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Stachus: Speisewagen-Gesellschaft

Samt der weiß und blauen Reisedecke
Etwa zweieinhalbes Mal im Jahr
Fährt sie nach Berlin zum Kämpferzwecke,
Uns re bay’rische Ministerschar,

Jedenfalls, die offiziösen Blätter
Sagen, daß es endlich sich gehört,

Wenn mit D-Zug und mit Donnerwetter
Man ins preußische Gomornha fährt.

Kurz vor Jena ist dies Ziel vergessen;
Etwas and’res quillt im Staatsmannshirn:
Ein Gelüst, sich dort mal satt zu essen,
Wo sie eine bess’re Küche führ’n.

Bai s’z’ Minka oallwei’ nur gekochte
Völk’sche Seelen un a G’selchtes hamm.
Doch Berlin: Da flüstat schon det Wochte
Wat von jutjemachtem Pökelkamm.

Klingenschlagend stürzen Held und Stützet,
Auch der Kraus- und Querneok ist dabei,
Sich auf reichlich gutgarnierte Schnitzel,

Und das Fett trieft aus dem Bayernmäu.

Hei, wie zeigt die Zähne man beim Fische,
Den man auch samt roter Punkte kaut!
Auf die unitarschen Schiebertische
Man mit oft geleertem Bierglas haut.

Wenn sie dann gegessen und getrunken,
Fahren sie mit einem Rülpser heim,

Und dort wird das alte Lied gesunken
Mit dem Bavern-kurz-vorm-Ende-Reim.

Am sächsischen Wahltag

„Nu, Frau Krause, Ham Sc denn ooch
sozchaldemekratsch gewählt?" — „I nee,
Frau Schulze, das kan'ch nu doch
nich gud mach'n, man iS doch ooch
schun biss'l was Bessersch!" —

„Ä gar, Se Ham wohl V'r-
meg'n!" — „Ach Goddl
nee, das nich, aber
ich Hab' doch die
Uffwardungbei
Bostinschbek-
tersch!"

*

Auch eine November-Erinnerung

Aus meiner Adjutantenzeit.

Im März 1918 war ich also tatsächlich
Bataillonsadjutant geworden. Und als ich
zum ersten Male meinem Major die Unter,
schriftenmappe vorlegte und ihm den In-
halt der einzelnen Eingänge erläuterte,
sagte er laut, klar und deutlich: „Herr
Leutnant, ich wünsche nicht zu wisien, was
ich zu unterschreiben habe, sondern w o ich
zu unterschreiben habe."

Es war dies übrigens derselbe Herr, der,
wenn eine Vorgesetzte Dienststelle einen
Schriftsatz mit dem Vermerk „Eilt"
oder „Eilt sehr" versehen hatte, mit Be.
stimmtheit erklärte: „Eilige Sachen sind
zu unterst zu legen und zuletzt zu erledigen.
Denn erstens beweist der Vermerk, daß
man höheren Orts gebummelt hat, andern,
falls wäre die Sache nämlich nicht so
eilig, und wir sind nicht dazu da, Bummc-
leien von Vorgesetzten durch eigene Mehr-
arbeit zu beschönigen. Und zweitens ist keine
Sache auf der Welt so eilig, daß sie nicht
durch längeres Zuwarten noch eiliger
würde." Wonach sich zu richten war.

Beide Anekdoten haben — nebenbei ge-
sagt - den Vorzug der Wahrhaftigkeit.

Mussolini

und der gallische Hahn

Zeichnung von Willibald Arain

Die phrygische Mütze scheint zur
Schlafmütze geworden zu sein!

Schulausflug

Der Lehrer vornweg. Die Schüler hinter-
her. — Überfall eines Gasthauses. -
Limonaden. Würstchen mit Brot. -
Nur der Fritz Suppengrün, der
Klaffenletzte, bestellt sich zu den
Würstchen eine Portion Kar-
toffelsalat. — Worauf be-
zugnehmend der Lehrer
in das Ofterzeugnis die
Bemerkung setzt:

„Neigt zur Ver-
schwendungs-
sucht und
Liederlich-
keit."

*

L L.-Zeliungsschau

Über ein skandalöses Vorgehen gegen
die sozialistische „Volkszeitung für die
Obrrlausitz" berichten die „Mitteilungen
des Vereins Arbeiterpresse" vom I. No-
vember 1926:

Inzwischen ist auf Veranlassung des
sächsischen IustizminifterS das Z e u -
g u n g S Zwangsverfahren gegen Ge-
nossen Bombach in Löbau eingestellt
worden.

Natürlich — selbst in der Monarchie
hätte man solches Verfahren nicht durch-
zuführen gewagt!

Sensationelle Enthüllungen über eine
Firma bringt die völkische „Hochwacht"
Nr. 6 vom Oktober 1926:

Inwischen wurde der Bruder von
Herrn Brauer und ebenso der Sohn
seines Schwagers Ziegler, sowie sein
Freund Grundlach bei der „Vaga" a l ö
melkende Kuh untergebracht.

Viel Milch dürften diese Kühe nicht
gegeben haben.

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