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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Sammlung Adalbert Matkowsky, Berlin: Versteigerung: Dienstag, den 15. Februar 1910, Mittwoch, den 16. Februar 1910 — Berlin, Nr. 1569.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.15211#0012
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nicht, eben weil sie ihm gleichgültig blieb. Von außen gesehen war es eine
Mietswohnung, wie tausend andere, die das moderne Bedürfnis gleichmäßig
hervorbringt, aber innen war es ein Palast, eine Kapelle, eine Trinkstube, eine
Rüstkammer, bei allem Reichtum des Einzelnen, Seltenen und Kostbaren etwas
durchaus Einheitliches, geprägt durch das Verlangen einer bis zur Wildheit
großartigen Persönlichkeit nach prunkender Kraft. Es war ganz natürlich, daß
Matkowsky sammelte, und wer den Künstler kennt, wird sofort wissen, was
er seiner Natur nach sammeln mußte. Er liebte das Volle, Schwere, Prächtige,
und selbst eine Renaissancenatur, siedelte er sich in der Zeit an, die uns
besonders männlich und kraftvoll scheint, in der Zeit seines Shakespeare, die
die mächtigsten Künstlernaturen, die unbedenklichsten Helden und Eroberer
hervorgebracht hat, bevor die europäische Gesellschaft höfisch und dann
bürgerlich wurde. Seine mit sicherem Geschmack gepflegte Neigung ging auf
gotische Skulpturen der reifen Spätzeit des ausgehenden Mittelalters, vor allem
aber auf die Hervorbringungen der Renaissance, ob es nun niederrheinische
Truhen, Danziger Silbergeräte, italienische Majoliken oder flandrische Gobelins
waren. Die Eitelkeit hat bei diesem Sammler gar keine Rolle gespielt; er pflegte
seine Schätze nicht zu zeigen und auszustellen. Sie mußten ihm dienen als
seiner Persönlichkeit angemessen, sie schufen ihm die charaktervolle Umgebung,
die selbstgenügsame Abgeschlossenheit, in der die Gebilde seiner Phantasie,
die Wandlungen seines Genius durch die Seelen von so vielen Helden und
Königen sich gestalteten. In dieser Rüstung dachte er sich seinen Percy, mit
jener Armbrust bewaffnete er seinen Teil, der schwere Humpen war für Götz
geräumig genug, und das würdige Pergament hätte Faust entrollen können.
Es war keine Sammlung im gewöhnlichen Sinn, womit immer der Begriff des
konkurrierenden Wetteifers oder der Schaustellung verbunden bleibt, es war
die höchst persönliche und natürliche Vergegenständlichung eines Menschen
und Künstlers, der sein Gesetz nicht vom Tage nahm, der sein Maß zeitlos
von allem Großen empfing. Der Meister ist tot, und die geheimnisvolle Werk-
statt, die schon bei seinen Lebzeiten die Legende umwisperte, hat sich geöffnet.
Alles, woran sein Königsauge hing, worüber seine Hand zärtlich zu streifen
pflegte, verstreut sich nun in die Welt, und es ist, als ob er zum zweiten Male
von uns ginge.

ARTHUR ELOESSBR.
 
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