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xiil. Fragment.
Dreyzehntes Fragment.
Vom Ruhen der P h y si o g n v m i k.
^^bdeulichere, bestiinmtcre, richtigere, ausgedehntere — hiemit vollkommenere MLIlfcheu-
kenntniß an sich nützlich sey oder nicht — ob hiemit auch die Kenutniß innerer Eigenschaf-
ten aus äußerlicher Bildung und Zügen Nutzen haben könne oder nicht? das ist eine Frage, de-
ren Beantwortung in diesen Fragmenten eine der ersten Stellen verdient. Ware die Antwort auf
dieselbe bey mir nicht vor allem andern die ausgemachteste Sache gewesen, diese Fragmente würden
wohl niemals das Licht der Welt erblickt haben. Es ist aber auch eine Frage, die für mich
nicht schwer zu beantworten war, und es mir auch nicht für andre scheint.
Fürs erste gehört sie unter die allgenreinere Frage, ob überhaupt Kenntnisse, und ihre
Vermehrung und Verbesserring den Menschen nützen? Mich dünkt, jedem uneingenommenen Men-
schen söllt's zum voraus lebhaft ahnden, wie diese Frage zu beantworten ist. Man muß in der That
die Natur des Menschen und der Dinge oder daö Verhältnis; der menschlichen Glückseligkeit zu sei-
nen Kräften und Trieben, daö so sehr in die Augen springt, ganz verkennen; man muß durch sehr
einseitige Urtheile sehr gcbleirdet seyn, wenn man nicht einsieht, daß der prcportiomrte Ge-
brauch jeder Kraft und die proportionirce Befriedigung jedes Triebes, — die im Men-
schen liegen, gut, nützlich, zur menschlichen Wohlfahrt unentbehrlich sey. So gewiß
der Mensch körperliche Kräfte und einen Trieb hat, zu wirken, zu schaffen, seine Kräfte zu brau-
chen — so gewiß ist es gut, ist es nützlich, daß er seine körperlichen Kräfte brauche. So gewiß
er Fähigkeit und Kraft zum lieben hat, und Trieb zum lieben, so gewiß ist eö gut, ist es nützlich,
daß er liebe. Und eben so nun auch: so gewiß der Mensch Erkenmniß, Vermögen und Wißtrieb
hat, so gewiß ist es gut, nützlich, nothwendig, daß er in gehörigem Maaße auch diesen Trieb be-
friedige, auch diese Kraft brauche! Wie gekünstelt kommen alle Beweise heraus, daß die Wissen-
schaften, daß Kenntnisse dem Menschen mehr schädlich seyn, und ein Zustand der Unwissenheit dem
allen vorzuziehcn sey?
Ich
xiil. Fragment.
Dreyzehntes Fragment.
Vom Ruhen der P h y si o g n v m i k.
^^bdeulichere, bestiinmtcre, richtigere, ausgedehntere — hiemit vollkommenere MLIlfcheu-
kenntniß an sich nützlich sey oder nicht — ob hiemit auch die Kenutniß innerer Eigenschaf-
ten aus äußerlicher Bildung und Zügen Nutzen haben könne oder nicht? das ist eine Frage, de-
ren Beantwortung in diesen Fragmenten eine der ersten Stellen verdient. Ware die Antwort auf
dieselbe bey mir nicht vor allem andern die ausgemachteste Sache gewesen, diese Fragmente würden
wohl niemals das Licht der Welt erblickt haben. Es ist aber auch eine Frage, die für mich
nicht schwer zu beantworten war, und es mir auch nicht für andre scheint.
Fürs erste gehört sie unter die allgenreinere Frage, ob überhaupt Kenntnisse, und ihre
Vermehrung und Verbesserring den Menschen nützen? Mich dünkt, jedem uneingenommenen Men-
schen söllt's zum voraus lebhaft ahnden, wie diese Frage zu beantworten ist. Man muß in der That
die Natur des Menschen und der Dinge oder daö Verhältnis; der menschlichen Glückseligkeit zu sei-
nen Kräften und Trieben, daö so sehr in die Augen springt, ganz verkennen; man muß durch sehr
einseitige Urtheile sehr gcbleirdet seyn, wenn man nicht einsieht, daß der prcportiomrte Ge-
brauch jeder Kraft und die proportionirce Befriedigung jedes Triebes, — die im Men-
schen liegen, gut, nützlich, zur menschlichen Wohlfahrt unentbehrlich sey. So gewiß
der Mensch körperliche Kräfte und einen Trieb hat, zu wirken, zu schaffen, seine Kräfte zu brau-
chen — so gewiß ist es gut, ist es nützlich, daß er seine körperlichen Kräfte brauche. So gewiß
er Fähigkeit und Kraft zum lieben hat, und Trieb zum lieben, so gewiß ist eö gut, ist es nützlich,
daß er liebe. Und eben so nun auch: so gewiß der Mensch Erkenmniß, Vermögen und Wißtrieb
hat, so gewiß ist es gut, nützlich, nothwendig, daß er in gehörigem Maaße auch diesen Trieb be-
friedige, auch diese Kraft brauche! Wie gekünstelt kommen alle Beweise heraus, daß die Wissen-
schaften, daß Kenntnisse dem Menschen mehr schädlich seyn, und ein Zustand der Unwissenheit dem
allen vorzuziehcn sey?
Ich