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L. L.-Zeiiungsschau

Im Inseratenteil der
„Bert. Morgenpost" Nr.
231 vom 26. September
finden wir folgendes Inse-
rat:

Hotel- und Gutsbesitzers-
tochter, einziges Kind, 2>
Iabre alt, auffallend hüb-
sche Erscheinung, Wert
des Objektes 235 OOC
Mark, sucht sich zu verhei-
raten. Zuschriften usw.

Wetten, daß sich zu diesem
Objekt daS Subjekt findet?

In dem amtlichen Ver-
kündungöblatt der staatlichen,
städtischen und ländlichen
Verwaltungen, „Greifen-
bergerAnzeiger", vom 9. Ok-
tober 1926, lesen wir in
einem Bericht über die dor-
tige Schützengilde:

„Am Sonntag, den 17.
Oktober, soll die Einweihung
des „Graf-Schaffgotsch-
Standes und des „Stadt-
Greifenberg-Standes" statt-

Im Elendsviertel

Zeichnung von Hans Landwrhrmann

„Seid mal stille! Wer kommt denn da nach oben?"
„Wenn et hustet, denn iS et Papa!"

finden. Hierzu sollen Graf
Schaffgotsch sowie die gräf-
lichen Förster und der Magi-
strat der Stadt Greiffeu-
berg eingeladcn werde».
Gleichzeitig soll an diesem
Tage ein Schwein aus-
geschlossen werden. Das
weitere wurde der Schiesi-
kommission überlaffen."

Hoffentlich fällt es der
Schießkommisiion nicht zu
schwer, das ausschlußrcifc
Schwein sesizustellen.

Die „Strirgauer Volks-
zeitung" schreibt in der Nr.
238 vom 12. Oktober in
dem Bericht über einen Kou-
zertabend des Arbriter-Bil-
dungsauöschusteö:

„Herr Bebau (KönigSjclt)
entwickelte besonders im
Violinfolo eine bedau-
ernswert« Technik auf
seinem Instrument."

War der Violinist ob
seiner Technik zu bedauern,
oder das Publikum, das ihn
anhören mußte?

Erich Weinert:

Etwas animiert durch den lieben Gott,

Entschloß sich Frau Oberstudienrat
Eines Sonntags zu einer sozialen Tat,

Und skizzierte zwischen Filet und Kompott
Ein Referat.

Auf die Damen der Gehaltsklaffe VIII
Hatte die Sache großen Eindruck gemacht.

Es wurde der unteren Schichten gedacht:

Man fördere dort den Putz der Zähne,

Etwas mehr Sonne und Hygiene,

Und überhaupt alles Wahre, Gute und Schöne.

Hierauf inszenierte man einen Bazar
Für Wohltätlichkeiten,

Mit kaltem Büfett und Bar,

Um die Werbetätigkeit einzuleiten.

Es gaben sich die übliche Ehre

Der Nasenzwicker

Der Heiner und der Lud laufen einander am freien Sams-
tagnachmittag direkt in die Hände. Grüßt der Lud und lacht
den anderen an. Der aber tut ernst, wie ein Amtmann im
Dienst, der Heiner, und wirft dem anderen hin: „Am Mitt-
woch hast wieder die Singprobe g'fchwänzt . . . öitz hast doch
a Ärbet . . . warum bist nit kumma?"

Aber der Lud lacht: „Dja . . . des sollst wiffen ... ich
bin sakramentisch kurzsichti ... ko ohne Augenglas ka Noten
lesen . . . und mein Zwicker Hab ich nit g'funden, nit um's
Verrecken . . ."

,Su, su, . . . dös ko vurkumma . . . aber a Ärbet hast
jetzt wieder?" fragt der Heiner.

„Freilich . . . und mein Nasenzwicker a . . ." bestätigt
der Lud.

Natürlich will der Heinrich nun unter allen Umständen
wiffen, wie die Sache mit dem Nasenzwicker war.

Der Lud schaut den Pimmel an, lobt das Wetter, zündet drei-

Wohltäter

Mannequins, Tombola und Tenöre,

Bis der Werbeabend zu Ende war.

Als Frau Oberstudienrat sodann
Gegen Mitternacht
Die Damen der Gehaltsklaffe VIII
An den Wagen gebracht,

Sprach sie ein Junge mit Streichhölzern an.

Frau Oberftudienrat gab ihm schlicht
Ein kleines Merkblatt für Körperkultur.

Geld gäbe sie solchen Kindern nicht,

Denn das vernaschten sie nur.

Nach dieser sozialen Tat
Hat Frau Oberftudienrat
In tiefem Seelenfrieden geruht.

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!

mal hintereinander die Pfeife an, die vorher schon im Brand
war, macht seinen Sangesbruder auf den glockenreinen Schlaq
der Amsel aufmerksam, schaut den Sperlingen zu und sagt:
„Oitz wiffen merö g'wiß, daß anders kummt, schau, sugar die
Schpotzen machen ihn Sachen . . . wo?"

Allein der andere will sich nicht mit der Phvsiologie der Liebe
in der Tierwelt abgeben. Vielmehr interessiert sich der Heiner,
wo der Nasenzwicker war.

Mit einem Rauchtabakseufzer gibt endlich der Lud Bescheid:
„Versetzt war er, die Zeit, wo ich arbeitslos war. . .

Der Heiner ist starr. Sowas . . . „An Nosenzwicker

ko mer a versetzen? ... an ganz lumperten Nosenzwicker_"

wundert sich der Heiner lang und breit und immer länger und
breiter, bis es dem Lud zu dumm wird.

Und da legt er den Zeigefinger an die Stirn, tüpfelt und
tüpfelt dort, und schmunzelt den Heiner schließlich an: „Tcppcla,
ban Versetzen war der Nasenzwicker nit alla ... der Winter-
überzieber war a dabei. . . Pipin.

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