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https://doi.org/10.11588/diglit.8805#0345
Sesam
Folgendermaßen verhielt sich
die Geschichte mit den Schätze-
hütern im Sesamberg. Die vier-
zig Räuber waren mit ihren
zahlreichen Kamelen gekommen,
um die Männer, vi? im Berge
die Schätze der Wissenschaft
hüteten, an der großen Kund-
gebung für die erhabenen Ziele
der vereinigten Räuber und
Kamele zu beteiligen. Die Räu-
ber waren natürlich keine wirk-
lichen Räuber, sondern die Ret-
ter des Vaterlandes, und sie
wurden nur in kleinlicher und
gehässiger Weise von der neidi-
schen, ausgeplünderten Bevöl-
kerung Räuber genannt. Als
die vierzig Räuber, die alle Män-
ner von Stahl und von Eisen
waren, vor dem Berge anlang-
ten, gaben sie ihren Kamelen
erst einmal tüchtig zu trinken,
um sie bei guter Laune zu er-
halten. Das ist die Eigenart der Kamele. Und dann über-
legten sie, mit welcher Beschwörungsformel der Berg zu öffnen
sei, um die Hüter zu veranlaffen, sich der nationalen Bewegung
anzuschließen. Und sie sprachen dunkle, machtvolle Worte.
„Reinigung!" riefen sie im Chore. Aber im Berg blieb
eö still.
„Arische Lehrtätigkeit!" donnerte der Chor von neuem.
Der Berg zitterte offenbar wehmütig und gerührt, blieb aber
geschloffen.
Die Männer von Stahl und von Eisen dachten heftig nach.
„Mannhaftigkeit! Opfer.
Willigkeit!" murmelten sie dumpf.
Auch das half nichts. Es
wehte sogar ein sehr kühler Luft-
zug aus dem Berg. Die Räuber
und ihre Kamele suchten verzwei-
felt nach neuen Kennworten, aber
die Männer im Berge hüteten
ihre Schätze und sich. Man ver-
suchte es mit „Civileourage",
„Auftreten" und „Entschloffen-
heit", aber diese Worte ent-
behren jeder magischen Gewalt,
wenn sie von Kamelen geäußert
werden. Die Räuber versuch-
ten ein Letztes; sie legten ihren
Kamelen einen Kognak und
einen Extrazug aus, stellten sich
wieder vor den Berg und spra-
chen mit Grabesstimme:
„Abwanderung der Studie-
renden!"
Da ging ein Erschüttern durch
den Berg. Und als der Chor
schauerlich dumpf hinzufügte:
„Und der Kolleggelder!" - Da sprang mit einem gewal«
tigen Knall der Berg auf, und heraus stürzten hastig die
Hüter der Wiffenschaft und schloffen sich der nationalen Kund-
gebung an. Jubelnd wurden sie von den Kamelen auf die
Schulter genommen. Sie hatten ja allerdings die Schätze der
Wiffenschaft im Berge schutzlos zurückgelaffen, ai*n denen
drohte gar keine Gefahr, denn kein Kamel pflegt sich heimlich
die Schätze der Wiffenschaft anzueignen, auch nicht, wenn
es gerade getrunken hat. Und die vierzig Räuber interessierten
sich nur für notierte Werte.
Der nasse Sommer
Zeichnung von Georg Witte
Das Volk steht auf, der Sturm bricht los!
FRIEDRICH WENDEL
Hans Baluschek
Eine Monographie mit 8 farbigen Tafeln und 121 Abbildungen
Leinen 12.— Mark
Das 19. Jahrhundert in der Karikatur
Mit 136 Abbildungen / Leinen 7.50 Mark
Der Sozialismus in der Karikatur
Von Marx bis Macdonald
Ein Stück Kulturgeschichte mit 11 mehrfarb. Tafeln u. 175 Textillustr.
Leinen 11.— Mark
Geschichte in Anekdoten
Illustriert / Leinen 1.70 Mark, kartoniert 1.— Mark
Zu beziehen durch jede Volksbuchhandlung oder durch den
Verlag j. H. W. Dietz Nachf., Berlin SW68, Lindenstr. 3 (Versand-Abt.)
346
Folgendermaßen verhielt sich
die Geschichte mit den Schätze-
hütern im Sesamberg. Die vier-
zig Räuber waren mit ihren
zahlreichen Kamelen gekommen,
um die Männer, vi? im Berge
die Schätze der Wissenschaft
hüteten, an der großen Kund-
gebung für die erhabenen Ziele
der vereinigten Räuber und
Kamele zu beteiligen. Die Räu-
ber waren natürlich keine wirk-
lichen Räuber, sondern die Ret-
ter des Vaterlandes, und sie
wurden nur in kleinlicher und
gehässiger Weise von der neidi-
schen, ausgeplünderten Bevöl-
kerung Räuber genannt. Als
die vierzig Räuber, die alle Män-
ner von Stahl und von Eisen
waren, vor dem Berge anlang-
ten, gaben sie ihren Kamelen
erst einmal tüchtig zu trinken,
um sie bei guter Laune zu er-
halten. Das ist die Eigenart der Kamele. Und dann über-
legten sie, mit welcher Beschwörungsformel der Berg zu öffnen
sei, um die Hüter zu veranlaffen, sich der nationalen Bewegung
anzuschließen. Und sie sprachen dunkle, machtvolle Worte.
„Reinigung!" riefen sie im Chore. Aber im Berg blieb
eö still.
„Arische Lehrtätigkeit!" donnerte der Chor von neuem.
Der Berg zitterte offenbar wehmütig und gerührt, blieb aber
geschloffen.
Die Männer von Stahl und von Eisen dachten heftig nach.
„Mannhaftigkeit! Opfer.
Willigkeit!" murmelten sie dumpf.
Auch das half nichts. Es
wehte sogar ein sehr kühler Luft-
zug aus dem Berg. Die Räuber
und ihre Kamele suchten verzwei-
felt nach neuen Kennworten, aber
die Männer im Berge hüteten
ihre Schätze und sich. Man ver-
suchte es mit „Civileourage",
„Auftreten" und „Entschloffen-
heit", aber diese Worte ent-
behren jeder magischen Gewalt,
wenn sie von Kamelen geäußert
werden. Die Räuber versuch-
ten ein Letztes; sie legten ihren
Kamelen einen Kognak und
einen Extrazug aus, stellten sich
wieder vor den Berg und spra-
chen mit Grabesstimme:
„Abwanderung der Studie-
renden!"
Da ging ein Erschüttern durch
den Berg. Und als der Chor
schauerlich dumpf hinzufügte:
„Und der Kolleggelder!" - Da sprang mit einem gewal«
tigen Knall der Berg auf, und heraus stürzten hastig die
Hüter der Wiffenschaft und schloffen sich der nationalen Kund-
gebung an. Jubelnd wurden sie von den Kamelen auf die
Schulter genommen. Sie hatten ja allerdings die Schätze der
Wiffenschaft im Berge schutzlos zurückgelaffen, ai*n denen
drohte gar keine Gefahr, denn kein Kamel pflegt sich heimlich
die Schätze der Wiffenschaft anzueignen, auch nicht, wenn
es gerade getrunken hat. Und die vierzig Räuber interessierten
sich nur für notierte Werte.
Der nasse Sommer
Zeichnung von Georg Witte
Das Volk steht auf, der Sturm bricht los!
FRIEDRICH WENDEL
Hans Baluschek
Eine Monographie mit 8 farbigen Tafeln und 121 Abbildungen
Leinen 12.— Mark
Das 19. Jahrhundert in der Karikatur
Mit 136 Abbildungen / Leinen 7.50 Mark
Der Sozialismus in der Karikatur
Von Marx bis Macdonald
Ein Stück Kulturgeschichte mit 11 mehrfarb. Tafeln u. 175 Textillustr.
Leinen 11.— Mark
Geschichte in Anekdoten
Illustriert / Leinen 1.70 Mark, kartoniert 1.— Mark
Zu beziehen durch jede Volksbuchhandlung oder durch den
Verlag j. H. W. Dietz Nachf., Berlin SW68, Lindenstr. 3 (Versand-Abt.)
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