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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Editor]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Galerie alter Meister, Geheimrat Joh. Stumpf, Berlin: Versteigerung: Dienstag, den 7. Mai 1918 — Berlin, Nr. 1805.1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.15998#0003
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Seit kaum einem halben Jahrhundert, eigentlich erst seit dem französischen
Kriege, entstand allmählich über ganz Deutschland eine Reihe von
Sammlungen alter Gemälde, deren Sammler ohne besondere Ansprüche
und ohne hohe Preise anzuwenden, mit Verständnis die Gelegenheit
zur Erwerbung alter Kunstwerke, die sich damals in Deutschland, wie im
Ausland recht häufig bot, auszunützen verstanden. Ausschließlich aus der
Freude an der Kunst und der Sammellust hervorgegangen, bildeten diese
Sammlungen die unentbehrliche, liebe Umgebung ihrer Besitzer, an denen
sie nähere Bekannte und besondere Kunstfreunde den Mitgenuß gern
haben ließen. Nicht auf große Namen fahndeten diese Sammler, sondern
auf Bilder, die ihrem Geschmack entsprachen und die ihnen zugleich
etwas sagten. Was sie im Laufe der jähre zusammenbrachten, waren
zumeist Werke kleinerer Meister der niederländischen Schulen des 17. Jahr-
hunderts, seltener ältere deutsche und altniederländische Bilder, die zu-
gleich einen anmutigen Schmuck ihrer mit altem Hausrat ausgestatteten
einfachen bürgerlichen Wohnungen bildeten. Unter diese ansprechenden
Gemälde zweiter Meister fanden sich aber nicht selten auch Werke von
ersten Künstlern, wenn auch nicht gerade große Hauptstücke von ihnen;
dennoch konnte man einen Frans Hals oder selbst einen kleinen
Rembrandt, einen Brouwer, einen frühen Jacob Ruisdael u. s. f. um
einige tausend, ja gelegentlich selbst um einige hundert Mark erwerben-
Nach ein paar Jahrzehnten hatte sich das Bild der Privatsammlungen
in Deutschland wesentlich verändert. Die Gemälde alter Meister
suchte man je^t für geräumige große Wohnungen, für Villen oder
selbst für einen besonderen Galerieraum; sie mußten daher höheren
Anforderungen entsprechen und zugleich dekorative Zwecke erfüllen.
Man wünschte vor allem die großen Meister und auch diese womöglich
in hervorragenden Werken vertreten zu haben. Die kleinen, intimen
Meister, welche sich zum harmlosen Schmuck kleiner Zimmer besonders
eigneten, kamen bei diesem Sammeln meist zu kurz.

Gewiß wollen wir diese Änderung des Geschmackes, die Steigerung
der Ansprüche an Meisterschaft und Qualität, durch die Deutschland in
wenigen Jahrzehnten in den Besitz einer Reihe sehr ansehnlicher, mit
manchen berühmten Sammlungen des Auslandes wetteifernder Privat-
galerien gekommen ist, keineswegs beklagen, aber bedauerlich ist es doch,
daß darüber die Freude und die Pflege an jenen kleinen, intimeren
Sammlungen von Werken zweiter Meister sich mehr und mehr verloren
haben, daß die besten Werke daraus für jene neuentstehenden großen
Sammlungen, wie die Rosinen aus dem Kuchen herausgeholt wurden,
und die Sammlungen dann allmählich versteigert worden und ihre Bilder
meist ins Ausland gekommen sind. Neue Sammlungen der Art sind aber
leider nur ganz wenige entstanden.

Solche Galerien waren besonders zahlreich am Rhein, wo damals
noch der alte Besitz an Kunstwerken wie die Nähe des Kunstmarktes in
Holland, Belgien und Paris ihre Bildung besonders erleichterte. Eine
dieser Sammlungen — und zwar eine der wenigen in neuerer Zeit ent-
standenen — ist im verflossenen Jahr hier in Rudolph Lepke's Kunst-
auktionshaus versteigert worden: die Sammlung des kurz vorher ver-
storbenen Geheimen Medizinalrats Dr. Hölscher-Mühlheim. Es war aber
nicht die einzige, nicht die erste Galerie, die dieser leidenschaftliche
Sammler zusammengebracht hatte: mehr als ein Jahrzehnt vorher hatte ei

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