wo keine Flinte kracht,

In Stimmung und Begeisterung gemacht.

Die dann acht Jahre lang in kauderwelschen
Sophismen ihre Weisheit ausgeschleimt,

Und heut’, wo friedliche Verständ’gung keimt,
Geflissentlich den Geist der Zeiten fälschen.
Heut kokettiert das Geistgewürm
Mit jedem Diktatoren.

Es fuchteln mit dem Regenschirm
Wie mit Kanonenrohren
Alldeutsche Professoren.

Inmitten der politischen Arena
Kräht heute das Kollegium von Jena;

Denn kürzlich kam ein kleiner Putsch von links
Der Polizeiorgane Severings.

In eines Herrn Professors Schreibtischfächern
Hat man nach Umsturzplänen hausgesucht.

Da hat ganz Jena schauerlich geflucht
Den ministeriellen Schwerverbrechern.

Es muffte ein Gestank, als wenn
Kathederhirne schmoren.

Wer sind die geist’gen Gentlemen,

Die da so rumrumoren? —

Alldeutsche Professoren!

„Junger
Freund",
sagte der Herr
Pfarrer zu sei-
nem Kaplan, „Sie
haben nichts dagegen,
wenn wir die neue
Nähmaschine aus Ihrem
Schlafzimmer in mein
Studierzimmer stellen? . . .

Ihr Schlafzimmer ist über
meinem Schlafzimmer und das
Surren der Maschine stört meine
Nachtruhe." Demgemäß mußte der
alte Friedl die Sache umstellen. Der
alte Pfarrer reibt sich die Hände.
Er schläft beruhigt. Eine Woche
später wendet sich der junge Kaplan
an seinen älteren Kollegen und
trägt ihm vor: „Verehrter väter-
licher Freund, jetzt ist die Sache so,
daß mich die neue Nähmaschine
stört . . . Ihr Studierzimmer ist
über meinem Studierzimmer . . .
und das Gesurre der Nähmaschine
stört mich bei der geistigen Fort-
bildung. . ." Da kriegt der Pfarrer
einen roten Kopf und sagt un-
wirsch: „Wisien’s was? . . . Jetzt
muß die neue Nähmaschine über-
haupt raus aus dem Pfarrhaus."

„Wozu besteht die Feuerwehr?“

„ Um sich gegen das Feuer zu wehren!“
„Und wozu besteht die Reichswehr?“

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Völkische

Zeichnung von Hans Wiike

„Was hat das Aaö gemeckert? Mörder-
partei? Wenn er das nochmal sagt,
schlagen wir ihm den Schädel ein!"

Der alte
Friedl ist
verschwiegen
wie das Grab.

Damit aber ja
kein Mensch im
Pfarrsprengel'waö von
der Sache mit der Näh-
maschine hört, sagt es der
alte Friedl streng vertrau-
lich im Vertrauen seiner
Jugendfreundin, der alten Urschl.
Und die Urschl möcht gern ein Ge-
schäftchen bei der Sache machen. —
Fragt also ihre Busenfreundin,
das ist die abgediente, alte Maig
vom Pfarrhaus: „Du, Maig, im
Pfarrhaus ist doch a Nähmaschine
zu kaufen?" — Antwortet die
Maig: „Die Nähmaschine stört
iatzt nimmi ... der alte Friedl
hat die Maschine nauf auf'n Dach-
boden schleppen müssen...." Neu-
gierig fragt die andere: „Na, und
Enga nettes, junges PfarrhauS-
fräul’n?" — Voll Mitleid sagt die
Maig: „Du lieba Gott . . . daS
arme, liebe Ding ... auf und
davon iS . . . zwechen der vermale-
deiten, vafluchten Nähmaschine."

Pipin.

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