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Die gebundene Regierung
oder: Der neue
Flottenplan vor dem Reichstage.
Der Chef des Marineamts
v. Tirpitz: Meine Herren! Als Sie so
freundlich waren, das letzte Flotten-
gesetz zu berathen und zu bewilligen, sagte
ich Ihnen wörtlich:
„Binden sich denn die verbündeten
Regierungen nicht auch? Giebt es eine
grössere Bindung, als dass man eine Ge-
setzvorlage für die Flotte, die auf organi-
satorischer Grundlage beruht, frei vorlegt?“
Und fast mit denselben Worten erklärte
Fürst Hohenlohe, dass mit der Annahme des
Sexennats der Regierung die Hände gebunden
seien. Es entsteht nun die Frage: Was ist
von einem Abgeordneten zu halten, der
dieses formelle Versprechen der Regierung,
auf jede Mehrforderung zu verzichten, für
ernst und unverbrüchlich genommen hat?
Ich stehe nicht an, einen solchen Ab-
geordneten für ausserordentlich leichtgläubig
zu erklären. Leichtgläubige Leute aber ge-
hören in eine Spiritistenversammlung, nicht
ins Parlament. Wer mir zumuthet, ich solle
zeitlebens mit gebundenen Händen herum-
laufen, der beleidigt mich, und auf eine Be-
leidigung gehört eine Forderung. Dem-
gemäss fordere ich hier auf der Stelle Genug-
thuung und vier neue Panzerschiffe. Zur
BegründungdieserVorlage bitte ich den Staats-
sekretär Grafen Biilow das Wort zu nehmen.
Graf Bülow: Als ich heute dies hohe
Haus betrat, hatte ich die Absicht, für vier
neue Kriegsschiffe zu plädiren und die Re-
gierung damit auf absehbare Zeit für ge-
bunden zu erklären. Seit einer Viertelstunde
indess hat sich die Weltlage mächtig geändert.
Zwischen China und Japan ist eine Kon-
vention zu Stande gekommen, welche die
maritimen Streitkräfte beider Nationen ver-
einigt und dadurch eine Verschiebung des
Schwerpunkts im Osten herbeiführt. Kon-
sequenterweise verlange ich nunmehr nicht
vier, sondern zehn neue Schlachtschiffe im
Betrage von zweihundert Millionen Mark.
Gleichzeitig verbürge ich mich dafür, dass
die Regierung sich bis zur nächsten Woche
jeder weiteren Forderung enthalten wird.
Fürst Hohenlohe: Selbstverständlich
ist dieses Versprechen nur relativ zu nehmen.

Ich empfange nämlich soeben die Nachricht,
dass Russland im Mittelmeer eine Marine-
station zu erwerben gedenkt. Dies ver-
schiebt die europäische Konstellation ganz
erheblich und der deutschen Regierung er-
wächst dadurch die Pflicht, nicht zehn, sondern
achtzehn Linienschiffe von Ihnen zu ver-
langen. Wenn Sie diese ohne Zaudern be-
willigen, will ich Ihnen versprechen . . .
v. Tirpitz: Gestatten Sie mir, Herr
Reichskanzler, den Satz zu vollenden: will
ich Ihnen versprechen, alle Mittel aufzubieten,
die die Weltmachtstellung Deutschlands er-
heischt. Seit mehreren Minuten zeigt nämlich
dieBoussole dereuropäischenPolitik auf einen
kritischen Punkt. Während der Herr Reichs-
kanzler sprach, habe ich zwei Telegramme
bekommen, darunter eins aus Afrika, eins aus
Samoa, die übrigen von den Karolinen, über
deren Inhalt ich nur soviel verrathen will,
dass wir wenigstens fünfundzwanzig Schiffe
über den Flottenplan hinaus in sofortigen
Angriff nehmen müssen.
Graf Bülow: Damit würde sich dann
die Regierung für gebunden erklären, falls
Sie noch fünf weitere Schiffe, also im Ganzen
zweiunddreissig, oder sagen wir in runder
Summe dreiundvierzig Panzer zulegen. Mit
einersolchen Anzahl kämen wir der englischen
Wehrmacht schon erheblich näher. Meine
Herren, es handelt sich hier im Ganzen nur
um eine lumpige Milliarde, ohne der Wohl-
thätigkeit Schranken zu setzen. Diejenigen,
die dafür sind, mögen beim Namensaufruf
mit Hurrah antworten, wer nörgeln will,
gebe dies dadurch zu erkennen, dass er sein
Mandat niederlegt m.
Südafrikanisches Schnadahüpfl.
Lady Smith, Lady Smith,
Was kriegt der Yule mit?
-Einen Yule-Klapp für den Uebermuth,
Der steht dem Yule gar zu gutl

Kleiner Unterschied.
Es giebt zwei Sorten -von Generälen,
Da.s sieht man "wieder in unseren Tagen:
Die einen wissen "von sich zu erzählen.
Die andern, den Vortheil davon zu tragen;
Die einen verstehen das Stilisiren,
Die andern, den Gegner beim Schopf zu kriegen.
Die einen sind Meister im Telegraphiren,
Indess die andern lediglich siegen.

3Die 6rei ^aupcfacbcn.
[3n Siebenberg ift auf Hnoitmung
bes Haifers eine Heubi-arbeitung ber
©per „©beron" doii IDeber in Hingriff
genommen tcorben. Die füuftlerifdjen
Kräfte, bte hierfür in .frage tommen,
finb £jerr 3ntenbant non hülfen,
Kapellmeifier Sediat unb OTajor Sauff.J
Drei Dinge finb es, um biefe bernegt
Sief} all unfer Denfeu imb Sorgen,
R)ir rnerben mit ihnen 511 Bette gelegt,
(Ermacffen mit ihnen am ITTorgen;
(Es gipfelt bes Beides unb bes Staates (Sefdfd:
3n biefem breifadjett Hhcina,
Unb Knlafj giebt es genug 3m Kritif
Das breifad? geflehte problema.
Das erfte: bie flotte! bie £ofung fiel,
Hont fort unb rnirb nidft cerfdftniubeu;
Der Kaifer 3eigte bent Dolfe eilt giel,
Bun gilt es, bie füege 51t ftnbeit.
bjier leuchtet bie flagge ber IDeltmadft empor,
Dort nnrb auf bie Kofteu gemiefeu,
Da flel|en ttod? 3al?lreid?e Kämpfe benor
Unb fdjtuer 311 löfenbe Krifett.
Das juicitc: Kanal junfdjen (Elbe unb Bbciu,
Denn fiel er, erfd?ciut er auf's Heue,
Ein IDort ift cerpfänbet, gelöft mu§ es fein,
Da hdjjt es: ©reue um ©reue;
Dod? ad?, bie Biiubler trogen cereint,
Sie harren bes Kugriffs=Signales,
Bod? uubejumugen ftcht leiber ber ^eiub
Des heifjerfehnten Kanales.
Das britte Problem ift ber „Oberon",
Die ©per t>om König ber (Elfen;
(Es geht fd?on lauge bie Bebe bauou:
IDie ift biefer ©per 311 helfen?
So manche Seite ber Partitur
Derblafte im £aufe ber feiten,
Da mu§ man burcf? eine energifche Kur
Dem Werfe (Senefuitg bereiten.
Die d^agen harren öer Höfling; es fei
(Sernagt bie Prognofe. bie fühlte:
Die ©beron=3rß9e ift fidjer babei
Km nächften bem £öfungstermiue;
Der Kalter unb ©hptß unb Uülotu fogar
Sie ruerbeit auf IPiberftaub flößen.
Da haben es hülfen unb £auff unb Sdßar
Bequemer im (Sanjen unb (Srofeu. m.

Ein wohl = üb erd achter Vorschlag.


Schutz der Markgrafen in der S i e ge s - A I I e e.

No. 46

LUSTIGE BLÄTTER.

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