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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0299
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MAIR VON LANDSHUT

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den Jünglingen kurze Wämser mit an den Ellbogen geschlitzten oder
zwei- bis dreimal gepufften Ärmeln üblich, darüber auf der linken
Schulter ein kokettes, ganz kurzes Mäntelchen. Auf dem tief herabrei-
chenden Haar tragen sie ein rundes Barett mit emporstehender Einzel-
feder, doch kommen auch kurzgeschorene Männer in reiferem Alter
vor. Das Schwert wird mitunter ohne Wehrgehänge an der Hand oder
unter den Arm geklemmt getragen, die Schuhe laufen noch spitz zu,
haben aber keine Schnäbel mehr. Bei den Frauen herrscht die hohe,
die Stirn beschattende Haube, zuweilen mit dem Rissentuch vor.
Auch der breite Kopfputz mit gesäumtem Rand wie beim Hausbuch-
Meister oder ein Stirnband, um die dicken Haarflechten seitlich fest-
zuhalten. Zu den mehr oder minder weit ausgeschnittenen Kleidern
mit Puffärmeln tragen sie Halsketten und am Gürtel das Geld-
beutelchen.
Der Faltenwurf ist nicht sehr brüchig, aber etwas konventionell im
Sinne anderer gleichzeitiger Stecher angeordnet. Schubert sucht hier
den Quellen und Vorbildern des Landshuter Meisters im einzelnen mit
großer Gewissenhaftigkeit nachzugehen.
Ich muß hier betonen, daß mir eine so weitgehende Zergliederung
der einzelnen Arbeiten des Künstlers schon aus räumlichen Gründen
nicht möglich ist, vielleicht aber auch — der Verfasser möge es mir
verzeihen, da sich meine Bemerkung durchaus nicht gegen ihn richtet,
sondern rein objektiv gemeint ist — aus Gründen meiner persönlichen
Auffassung von kunstgeschichtlicher Technik. Die jüngere Generation
scheint mir auf unseren Hochschulen zu einer Systematik erzogen zu
werden, die zwar sehr wissenschaftlich sein mag, aber durch eine
Häufung gelehrter Ausdrücke, mit der auch das Kleinste beschrieben
und das Selbstverständliche begründet werden muß, außerordentlich
ermüdend wirkt. Unter diesen peinlich genauen Auseinandersetzungen
leidet aber, meines Erachtens, die Klarheit der Beweisführung und das
Interesse an der Kunst überhaupt. Diesen Bedenken muß ich schon
einmal aus rein prinzipiellen Gründen hier Raum geben.
Die Landschaft beschränkt sich, wo sie nicht zu umgehen ist, auf das
notwendigste. Weite Blicke ins hügelige Land oder ein horizontal
schraffierter Meeresspiegel werden durch steil emporragende Felsen
 
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