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Lustige Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands — 31.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.19919#0484

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seltsam weiße Wege wandeln In geborstener Säulen Schatten „Wohl, es zog im Glockenbeben

Ließ michTraum der Sommernacht - Thront das Sinnbild aller Kraft Hier ein neuer Gott ins Land —

Tief im Tale breiten Mandeln, Seine göttlich marmorglatten Doch die alten Götter leben,

Düftreich, ihre Blütenpracht; Glieder nackt und riesenhaft; Die der Rache Glut gekannt.

Um das felsige Gestade Um den Mund ein herb Verachten, Schürt der Haß ein heimlich Sehnen,

Spielen Wellen, leis' und kraus, Und den Blick gesenkt zum Schoß; Fährt dieHandzumSchwertesknauf-

Und der Oelbaum streckt am Pfade A r e s, Gott und Herr der Schlachten, In den Herzen der Hellenen

Seine heil'gen Zweige aus. In den Trümmern, waffenlos. Schlagen sie die Augen auf!

Des Akanthus Blumen räuchern
Rings die Wiesen, sonnenwarm,
Ueber Mohn und Ginster-Sträuchern
Leise summt der Immenschwarm;
Die vom Meerhauch sanft umwehte
Seele hat den Weg erkannt:
Daß ich heil'gen Boden trete,
Und ich bin in Griechenland!

Und es bricht ein leises Stöhnen
Aus dem bartumwallten Mund:
„Fremdling, kommst du mich zu höh-
Weil ich müd'und todeswund? [nen,
Weil sie mir gefesselt haben
Mit der Listen Meisterschaft
Meiner Männer, meiner Knaben,
Meiner Krieger Heldenkraft?

„Weh den übermüt'gen Gästen,
Treue brechend und Vertrag!
In des alten Tempels Resten
Wart' ich auf den großen Tag,
Da durch Delphi's heil'ge Eichen,
Aufruhrkündend, stürmt der Wind,
Und die Götter, meinesgleichen,
Führer dieses Volkes sind;

Fern des Lebens bunter Lüge,
Führt der schmale Felsensteig,
Ueber Stein und Aschenkrüge
Rankt der immergrüne Zweig;
Durch der Tempel Trümmerieste
Führt's mich, Meergesang im Ohr,
Wo der Zug der großen Feste
Einst, zu opfern, schritt empor.

„Nennst du Schurken Ueberwinder
Und geschönt vom Siegesglück,
Die den Hungerschrei der Kinder
Küren sich als Schlacht-Musik?
Deren neid'sche Krämer-Seele
Jedes fremde Glück benagt;
Die das Brot des Feindes stehlen,
Eh' ihr Mut den Sturm gewagt?

„Da von des Olympos Kamme,
Den er schirmend stets geliebt,
Zeus mit seines Blitzes Flamme
Zagenden das Zeichen gibt;
Da Poseidon, den sie schänden,
Hebt sein zornig Angesicht
Und mit den gewalt'gen Händen
Ihres Hochmuts Mäste bricht;

„Da Apoll von gold'ner Leyer
An den Bogen legt die Hand
Und als lächelnder Befreier
Schießt den sicher'n Pfeil ins Land;
Da der alten Götter Liebe
Soll im Sturm den Feind verweh'n —
Hermes nur, der Gott der Diebe,
Wird voll Groll im Winkel stehn!

„Zieh' zu Tal, ein froh Bekehrter,

Der du bang mit Zweifeln nahst;

Sprich, daß du den Herrn der Schwerter

Einsam wartend thronen sahst.

Mag die Nacht der Schmach sich dehnen,

E i n mal bricht der Tag herein,

Da die Götter der Hellenen

Ihr geknechtet Volk befrei'n!" Rudolf Presb.

No. 29
 
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