Londoner Handschriften.
279
dafs er seine geplante Proportionslehre damals noch gewisserma/sen
als ersten Theil seines später fortxMsetx,enden Unterrichts in der Malerei
betrachtet wissen wollte. Für die Entwicklung von Dürers ästhetischen
Theorien ist dieser selbe Abschnitt und die anderen damit überein-
stimmenden deshalb von gröfster Wichtigkeit, weil sich hier theihveise
schon dieselben Gedanken finden, die später in dem berühmten Exkurs
am Ende des dritten Buches der Proportionslehre ihren Platz, gefun-
den haben. Natürlich erscheinen sie (vgl. 261, 1) hier durchweg in
der Form einer Einleitung, wie aus 287, 21, 289, 21, 290, 14, 291,
5 u. 10, 304, 5 zu ersehen ist, während sie im Druck dem Ende des
Werkes ziemlich nahe stehen. Was Dürer veranlafst hat, die Propor-
tionslehre als besonderes Buch, vor der Vollendung der übrigen Theile
des Malerbuches herauszugeben, ist uns unbekannt. Offenbar wollte er
sich die Priorität in Bezug auf diese von ihm im Wesentlichen selb-
ständig erfundene Kunst wahren und deshalb die Publikation seiner Pro-
portionsstudien nicht mehr zu lange hinausschieben. Auch mochte er
vor aussehen, dafs ihm bei seiner starken praktischen Beschäftigung für
ein so umfassendes Werk, wie er es ursprünglich geplant hatte, in den
nächsten Jahren keine Zeit übrig bleiben würde. Immerhin behielt er
sich damals die Fortsetzung für später vor. Was fm Jahre 1513 den
Abschlufs des Manuskripts verhindert hat, reissen wir nicht. Thatsache
ist, dafs Dürer von nun an das „nonuni prematur in annum“ in wört-
lichster Bedeutung auf sein Bude awwendete. Denn erst nach der nieder-
ländischen Reise von 1520/21 scheint er wieder ans Werk gegangen zu
sein. Hierbei fafste er nun offenbar den Entschlufs, von dem Plane
eines grofsen Malerbuchs ganz abzusehen und sich lediglich auf die
Proportionslehre zu beschränken. Schon im Jahre 1523 war das
Dresdener Manuskript fertig, zu dem auch einige in London befind-
liche Theile (S. 336 ff.) in engster Beziehung stehen. Die Widmung zu
dem herauszugebenden Buche liefs sich Dürer von einem seiner huma-
nistisch gebildeten Freunde auf setzen (S. 332 ff.) und es ist sehr be-
zeichnend, dafs er an dessen Entwurf unter Anderen auszusetzen hatte,
dafs darin von Malerei überhaupt, nicht mir von den Proportionen die
Rede sei (oben 255, 9 f.). Das ist vielleicht ein Kennzeichen dafür, dafs
gerade damals der Umschwung in Dürers Plänen stattgefunden hat,
der zu einem definitiven Verzicht auf das gröfscrc Werk führte.
Aber auch 1523 wurde das Manuskript dem Druck wicht übergeben.
Wahrscheinlich sah Dürer ein, dafs die Malerlehrlinge bei ihrer
mangelhaften mathematischen Vorbildung sein Werk nicht würden
verstehen können, und er entsehlofs sich deshalb, znmächst eine Unter-
weisung der Messung herauszugeben, die dann auch 1525 im Druck
erschien und der er seine Studien über Architektur und Projektion, die
den dritten und vierten Theil des Malerbuchs bilden sollten, theihveise
einverleibte. Später kam, durch politische Verhältnisse veranlafst, das
Buch über die Befestigung der Städte (1527) dazwischen und so fand
Dürer erst in seinem letzten Lebensjahre wieder Zeit, an das Manu-
279
dafs er seine geplante Proportionslehre damals noch gewisserma/sen
als ersten Theil seines später fortxMsetx,enden Unterrichts in der Malerei
betrachtet wissen wollte. Für die Entwicklung von Dürers ästhetischen
Theorien ist dieser selbe Abschnitt und die anderen damit überein-
stimmenden deshalb von gröfster Wichtigkeit, weil sich hier theihveise
schon dieselben Gedanken finden, die später in dem berühmten Exkurs
am Ende des dritten Buches der Proportionslehre ihren Platz, gefun-
den haben. Natürlich erscheinen sie (vgl. 261, 1) hier durchweg in
der Form einer Einleitung, wie aus 287, 21, 289, 21, 290, 14, 291,
5 u. 10, 304, 5 zu ersehen ist, während sie im Druck dem Ende des
Werkes ziemlich nahe stehen. Was Dürer veranlafst hat, die Propor-
tionslehre als besonderes Buch, vor der Vollendung der übrigen Theile
des Malerbuches herauszugeben, ist uns unbekannt. Offenbar wollte er
sich die Priorität in Bezug auf diese von ihm im Wesentlichen selb-
ständig erfundene Kunst wahren und deshalb die Publikation seiner Pro-
portionsstudien nicht mehr zu lange hinausschieben. Auch mochte er
vor aussehen, dafs ihm bei seiner starken praktischen Beschäftigung für
ein so umfassendes Werk, wie er es ursprünglich geplant hatte, in den
nächsten Jahren keine Zeit übrig bleiben würde. Immerhin behielt er
sich damals die Fortsetzung für später vor. Was fm Jahre 1513 den
Abschlufs des Manuskripts verhindert hat, reissen wir nicht. Thatsache
ist, dafs Dürer von nun an das „nonuni prematur in annum“ in wört-
lichster Bedeutung auf sein Bude awwendete. Denn erst nach der nieder-
ländischen Reise von 1520/21 scheint er wieder ans Werk gegangen zu
sein. Hierbei fafste er nun offenbar den Entschlufs, von dem Plane
eines grofsen Malerbuchs ganz abzusehen und sich lediglich auf die
Proportionslehre zu beschränken. Schon im Jahre 1523 war das
Dresdener Manuskript fertig, zu dem auch einige in London befind-
liche Theile (S. 336 ff.) in engster Beziehung stehen. Die Widmung zu
dem herauszugebenden Buche liefs sich Dürer von einem seiner huma-
nistisch gebildeten Freunde auf setzen (S. 332 ff.) und es ist sehr be-
zeichnend, dafs er an dessen Entwurf unter Anderen auszusetzen hatte,
dafs darin von Malerei überhaupt, nicht mir von den Proportionen die
Rede sei (oben 255, 9 f.). Das ist vielleicht ein Kennzeichen dafür, dafs
gerade damals der Umschwung in Dürers Plänen stattgefunden hat,
der zu einem definitiven Verzicht auf das gröfscrc Werk führte.
Aber auch 1523 wurde das Manuskript dem Druck wicht übergeben.
Wahrscheinlich sah Dürer ein, dafs die Malerlehrlinge bei ihrer
mangelhaften mathematischen Vorbildung sein Werk nicht würden
verstehen können, und er entsehlofs sich deshalb, znmächst eine Unter-
weisung der Messung herauszugeben, die dann auch 1525 im Druck
erschien und der er seine Studien über Architektur und Projektion, die
den dritten und vierten Theil des Malerbuchs bilden sollten, theihveise
einverleibte. Später kam, durch politische Verhältnisse veranlafst, das
Buch über die Befestigung der Städte (1527) dazwischen und so fand
Dürer erst in seinem letzten Lebensjahre wieder Zeit, an das Manu-