Lustige Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands (14.1899)

Zwei Schwestern kenn’ ich
gar lieblich und schön,
Die sich zum Verwechseln
ähnlich sehn
Und sich durch nichts unter-
scheiden;
Ich liebe sie innig, doch
schafft es mir Pein,
Dass nach dem Gesetz mein
eigen kann sein
Für’s Leben nur eine von
Beiden.

Die Mündchen, die Naschen,
die Oehrchen, das Haar,
Die Füsschen, dieHändchen,
das Augenpaar,
Die Hütchen, die Kleidchen
von Seiden,
Die Jugend, die Mitgift,
etcetera —
’s ist alles gleich, drum
stehe ich da
Und frage mich: Welche von
Beiden?

In diesem Dilemma der Duplicität
Kann eine nur rathen, die alles versteht,
Und heben des Zweifels Leiden.
Zur Schwiegermutter lauf’ ich, die spricht:
„Mein lieber Freund, Du ahnst es nicht!
Es will Dich ja — keine von Beiden.“
Ungarische Qeschichte.
Da war also einmal ein Minister, der fühlte sich von dem Abge-
ordneten Chori ndsvy beleidigt, weil dieser ihn in öffentlicher Sitzung
„Schurke“ und „Esel“ titulirt hatte. Ein minder feinfühliger Minister
wäre vielleicht darüber zur Tagesordnung übergegangen, aber der
Minister, der hier die Hauptrolle spielt, rühmte sich bei jeder Gelegenheit
seiner höchst reizbaren Empfindlichkeit, und so wollte er auch hier die
Ausdrücke „Schurke“ und „Esel“ als Verbalinjurien aufgefasst wissen.
Es kam also zur Duellforderung. Die Sekundanten des Ministers
waren Avary und Bevary, während Apony und Beponydem Abgeordneten
als Sekundanten dienten.
Auf dem Terrain sagte Avary: Nachdem nunmehr die Vorbe-
reitungen erledigt sind, kann die Genugthuung mit Waffen erfolgen. —
Oho, entgegnete der Sekundant der Gegenpartei Apony, dieses Duell soll
keine Genugthuung mit Waffen, sondern eineRetorsion mit Waffen
vorstellen!
Nehmen Sie das Wort sofort zurück, schmetterte Bevary dazwischen.
Ich nehme nichts zurück! Selber einer! rief Apony. — Schafskopf!
schrie Bevary. Rhinozeros ! antwortete Bepony.
Hieraus ergaben sich naturgemäss vierDuellforderungen,da sich nun-
mehr sowohl Avary als Bevary mit Apony und Bepony zu schlagen hatten.
Zum Austrag dieser vier Duelle waren sechzehn Sekundanten
erforderlich, nämlich die Herren Cevary, Devary, Evary ... bis Kavary
einerseits und die Herren Cepony, Depony ... bis Kapony anderseits.
Aber auf dem Terrain kam es zu neuen, beträchtlichen Schwierig-
keiten. Während die acht Sekundanten der einen Partei erklärten, dass
sie in den bevorstehenden Kugelwechseln eine Satisfaktion mit Waffen
erblickten, bestanden die anderen acht darauf, das die Duelle lediglich
eine W i e d e r v e r g e 11 u n g mit den Waffen vorstellen sollten.
Hageldicht flogen die Beleidigungen hin und her, und ehe man
noch dazu gelangte, die Waffen zu laden, entwickelten sich acht mal
acht = vierundsechzig neue Duellforderungen, zu deren kavaliermässiger
Bewältigung ein Stab von vier mal vierundsechzig = zweihundertsechs-
undfünfzig Sekundanten herbeigezogen werden musste. Da aber die
neuen Sekundanten sich immer wieder über die Definition des Duell-
begriffs erhitzten, so vermehrten sich die Forderungen in kaninchenhafter
Progression bis in die Tausende.
In Budapest stieg Sargholz über Pari, in Kecskemet wurde eine
neue Waffenfabrik etablirt, die lediglich Duellpistolen fabrizirte, und in
ganz Ungarn hatten die Advokaten mit dem Redigiren der Testamente
alle Hände voll zu thun.
Sämmtliche Duelle sollten schliesslich an einem Tage ausgekämpft
werden. Nach langem Suchen fand man eine Puszta von genügender

Ausdehnung, und hier wurden die Ministeriellen und
Oppositionellen in zwei Reihen von je siebzehn
Kilometer Länge aufgestellt.
Der Minister, als der zuerst Beleidigte, schoss
auch zuerst, indem er haarscharf nach dem höchsten
Punkt des Himmelsgewölbes zielte, und seinem Bei-
spiele folgten alle Uebrigen. Das Geknatter war so
fürchterlich, dass in Debreczin die Fensterscheiben
entzweisprangen und in Temesvar ein Schullehrer vor
Schreck vom Katheder fiel.
Als Resultat des Massenduells bedeckten hundert-
undsiebzehn durch und durch geschossene Feldkrähen
den Boden, und es muss unentschieden bleiben, ob
sie sich als Opfer der Genugthuung, oder der Retorsion
zu betrachten hatten. m,
(aedanKen und Erinnerungen.
Gedanken und Erinnerungen,
Euch wird das grösste Lob gesungen,
Solch’ Hymnus ist noch nie erklungen —
Gedanken und Erinnerungen.
Die ganze Welt habt ihr bezwungen,
Man druckt euch bald in allen Zungen,
Nie zollt’ man soviel Huldigungen
Gedanken und Erinnerungen.
Man preist euch mit der Kraft der Lungen,
Auf Höhen und in Niederungen
Tönt’s, euch zum Preise, voll und stark.
Von eurem Werthe ganz durchdrungen,
Hat Cotta auch sich aufgeschwungen
Zum höchsten Preise — zwanzig Markl j. Kn.

In flagranti.
Herr: Was, Sie infamer Spitzbube wollen mir mein Geld
stehlen? Das ist ja eine bodenlose Frechheit! Sie Lump, Sie
gemeiner-
Gauner: Na, bis jetzt hab’ ich’s noch nicht, also bitte
keine Beleidigung!

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LUSTIGE BLÄTTER.

No. 3.