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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Oelgemälde und Aquarelle erster Meister unsrer Zeit: Kunstgegenstände ; ohne Ausnahme aus dem Nachlasse des Herrn A. Reimann, Berlin ; Versteigerung: 4. und 5. November 1902 — Berlin, Nr. 1313.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.17707#0008
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Die Kunstsammlung A. Reimann.

n den Zeiten der höchsten Kunstblüthe in den Kulturländern des europäischen
Kontinents, im 15.—17. Jahrhundert, beseelte jene leidenschaftliche Kunst-
liebe, welche sich nicht nur in der Freude an der Betrachtung der Meister-
werke, sondern auch im Streben, sie zu erwerben und zu sammeln,
bethätigte, ebenso wie die weltlichen und geistlichen Grossen und Vor-
nehmen auch manche durch Handel und Gewerbe zu Reichthum ge-
langten Stadtbürger. Die gleiche Erscheinung zeigt sich auch im 19. Jahrhundert und
unseren Tagen in den Städten derselben Länder, ja auch Russlands. Wir sehen ver-
mögende Grosskaufleute und Industrielle, Kunst- und Gewerbetreibende nicht selten
einen nicht geringen Theil ihres Einkommens zur Anlage bedeutender Kunstsammlungen
verwenden. Die Einen sammelten diese Schätze ausschliesslich zu eigenem Genuss.
Andere liessen auch das kunstfreundliche Publikum mitgeniessen, indem sie ihre Galerien
an bestimmten Tagen dem allgemeinen Besuch öffneten. So hielt es der verstorbene
schwedische Generalkonsul Wagner, der Chef der Bankfirma Anhalt und Wagner in
Berlin, mit seiner im zweiten Viertei des vorigen Jahrhunderts weitberühmten Sammlung,
die er bekanntlich später dem Staat zum Geschenk machte, damit sie den Grundstock
einer von diesem zu begründenden Nationalgalerie bilde. So hält es noch heute, wie
vor ihm sein Vater und sein Grossvater, der Geheime Kommerzlenrath Ravend in Berlin
mit der an trefflichen Schöpfungen vieler der ersten Maler des 19. Jahrhunderts ausser-
ordentlich reichen, von dem einen begründeten, von dem anderen und ihm, dem S
beständig vermehrten Gemäldegalerie.

Auch die interessante Sammlung von Gemälden hervorragender deutscher und
einiger weniger fremdländischer Künstler des vorigen Jahrhunderts, wie von zahlreichen
anderen Kunstgegenständen, welche am 4. und 5. November d. J. im Kunst-Auctions-
H ause von Rudolph Lepke unter den Hammer kommt, ist von einem kunstfreundlichen
Berliner Bürger, dem früheren Dekorationsmaler und Meister der Kunststickerei,
Adolf Reimann (geboren 23. Juni 1828) begründet gewesen. Sie gehört zum
Nachlass des jüngst Verstorbenen. Es ist die zweite, welche der Genannte zusammen-
gebracht hat. Die erste liess er vor mehreren Jahren im Lepkeschen Kunst-Auctions-
H ause versteigern. Aber kaum hatte Adolf Reimann sich dieses künstlerischen Besitzes
entäussert, so erwachte in ihm die alte Sammlerlust mit frischer Stärke, und bald hatte
er die versteigerten Gemäldeschätze durch neu erworbene von nicht geringerem Kunst-
werth ersetzt, die nun zum Zwecke der Erbtheilung desselben Weges wie jene erste
Sammlung gehen sollen. Der Verstorbene hatte in seiner eignen künstlerischen Thätigkeit
und in wiederholtem Aufenthalt in Paris und in Italien sein Kunstverständniss und seinen
Geschmack zu grosser Feinheit entwickelt. Er schwur nicht auf ein besonderes ästhetisches
Dogma, sondern bewahrte sich sein unbefangenes eigenes künstlerisches Urtheil und liess
sich in seinen Neigungen, in der Wahl seiner Liebbngsmeister nicht durch die gerade
herrschende Mode bestimmen. Die hier in dieser Sammlung Vertretenen sind Künstler,
 
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