ERSTER TEIL
Voraussetzungen
I. Stand der Porzellanforschung
1. Die Darstellungen zur Geschichte der Porzellankunst
Das Porzellan ist erst relativ spät mit Hilfe der kunstwissenschaftlichen
Methoden erforscht worden. Der Grund hierfür liegt in der geringen Bewertung
des Kunstgewerbes seit der französischen Revolution. Nach 1789 wurde
das freie Künstlertum vom Handwerklichen erstmalig geschieden, die „freie“
oder „hohe“ Kunst nämlich von der „angewandten“ Kunst und dem „Kunst-
gewerbe“1. Die systematischen kunsthistorischen Studien erstreckten sich bis zum
Ausgang des 19. Jahrhunderts fast nur auf die Bildwerke der „freien“ oder
„hohen“ Kunst.
Als erster hat Gottfried Semper das Kunstgewerbe einer eingehenden Betrach-
tung in seinem Werk „Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten
oder praktische Ästhetik“ gewürdigt2. Seine Arbeit beschränkte er aber bewußt
auf die „praktische Ästhetik“, d. h. historische Studien wurden nur dann in die
Betrachtung aufgenommen, wenn sie als Vorbild für die zu erstrebende neue
Gestaltung herangezogen werden konnten.
Den ersten „Grundriß der Keramik“ in bezug auf das Kunstgewerbe
schrieb Friedrich Jaenicke. Das Werk wurde 1879 in Stuttgart verlegt. Dem
Porzellan ist ungefähr ein Achtel der Betrachtung eingeräumt. Hiermit wurde
erstmalig der Versuch unternommen, innerhalb eines größeren Werkes auch die
Geschichte des Porzellans darzustellen3. Die späteren kunsthistorischen Studien
über das Kunstgewerbe, speziell über die Keramik, schrieben meistens die
Leiter oder Assistenten kunstgewerblicher Museen. An den Universitäten wurde
erst in jüngster Zeit das Kunstgewerbe in die Forschung aufgenommen.
Kunsthistorische Studien allein über das Porzellan gibt es erst seit der
Jahrhundertwende. Die erste bedeutende Arbeit dieser Art schrieb Karl Berling
im Jahre 1900 über „Das Meißener Porzellan und seine Geschichte“. Seine Studien
1 Kurt Dingelstedt (Kunst und Handwerk ,Gedanken über das Handwerk von
Möser bis Gropius’, Hamburg o. J. [1950] S. 5) setzt die Entstehung des Wortes
„Kunstgewerbe“ in die Zeit der Pariser Weltausstellung 1855.
2 Band II, die „Keramik“, München 1878—1879.
3 Ein weiteres wesentliches Handbuch über das Kunstgewerbe mit Einschluß des euro-
päischen Porzellans und Steingutes brachte Justus Brinckmann im Jahre 1894 in
Hamburg heraus.
Voraussetzungen
I. Stand der Porzellanforschung
1. Die Darstellungen zur Geschichte der Porzellankunst
Das Porzellan ist erst relativ spät mit Hilfe der kunstwissenschaftlichen
Methoden erforscht worden. Der Grund hierfür liegt in der geringen Bewertung
des Kunstgewerbes seit der französischen Revolution. Nach 1789 wurde
das freie Künstlertum vom Handwerklichen erstmalig geschieden, die „freie“
oder „hohe“ Kunst nämlich von der „angewandten“ Kunst und dem „Kunst-
gewerbe“1. Die systematischen kunsthistorischen Studien erstreckten sich bis zum
Ausgang des 19. Jahrhunderts fast nur auf die Bildwerke der „freien“ oder
„hohen“ Kunst.
Als erster hat Gottfried Semper das Kunstgewerbe einer eingehenden Betrach-
tung in seinem Werk „Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten
oder praktische Ästhetik“ gewürdigt2. Seine Arbeit beschränkte er aber bewußt
auf die „praktische Ästhetik“, d. h. historische Studien wurden nur dann in die
Betrachtung aufgenommen, wenn sie als Vorbild für die zu erstrebende neue
Gestaltung herangezogen werden konnten.
Den ersten „Grundriß der Keramik“ in bezug auf das Kunstgewerbe
schrieb Friedrich Jaenicke. Das Werk wurde 1879 in Stuttgart verlegt. Dem
Porzellan ist ungefähr ein Achtel der Betrachtung eingeräumt. Hiermit wurde
erstmalig der Versuch unternommen, innerhalb eines größeren Werkes auch die
Geschichte des Porzellans darzustellen3. Die späteren kunsthistorischen Studien
über das Kunstgewerbe, speziell über die Keramik, schrieben meistens die
Leiter oder Assistenten kunstgewerblicher Museen. An den Universitäten wurde
erst in jüngster Zeit das Kunstgewerbe in die Forschung aufgenommen.
Kunsthistorische Studien allein über das Porzellan gibt es erst seit der
Jahrhundertwende. Die erste bedeutende Arbeit dieser Art schrieb Karl Berling
im Jahre 1900 über „Das Meißener Porzellan und seine Geschichte“. Seine Studien
1 Kurt Dingelstedt (Kunst und Handwerk ,Gedanken über das Handwerk von
Möser bis Gropius’, Hamburg o. J. [1950] S. 5) setzt die Entstehung des Wortes
„Kunstgewerbe“ in die Zeit der Pariser Weltausstellung 1855.
2 Band II, die „Keramik“, München 1878—1879.
3 Ein weiteres wesentliches Handbuch über das Kunstgewerbe mit Einschluß des euro-
päischen Porzellans und Steingutes brachte Justus Brinckmann im Jahre 1894 in
Hamburg heraus.