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Stachus: Der Steinbruch

Im Steinbruch lagen sie zu dritt
Und waren Felsen aus Granit.

Man lud sie auf mit Kettenklirr
Und schleppt’ zu Tal sie im Geschirr.

Den schönsten suchte man heraus
Und baut’ damit ein Gotteshaus.

„Willst beten du“, — raunt’s um den Stein,
„So schleuß dich in dein Kämmerlein.“

Der zweite Stein ward angefaßt,

Draus ward fürs Lichtspiel ein Palast.
Vorn am Portal in Leuchtschrift steht:
„Die Menschen ohne Dach und Bett . . .

Doch aus dem dritten Steingenoß
Ward für das Wohnungsamt ein Schloß.
Bin Pförtner spricht im Tressenrock:
„Zum Zimmer 1000? — Neunter Stock!“

Was wird für eine Frage laut:

Warum man nicht ein Wohnhaus baut!?
Zum Teufel, Leut’, ich sagt’ es ja,

Es waren nur drei Steine da!

„Pscht! Das . . . weiß ... er . . . doch selbst nicht!
Jetzt singt er immerzu: „Ich kann den Block nicht von mir
wenden, ich muß ihn anschauen immerdar"."

„Apropos! Ist denn die Bildung des Bürgerblocks frag,
würdig?"

„Äußerst fragwürdig. Da können manche nicht einmal
richtig Deutsch sprechen und verwechseln andauernd „mein"
und „dein"."

„Hallo, Fraulein, ich bin nämlich Politiker, ich meine, muß
man auf den Bürgerblock überhaupt ernsthaftes Gewicht
legen?"

„Nein, nein, der ist ja schon so schwer, daß er nicht von der
Stelle kommt."

Minder, Kinder, ich möchte bloß wissen, warum der S t a a t
immer weniger und immer weniger demokratisch aus-
sieht! Wissen Sie was, Fräulein?"

„Weil man mit drei demokratischen Ministern doch wahr-
hastig keinen Staat machen kann, Herr! Um das
einzusehen, braucht man übrigens kein Hellseher zu sein!" —

„WaS macht denn nun der neue Innenminister?"

„Er . . . sucht . . ."

„Na, wenn er man wat find't, denn iS ja jut! 'wahr Emil?"

„Da — er findet ein Haar in der Suppe!"

„Also, passen Sie auf, waö ich Ihnen sage, d a s ist dem
Külz ausgefallen!"

„Aber, ich bitte Sie, w a s ist denn an dem nicht aus.
gefallen?"

„Wo befindet sich Herr Külz denn jetzt eigentlich?"

„Na, natürlich immer noch im Irrtum!"

„Ach, sagen Sie mal, Fräulein, hahaha, in welcher Ver-'
faffung mag jetzt wohl Herr Geßler sein?"

„Hm ... ja ... warten Sie mal . . . soviel i ch
sehen kann: in der deutschen bestimmt nicht!"

„Hab'ch mir gedacht!"

„Fräulein, ich hätte gerne mal Auskunft über das Zu-
sammenspiel zwischen den nationalen Parteien und der Reichs-
wehr?"

„Tja — dazu brauch' ich Karten — nein: ein Spiel ge-
zinkter Karten!"

Ein Herr der besseren Gesellschaft war so liebenswürdig, das
seine herzuleihen.

„Nun sprechen Sie, Aja, was sehen Sie?"

„E . . . ekel . . . Haft!"

„Sprechen Sie, Aja!"

„Nein . . . nein!"

„Ist es denn nicht die Wahrheit?"

„Doch . . . reine . . . Wahrheit!"

„Na, was ist es dann, wenn es die Wahrheit ist?"

„I m . . . immer . . . L . . l a n d e S v e r r a t!" —

Hier mußte leider die Sitzung abgebrochen werden.
 
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