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Dem Kandidaten
wird

bei der Prüfung
in Verwaltungökunde
folgende Frage
vorgelegt:
„Angenommen,

Sie sind Landrat.

In Ihrem Kreise ist
Großfeuer ausgebrochen.

Berufs-
und freiwillige Wehren,
Militär, — alles
ist zur Hilfeleistung
an Ort und Stelle.
Was werden Sie
als Ihre wichtigste
Aufgabe betrachten?" —
Wie aus der Pistole
gefchoffen kommt die Antwort:
„. .. zu versuchen,
den Streit über den
Oberbefehl zu schlichten ..."

Er hat's erfaßt!

Dem in Berlin erscheinenden Rechtsorgan
„Deutsche Illustrierte" (Nr. 23) entnehmen wir
folgenden Beitrag:

Und willst du nicht in Jesu sein — So schlag'
ich dir den Schädel ein!

Ich

expediere am Bahnpostamt
in München
einen Eilbotenbrief
an das

„Lachen links".

Der freundliche Beamte
übernimmt
die Prüfung des
Briefgewichts

und meint mit einem Blick
auf die Adresse:

„O mei. . . bal's
bei dera Link'n
no was z' lacha gibt,
nacha bin i aa dabei. . . .
Mit dera Recht'»
iS jetzt scho a traurig's
Gelump . .

Das Orcrtrsl von Dslptzi

Nun ich einmal geboren bin, fühle ich mich moralisch dazu
verpflichtet, meine Zeit möglichst blödsinnig abzuleben. Besser
wäre ich unterblieben. Es ist -bei weitem nicht jedem, der ge-
boren wird, um das Leben zu tun. Aber bis man das seinen
Eltern klarmachen kann, ist es regelmäßig schon zu spät. Das
Fett schöpfen die Zeitungen ab, indem ihre Leserschar sich aus
den Neugeborenen rekrutiert. Seit Jahren lese ich tagtäglich
meine Zeitung. Dabei rechne ich mich noch zu den halbwegs
Vernünftigen. Mein Wissensdurst ist groß und ich suche ihn
eben überall zu befriedigen. Infolge mangelhafter Bildung
gibt es viele Dinge, von welchen ich in der Zeitung lese, ohne
zu wissen, von was ich lese. Als alter treuer langjähriger
Abonnent appelliere ich an den Briefkasten meines Intelligenz-
blattes. Aber auf Fragen, die das Konversationslexikon nicht
beantwortet, kann mir auch meine Zeitung kein« Auskunft
geben. Was tun? Da ritt mich der Teufel. Ich faßte den
drolligen Plan, das Orakel in Delphi aufzusuchen, das, wie ich
mich aus meiner Schulzeit schwach erinnere, in Delphi in
Griechenland zu Hause ist.

Ich umgürtete meine Lenden mit einem Reiselinnen, beson-
ders da, weshalb ich nicht so hoch singen kann wie die Kastraten,
setzte mir eine nachgiebige Mütze ins Genick, klemmte Gesang-
buch und einen Wanderftab mit auswechselbarer Bleistiftspitze
unter den Arm und steckte, was ich an Scheinen besaß: Ge-
burtsschein, Impfschein, Maturitätszeugnis, einen Strafzettel
(wegen was, geht Sie nichts an), ein Notizbuch und einen sorg-
fältig geplätteten Geldschein in meine Brufttasche, um mir ein
männliches Aussehen zu verleihen. Dann klebte ich eine Brief-
marke auf mein Hühnerauge und ließ mich stracks in das Land
mit der hellen Seele befördern. Die Reisebeschreibung erspare
ich Ihnen, denn ich bin ein netter Mensch. Ich entließ meinen
diensteifrigen Eisenbahnzug und setzte mich in Marsch.

In der Nähe von Theben war es, in vorgerückter Nachtzeit.
Hohe Zitronenpressen flankierten die Straße, auf der sich außer
mir niemand befand. Der Wind flüsterte griechisch in den
Zweigen. Auf meiner Brust knisterten ängstlich die Scheine.
Die Räuber der griechischen Sagengeschichte heben den Deckel
von meinem Unterbewußtsein hoch, wohinein ich sie nach dem
Schulabgang verdrängt hatte, und befruchteten meine Phantasie.
Ich bin sehr tapfer. Aber da ertönte aus einem dunklen Ge-
büschkcmplex am Straßenrand ein geheimnisvolles „Pst, pst!"
Ich blieb stehen, wie von einem Verkehrsschutzmann hypnoti-
siert. Das „Pften" wurde dringlicher. Ich faßte mir ein
Herz und schlich hinüber. Da saß auf einem Meilenstein eine
Jungfrau (es war stockfinster!), deren Hinterteil sich im Dunkel
der Nacht verlor. Ich gab mich als Fremdling zu erkennen,
der Obdach suche. Da sei ich an der rechten -Schmiede, sagte sie.
Da faßte ich mir ein Herz. Da sagte sie: „Na, Kleiner, darfst
du denn so lange aufbleiben?" Die Antwort blieb mir im
Busen hängen. Ich hatte versehentlich in das Dunkel gegriffen
und war mit der Hand an das Fell eines Tieres geraten. Die
Quaste eines Schweifes fuchtelte mir zärtlich ins Gesicht. Da
stieß mir eine Ahnung auf. Wer sie sei, fragte ich.

„Ich bin die Sphinx", sagte sie.

„Ach", meinte ich, „das behauptet heute jede Frau zu fein.
Aber es steckt nichts dahinter. Sphinxe? Jawohl. Mit
Kreuzworträtseln."

„Beim Zeus!" -sagte sie, „da hast du recht."

„Zeus ist längst paffe!"

„So, wer ist denn jetzt an der Reihe?"

„Vorige Woche war es noch Luther. Aber seit ich von
zu Hause weg bin, habe ich in keine Zeitung mehr geguckt und
bin nicht im Bilde." (Fortsetzung auf Seite 2SS.)

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