Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]: Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Galerie alter Meister, Geheimrat Joh. Stumpf, Berlin: Versteigerung: Dienstag, den 7. Mai 1918 (Berlin, Nr. 1805.1918)

seiner Tochter die ganze Sammlung, die er damals besaß, mit in die Ehe
gegeben, als sie sich mit dem Geheimen Regierungsrat Dr. Johannes
Stumpf vermählte. Diese Sammlung ist es, die jetzt im gleichen
Auktionshaus zur Versteigerung kommt. Sie war von vornherein die
bedeutendere von beiden und hat seither noch durch mehrere hervor-
ragende Erwerbungen des jetzigen Besitzers an Wert gewonnen.

Die Sammlung Stumpf zählt gerade hundert Bilder, über die
Dr. Plietzsch's Katalog gewissenhafte Auskunft gibt. Bis auf ein reizvolles
kleines Bild von Lucas Cranach, ein kleines, früher dem A. Moro zu-
geschriebenes Männerporträt und zwei besonders tüchtige Bilder von
Platz er, „Malerei" und „Plastik", gehören sie sämtlich niederländischen
Malern des XVII. Jahrhunderts, zumeist holländischen Künstlern an. Das
Hauptwerk ist ein großes Porträt von A. van Dyck von gehaltvoller
Wirkung, ein sorgfältiges Jugendwerk ganz im Anschluß an Rubens. Die
als Vorlage für den bekannten Stich der Ikonographie entstandene kleine
Skizze des Grafen von Feria zeigt diesen vornehmen Mann in besonders
energischer Auffassung. Unter den Bildnissen sind ferner nicht weniger
als drei tüchtige Porträts von der Hand des Janssen van Ceulen her-
vorzuheben. Von den populärsten Genre-Kompositionen des Frans Hals
hat die Sammlung eine kleine flotte Replik aufzuweisen. Reich und gut sind
die Gesellschaftsmaler vertreten: Pieter Codde mit drei Bildern,
A. Palamedesz und Duyster mit je einem Bilde. Von einem treff-
lichen Meister dieser Richtung muß auch das reiche Familienporträt im
Stile der Gesellschaftsstücke herrühren, das bisher als ein Werk des
Thomas de Keyser galt. Vielleicht war J. M. Molenaer der Maler, von
dem auch ein anderes tüchtiges Bild vorhanden ist. Von Adriaen van
Ostade, von seinem Bruder Isack, von Jan Steen (zwei) und von
Pieter Bloot finden sich charakteristische Interieurs; der eine der beiden
J. Steen ist besonders farbig. Ein sehr interessantes Bild ist das Stall-
innere mit vielem Beiwerk von Cornelis Saftleven, in dem David
Teniers die Figuren gemalt hat. Das Bild entstand also, als der junge
Saftleven einige Jahre in Antwerpen sich aufhielt, wo auch Rubens ihn
so sehr schätzte, daß er ihm eine Reihe seiner Gemälde staffierte.

Sehr reich vertreten sind die holländischen Landschaftsmaler, voran
die Haarlemer. Da ist zunächst eine frühe interessante Landschaft von
Jacob Ruisdael, dann von A. van Everdingen, Salomon Ruysdael,
Jan van Goyen, A. van der Neer je zwei tüchtige Bilder, andere
von R. de Vries, Cornelis Decker (besonders gut), von Avercamp,
zwei von Wynants u. a. m. Eine treffliche, baumreiche Landschaft, die als
Hobbema galt, ist vielleicht von dem seltenen Maler A. van Borssom.
Auch die beiden Landschaften von Jan Both und Jan Hackaert sind
in ihrer Art vorzüglich. Von den Malern, die ihre Landschaft mit reicher
Staffage ausstatten, sind Berchem, B. Gael, K. du Jardin und
Ph. Wouwermans gut vertreten; unter den beiden Bildern des letzteren
ist namentlich das „Satteln zum Ausritt" besonders reizvoll. Ein Bild
des alten G. Hondecoeter hat das besondere Interesse, daß die seit
zwei Jahrhunderten ausgestorbene Dronte getreuer als einigemale von
R. Savery, darauf wiedergegeben ist. Unter den Tierbildern und Stilleben
sind gute Werke von M. Hondecoeter (zwei), von den beiden de Heem
u. a. Unter den vlämischen Bildern, soweit sie nicht schon erwähnt
wurden, sind namentlich das „Tote Wild" von Jan Fyt und die Land-
schaft von D. Teniers beachtenswert.

Hoffentlich wird die Versteigerung dieser Sammlung Veranlassung
geben, daß neue Sammlungen in der gleichen Richtung sich bilden.

W. v. Bode.