Kempner contra Klempner.
In dem Wust von Briefen, den wir
kriegen,
Fand sich neulich auch ein Exemplar,
Dessen Inhalt ein „Plaisirverjnügen“,
Wie man in Berlin sagt, für uns war.
Dieses Brieflein soll erhalten bleiben,
Und wir setzen’s wortgetreu hierher,
Weil jedwede Aend’rung in dem
Schreiben
Ein Verlust für uns’re Leser wär’:
2ln
bie Bebaftiort ber „luftigen Blätter"
5U Berlin.
(Semäfj § ff bes prejjgeje^es erfud^e ich
Sie ergebenft um foftenfreie Kufnafyme
folgenber Berichtigung in ber näcbften
Bummer 3hres Blattes:
3n Br. ^9 3hres Blattes com f. De»
jember f898 Sette 3 brucften Sie „Das
Ceutrumslieb" mit bem BemerFen ab, bas»
felbe fei oon 3hrer Poetin ^rieberife
Klempner eingejanbt. 3n bemfelben roirb
behauptet, bie Derfafjerin befjelben fei bei
ber Koufurrens um basBTojelrDeinlieb burdp
gefallen, aud] fönne fie bie füufhunbert
Klar! Preis für bas (Centrumslieb brauchen.
<£s ift für jebeit Cefer flar erfenntlid],
ba§ id], ^rieberife Kempner, als Der»
fafferin bes liebes gemeint bin unb erfläre
id} hiermit ausbriicflich, ba^ ich roeber bas
uon 3hnen abgebrucfte Centrumslieb Der»
faßt, noch mich an ber KonFurrens um bas
KTofcltDeinlieb betheiligt Ijabe, auch 1,1
meinen Dermögensuerhältniffen fo ge*
ftellt bin, bajj ich itüd| an einer Preis*
fonfurreu3 bes (Selbgetoinnes roegen nicht
3U betheiligen brauche.
2lud] ift bie Behauptung unroahr, ba^
ich Poetin 3hres Blattes bin.
frieberifenhof bei Beicbthoh
ben f5. 3aimar f899-
So der Brief der allbekannten Kempner,
Die berühmt durch ihrer Verse
Schwung;
Uns’rer eignen Friederike Klempner
Gaben wir ihn zur Erledigung.
Diese schrieb: ,,0 Du Apollo-
Schwester,
Deren Name mir so ähnlich klingt,
Höre, wie sich mir ein tieferpresster
Schrei aus meinem Dichterbusen ringt.
Nur mit Neid vermag ich es zu fassen,
Dass ein Weib auf einem Pegasus
Geld besitzt in solchen grossen Massen,
Dass man sich davor verkriechen
muss.
Dieser Pegasus, auf dem Du reitest,
Hat Dir soviel abgeworfen schon,
Dass Du es mit Fug und Recht be-
streitest,
Nur zu dichten um profanen Lohn.
Schnuppe sind Dir alle Honorare,
Denn Du bist ja Gutsbesitzerin,
Bist dabei — das ist das Wunderbare —
Höchst zufriedene Agrarierin.
Jener Nothstand, den uns deklamiren
Kanitz, Diederich Hahn und Friedrich
Schoof,
Ist — ich bitte dies zu konstatiren —
Unbekannt in Friederikenhof.
Ich hingegen, ich muss Verse dichten
Nothgedrungen ohne Unterlass,
Möchte drum die Bitte an Dich richten:
Reiche Dichterin, geh’, pump’ mir
was!“
Ein JWaienfest zat* Zeit der J-tohenstaaffen.
Mei n Freund, der Maler, erzählte mir
Folgendes:
Was so ein plötzlicher Vetter aus der
Provinz bedeutet, weiss nur Derjenige,
der ihn auf dem Halse hat. In dieser ange-
nehmen Lage war ich neulich. Schneit mir
da mein Halbcousin -— er heisst Julius —
aus Cammin ins Haus und verlangt, noch
am selben Abend das grosse Künstlerfest:
„Ein Maienfest zur Zeit der Hohenstauffen“
mitzumachen. Billet 20 Mark, Kostüm
historisch echt und märchenhaft theuer.
„Weiter nichts?“ fragte ich, der ich
kaum noch 20 Mark für den angerissenen
Monat übrig hatte.
„Das Weitere wird sich
finden,“ meinte Julius. „Du wirst
mir, Deinem Gast, diese Bitte
nicht abschlagen. Wenn Du
nach Cammin kommst, revan-
chire ich mich.“
„Schön,“ antwortete ich
trocken, „ich gehe also gleich,
das Nöthige zu besorgen.“
Ein spitzbübischer Gedanke
war in mir aufgestiegen: Dem
werde ich ein „Maienfest zur Zeit
der Hohenstauffen“ zeigen, wovon
er noch seinen spätesten Enkeln
erzählen soll.
Ich ging also aus und hatte
bald in Erfahrung gebracht, dass
in einem nahen Tanzlokälchen der
Vergnügungsverein „Quietsch-
vergnügt“ am Abend einenMasken-
ball arrangirte. Herren 0,75,
Damen 0,50 Mark. Gäste will-
kommen. Diese Quietschvergnügten waren
meine Leute. Ich besorgte mir zwei Billets
und ging heim. Dort begann mich Julius so-
gleich wegen des Kostüms zu bombardiren.
„Nur echt, um Gotteswillen echt!“ meinte
er, „denn weisst Du, diese Künstler verstehen
zu viel davon. Ich möchte mich doch nicht
blamiren. Lieber soll Dich die Sache ein paar
Mark mehr kosten.“
„Ganz meine Meinung,“ sagte ich, „sei
nur unbesorgt, ich habe schon an alles
gedacht.“
„Als was gehen wir denn?“ fragte er.
„Als Hohenstauffen, selbstverständlich,“
sagte ich.
„Aber wie?“ fragte er.
„Das wirst Du schon sehen,“ sagte ich.
„Für jetzt entschuldige mich, bitte, ich muss
die Kostüme zusammenstellen.“
Damit schob ich ihn aus dem Atelier.
Ich suchte nun zusammen, was ich an
Krempel besass. Die Ausbeute bestand aus
einem Cylinderhut ohne Krempe, einem
Galanteriedegen, einer alten Flinte, einer
Aelplerhose, einer gewürfelten Tischdecke,
einem altnordischen Armreifen, einem ägyp-
tischen Kopfschmuck, einem Dreimaster und
einem Zuaven-Jäckchen.
Das musste genügen.
Kaum war ich damit fertig, so war auch
Julius schon wieder da. Seine Ungeduld
liess sich kaum mehr zähmen. Schon zwei
Stunden vor Beginn des Festes musste mit
dem Ankleiden begonnen werden.
Ich theilte wahrhaft brüderlich: Ihm den
Cylinderhut, mir den Dreimaster, mir die
Armreifen, ihm den Kopfschmuck, ihm den
Degen, mir die Flinte, mir das Thee-
gedeck, ihm die Aelplerhose, mir das Trikot,
ihm das Zuavenjäckchen u. s. w.
So nun waren wir fertig.
Als Julius sich im Spiegel sah, schüttelte
er den Kopf.
„Ich weiss nicht,“ meinte er, „ist denn
das echt?“
„Urecht!“ antwortete ich. Wir werden
Aufsehen machen. „Anton von Werner hat
mir die Skizzen dafür gemacht.“
„Wahrhaftig? Du kennst ihn also?“
„Wir sind Duzfreunde.“
„Stelle mich ihm heute Abend vor, ja?“
„Aber mit Vergnügen.“
No. 6.
LUSTIGE BLÄTTER.
3.
In dem Wust von Briefen, den wir
kriegen,
Fand sich neulich auch ein Exemplar,
Dessen Inhalt ein „Plaisirverjnügen“,
Wie man in Berlin sagt, für uns war.
Dieses Brieflein soll erhalten bleiben,
Und wir setzen’s wortgetreu hierher,
Weil jedwede Aend’rung in dem
Schreiben
Ein Verlust für uns’re Leser wär’:
2ln
bie Bebaftiort ber „luftigen Blätter"
5U Berlin.
(Semäfj § ff bes prejjgeje^es erfud^e ich
Sie ergebenft um foftenfreie Kufnafyme
folgenber Berichtigung in ber näcbften
Bummer 3hres Blattes:
3n Br. ^9 3hres Blattes com f. De»
jember f898 Sette 3 brucften Sie „Das
Ceutrumslieb" mit bem BemerFen ab, bas»
felbe fei oon 3hrer Poetin ^rieberife
Klempner eingejanbt. 3n bemfelben roirb
behauptet, bie Derfafjerin befjelben fei bei
ber Koufurrens um basBTojelrDeinlieb burdp
gefallen, aud] fönne fie bie füufhunbert
Klar! Preis für bas (Centrumslieb brauchen.
<£s ift für jebeit Cefer flar erfenntlid],
ba§ id], ^rieberife Kempner, als Der»
fafferin bes liebes gemeint bin unb erfläre
id} hiermit ausbriicflich, ba^ ich roeber bas
uon 3hnen abgebrucfte Centrumslieb Der»
faßt, noch mich an ber KonFurrens um bas
KTofcltDeinlieb betheiligt Ijabe, auch 1,1
meinen Dermögensuerhältniffen fo ge*
ftellt bin, bajj ich itüd| an einer Preis*
fonfurreu3 bes (Selbgetoinnes roegen nicht
3U betheiligen brauche.
2lud] ift bie Behauptung unroahr, ba^
ich Poetin 3hres Blattes bin.
frieberifenhof bei Beicbthoh
ben f5. 3aimar f899-
So der Brief der allbekannten Kempner,
Die berühmt durch ihrer Verse
Schwung;
Uns’rer eignen Friederike Klempner
Gaben wir ihn zur Erledigung.
Diese schrieb: ,,0 Du Apollo-
Schwester,
Deren Name mir so ähnlich klingt,
Höre, wie sich mir ein tieferpresster
Schrei aus meinem Dichterbusen ringt.
Nur mit Neid vermag ich es zu fassen,
Dass ein Weib auf einem Pegasus
Geld besitzt in solchen grossen Massen,
Dass man sich davor verkriechen
muss.
Dieser Pegasus, auf dem Du reitest,
Hat Dir soviel abgeworfen schon,
Dass Du es mit Fug und Recht be-
streitest,
Nur zu dichten um profanen Lohn.
Schnuppe sind Dir alle Honorare,
Denn Du bist ja Gutsbesitzerin,
Bist dabei — das ist das Wunderbare —
Höchst zufriedene Agrarierin.
Jener Nothstand, den uns deklamiren
Kanitz, Diederich Hahn und Friedrich
Schoof,
Ist — ich bitte dies zu konstatiren —
Unbekannt in Friederikenhof.
Ich hingegen, ich muss Verse dichten
Nothgedrungen ohne Unterlass,
Möchte drum die Bitte an Dich richten:
Reiche Dichterin, geh’, pump’ mir
was!“
Ein JWaienfest zat* Zeit der J-tohenstaaffen.
Mei n Freund, der Maler, erzählte mir
Folgendes:
Was so ein plötzlicher Vetter aus der
Provinz bedeutet, weiss nur Derjenige,
der ihn auf dem Halse hat. In dieser ange-
nehmen Lage war ich neulich. Schneit mir
da mein Halbcousin -— er heisst Julius —
aus Cammin ins Haus und verlangt, noch
am selben Abend das grosse Künstlerfest:
„Ein Maienfest zur Zeit der Hohenstauffen“
mitzumachen. Billet 20 Mark, Kostüm
historisch echt und märchenhaft theuer.
„Weiter nichts?“ fragte ich, der ich
kaum noch 20 Mark für den angerissenen
Monat übrig hatte.
„Das Weitere wird sich
finden,“ meinte Julius. „Du wirst
mir, Deinem Gast, diese Bitte
nicht abschlagen. Wenn Du
nach Cammin kommst, revan-
chire ich mich.“
„Schön,“ antwortete ich
trocken, „ich gehe also gleich,
das Nöthige zu besorgen.“
Ein spitzbübischer Gedanke
war in mir aufgestiegen: Dem
werde ich ein „Maienfest zur Zeit
der Hohenstauffen“ zeigen, wovon
er noch seinen spätesten Enkeln
erzählen soll.
Ich ging also aus und hatte
bald in Erfahrung gebracht, dass
in einem nahen Tanzlokälchen der
Vergnügungsverein „Quietsch-
vergnügt“ am Abend einenMasken-
ball arrangirte. Herren 0,75,
Damen 0,50 Mark. Gäste will-
kommen. Diese Quietschvergnügten waren
meine Leute. Ich besorgte mir zwei Billets
und ging heim. Dort begann mich Julius so-
gleich wegen des Kostüms zu bombardiren.
„Nur echt, um Gotteswillen echt!“ meinte
er, „denn weisst Du, diese Künstler verstehen
zu viel davon. Ich möchte mich doch nicht
blamiren. Lieber soll Dich die Sache ein paar
Mark mehr kosten.“
„Ganz meine Meinung,“ sagte ich, „sei
nur unbesorgt, ich habe schon an alles
gedacht.“
„Als was gehen wir denn?“ fragte er.
„Als Hohenstauffen, selbstverständlich,“
sagte ich.
„Aber wie?“ fragte er.
„Das wirst Du schon sehen,“ sagte ich.
„Für jetzt entschuldige mich, bitte, ich muss
die Kostüme zusammenstellen.“
Damit schob ich ihn aus dem Atelier.
Ich suchte nun zusammen, was ich an
Krempel besass. Die Ausbeute bestand aus
einem Cylinderhut ohne Krempe, einem
Galanteriedegen, einer alten Flinte, einer
Aelplerhose, einer gewürfelten Tischdecke,
einem altnordischen Armreifen, einem ägyp-
tischen Kopfschmuck, einem Dreimaster und
einem Zuaven-Jäckchen.
Das musste genügen.
Kaum war ich damit fertig, so war auch
Julius schon wieder da. Seine Ungeduld
liess sich kaum mehr zähmen. Schon zwei
Stunden vor Beginn des Festes musste mit
dem Ankleiden begonnen werden.
Ich theilte wahrhaft brüderlich: Ihm den
Cylinderhut, mir den Dreimaster, mir die
Armreifen, ihm den Kopfschmuck, ihm den
Degen, mir die Flinte, mir das Thee-
gedeck, ihm die Aelplerhose, mir das Trikot,
ihm das Zuavenjäckchen u. s. w.
So nun waren wir fertig.
Als Julius sich im Spiegel sah, schüttelte
er den Kopf.
„Ich weiss nicht,“ meinte er, „ist denn
das echt?“
„Urecht!“ antwortete ich. Wir werden
Aufsehen machen. „Anton von Werner hat
mir die Skizzen dafür gemacht.“
„Wahrhaftig? Du kennst ihn also?“
„Wir sind Duzfreunde.“
„Stelle mich ihm heute Abend vor, ja?“
„Aber mit Vergnügen.“
No. 6.
LUSTIGE BLÄTTER.
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