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Leuchtkugeln: Randzeichnungen zur Geschichte der Gegenwart — 2.1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.29849#0132
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Soll trotzen ich noch mehr den Schicksalswellen,

Wo man bezahlt wird unter der Kritik?

Nein! dreimal nein! ich schwör's bet allen Göttern,
„Leb' wohl, Madrid! nie wende sich dein Glück!"
Doch der Beruf? der ferner fich're Hort?

Hier stock' ich schon, ich kann nicht weiter fort.

Volksredner? und Minister dann im Staat? —

Nein! das geht nicht! — Wie wär's — wenn ich— Soldat?
Nein — oder kühner Demokrat — ?

Sehr groß! doch zu gefährlich — in der That.

Hinweg damit! auf einmal seh' ich Rath,

Verzeih mir's Gott! — ich werde Literat.

Zerbrochen find die Stufen von der Leiter
Die mich sollt führen auf des Ruhmes Höh,

Erster Liebhaber

(als Hamlet).

Sein oder Nichtsein! das ist hier die Frage,

Wohin wird mich das Schicksal wohl noch schleudern?

Zu Ritterlin, zum Crustus oder Tölde,

Zum schönen Dittrich oder gar zu Schneidern?

O Unbestand! dein Nam' ifi Hoftheater.

Spielhonorar! Chimaire, eitler Tand!

Contract auf Lebenszeit in meiner Tasche,

Und keinen, keinen Kreuzer in der Hand.

Aus, ewig aus! sogar der Jntendant,

Er ging zurück mit seinen sieben Orden,

Jst wieder, was bei Hof er einstens war,

Jst Jntendant — vom Pferdestall geworden. —

Auch ich entsag, denn — Hunger, ach! thut weh!
Jch geh zurück! — ich werde wieder Schneider.

ha! Director! selbst Theaterdirector!
ein Director nicht, wenn er Concefsion hat? — Wenn die
Einnahmen auch flau find, wenn dieMitglieder vor Hunger Au-
gen machen wie die Eule im Freischütz, der Director hat immer
Etwas. Comödie auf Th eilung. Jch ein Drittel auf meinen
Theil, ein Drittel für Garderobe, Theater und Veleuchtung und
voni letzten Drittel noch stille Abkneipung, es geht, es ist gegan-
gen, es wird gehen! Und wenn gar nichts hilft, wenn die fürch-
terlichen Titel meiner Stücke nicht ziehen, o! so komm du

Intriguant

(alö Franz Moor).

Es dauert mir zu lange — die Leute sagen: das
Theater sei im Umkehren, das find Fissematenten, es wird
von Tag zu Tag schlechter, es ist schon ganz alle. Darum
weg von den Brettern, von den heißen, fort, in's bürgerliche
Leben. Aber was anfangen? Jch habe nichts gelernt und
nichts vergessen! — Sinne nach, Moor! — Wie wäre es,
wenn ich Banquier würde? — da ist das Handwerkszeug so
theuer. — Weinreisender? die Weinproben nippte ich alle
selbst aus. — Nach Amerika? — da muß man arbeiten. —
Colporteur? Subscribentensammler? >— da wird man oft
zur Thüre hinausgeworfen. — Was? sind dieß all die Ei-
senbahnen zum Glück des Menschen? sind die Locomotiveschon
alle erschöpft? find die Billets zur ersten und zweiten Klasse
schon alle vergriffen? (tlef athinend) Wie? was? — Nein!
Was kann

mir zu Hilfe: Credit, und du, Pump! höllische Eume-
nide, die den Philister mit Riesenarmen umklaftert und den
Bettler zum Millionär macht. So fall ich Streich auf
Streich das Publikum und die Histrionen meiner Bühne
Und wenn die Erecutoren kommen, um fich an meinem

an

Werke zu vergreifen, sie finden nichts, denn — da wird
vorher das ganze Werk durch einen Scheinverkauf an meine
Frau gebracht. Triumph! Triumph! der Plan ist fertig,
bis der Fuhrmann zuletzt schließt mit — dem Durchgehen.

Erste Fiebhaberm

(alö Jungfrau von Orleans).


Die Rollen ruhn, die Jnstrumente schweigen,

Jn's Reich der Schatten zog sich selbst der Tanz,

Hin nach dem Pfandhaus wandern Baß und Geigen,
Verloschen ist der deutschen Bühne Glanz.
 
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