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Cjarantie des
Erfolges.
(Im Theater-Foyer.)
A. : Merkwürdig
bleibt es doch, alle
Lustspiele, die der
Blumenthal mit dem
Kadelburg zusammen
geschrieben hat, haben
den Riesenerfolg ge-
habt, und ebenso die
Stücke von Schönthan
und Kadelburg; sowie
der Kadelburg nicht
dabei ist, steht der
Erfolg nicht auf der
Höhe.
B. : Ich muss Ihnen
gestehen, aus den
modernen Lustspielen
mache ich mir über-
haupt nicht viel. Aber
nächstens wird ja
Aristophanes ge-
spielt werden, darauf
freue ich mich auf-
richtig.
A.: Und Sie werden
sehen, das wird nicht
ziehen; bei Aristo-
phanes fehlt auch der
Kadelburg!


Hinter den Coulissen.
Erste Balletratte: Du sollst gesagt haben, ich hätte so viel Verehrer, wie Finger an den Händen.
Das ist gemein von Dir.
Zweite Balletratte: Na, ist es vielleicht gelogen?
Erste Balletratte: Gewiss ist es gelogen, denn ich habe viel mehr!

Es waren einmal drei Männer, die legten
ein jeglicher Feiertagswams an, wandelten
zum Präsidenten der Eisenbahn-Direktion,
verneigten sich und sprachen:
„Herr! Wolle unserer Bitte Dein grosses
gütiges Ohr leihen! Siehe! Es entsenden uns
zu Dir sieben mal siebenzigtausend unserer
Brüder, so gleich uns vor den Thoren
der grossen Stadt wohnen und an jeg-
lichem Tage zu mehreren Malen auf
Deiner gesegneten Stadtbahn oder mit
Deinen Vorortzügen hin- und herfahren.
Sie alle nun bitten Dich du’xh uns,
Herr: Schaffe, dass mehr Züge fahren
und errette uns von der Ueberfüllung!“
, Da sprach der Präsident:
„Ueberfüllung? Giebt’s ja gar nicht!
Hier auf meinem grossen grünen Tische
liegt ein gar treffliches Buch; darinnen
ist durch die Wissenschaft der Statistik
erwiesen, dass im ganzen Königreiche
jährlich mehr denn tausend Plätze in
den Eisenbahnzügen unbenützt mitge-
führt werden. Mein Buch trüget mich
nicht. Darum: ein jeglicher Reisender
findet mehr denn genügenden Platz. Was
wollet Ihr also?“
Da sprach der Aelteste unter den drei
Männern:
„Wolle in Gnaden verzeihen, o Herr:
Deine Güte kennt nicht die Bosheit und
Niedertracht der Menschen. Denn wisse,
Herr! Unsere Brüder, so ihr Amt, Geschäft

JNJein , diese Statistik!
oder Neigung treibet, aus ihren Häusern vor
den Thoren in die grosse Stadt zu fahren,
sind allesammt so hintertückisch und heim-
listig, dass sie die leeren Plätze auf den Klein-
bahnen-nach Potschappel und nach Meseritz
schnöden Sinnes verschmähen und gerade mit
der Stadtbahn oder einem Vorortzuge zu

fahren heischen.“
„Ja, dafür kann ich doch nicht, dass die
Leute so gnietschig sind!“ rief da der
Präsident in hellem Zorne, und tiefbeschämt
trollten sich die Drei von hinnen. —
In derselbigen Nacht aber quälte den
Präsidenten ein wüstes Traumbild: Er sah
sich auf einem Stadtbahnhofe in einen

leeren Abtheil steigen, der für 10 Personen
Platz bot und in dem erst 15 sich harmlos
damit vergnügten, sich gegenseitig auf die
Hühneraugen zu treten. Als er aber näher
zusah, da waren es keine Menschen, sondern
lauter Zahlen. Wie die ihn erblickten,
fingen sie an zu toben und schrieen:
„Ein Mensch! Ein sogenannter Mensch!
Was willst Du hier?“ Und eine4stiess
ihn mit ihren spitzen Ellenbogen in die
Seiten und rief: „Fahre doch mit dem
Bummelzuge nach Meseritz; da sind
von den acht Plätzen noch sieben frei!“
da riefen die anderen alle: „Hinaus
mit ihm! Hinaus!“ und zwei dicke
Neunen packten ihn und wollten ihn
durch das Fenster werfen. Er wehrte
sich aber und entschloss sich gerade
zu fluchen: „Der Deubel soll die ganze
Statistik holen!“ da erwachte er noch
rechtzeitig. Er freute sich, dass es nur
ein Traum gewesen, legte dann den Finger
bedächtig an die Nase und sann sieben
Tage und sieben Nächte darüber nach,
wie er der Ueberfüllung auf seinen
Bahnen abhelfen könnte.
Auch der unkundigste Thebaner weiss
schon längst, dass diese Erzählung nur ein
Märchen ist; denn einem höheren Eisenbahn-
beamten fällt es auch im Traume nicht
ein, selbst einmal mit der Stadtbahn oder
einem Vorortzuge zu fahren. Dazu ist ja
doch das Publikum da. M. s


No. 3.

LUSTIGE BLÄTTER.

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