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VORWORT.

„Der Alten Kunst, gar lang’ versteckt,
Hab’ ich hier wicder aufgedeckt,

Daß sie nun lacht in alter Pracht
Und mir und andern Freude macht.“

n diesen von ihm erdachten Worten ist der ideale Teil des Lebens-
werkes eines Mannes gegeben, der, inmitten rastlosen Handels-
getriebes, an der Eigenart Altdanziger Kunst zum begeisterten
Sammler wurde.

Am 10. Januar 1830alsSproßeiner Kaufmannsfamiliegeboren,
die seit 1759 in Wloslawek in Russisch-Polen ansässig war, nahm
Lesser Gieldzinski um 1860 seinen Wohnsitz in Danzig, dem damaligen Haupt-
stapelplatz der russischen Gbtreideeinfuhr und der Versorgung Englands mit Brot-
korn. Sein hier begründetes Handelshaus erwuchs bald zu großer Blüte; schon
1862 finden wir ihn in der Korporation der Kaufmannschaft, wo er ebenso wie
an der Börse ein bekanntes Mitglied war. In dieser Umgebung, die zu der Zeit
eine fast unausgeschöpfte Fiille köstlicher Erzeugnisse des Kunstgewerbes aus
drei Jahrhunderten besaß, erwachteseinSammeleifer nach einer Anregung seitens
eines Freundes. Mit der Erwerbung des Patrizierhauses Langgasse 29, welches
im 17. Jahrhundert der Ratsfamilie Freder gehörte, war der stilechte Rahmen
geschaffen, der seine mehr und mehr anwachsende Sammlung aufnahm. Sieben
große Räume fiillte er hier mit Kostbarkeiten, und er machte gern den liebenswiir-
digen Fiihrer und Erklärer, wenn erbei dem Besucher Verständnis wahrnahm.

Wiederholt empfing er den Besuch hochgestellter Personen. Kaiser
Wilhelm II. und die Kaiserin haben manche Stunde in dem einzigartigen Heime
zugebracht, welches die hochwertigen Erzeugnisse Altdanziger Kunstfleißes in
seltener Geschlossenheit der zeitlichen Folge vereinigte. Die ihm verliehenen
hohen Auszeichnungen galten nicht so sehr der verdienstvollen Sammlertätigkeit,
als vielmehr der Förderung des Kunstverständnisses und seiner edlen Freigebig-
keit, wenn es galt, Stätten der Kunst in Danzig, Denkmalbauten, wie die Marien-
burg, mit kennzeichnender Ausstattung zu beleben.

Gieldzinski war eine interessante Persönlichkeit. Wie wir ihn hier im
Bilde sehen, mit den gütigen, klugen Augen, dem fein beobachtenden Ausdruck,
so war er jedermann bekannt. Wenn es idealistische Lebensführung bedeutet,
innerhalb der Grenzen seiner Tatkraft und seines Intellekts das höchste Ziel zu
erreichen, so ist esihm bei denachtzig Jahren seines Lebens beschieden gewesen.

Gehen nun auch die Gegenstände der Sammlung in alle Welt hinaus,
ihre Aufgabe in der Zeit ihrer räumlichen Geschlossenheit ist erfiillt; jedes

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