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kunst ausgeführt, wird zwar dieselbe seyn, welche auch für jedes gute hi-
storische Gemälde erforderlich ist, aber die Bedingungen der Bildhauerkunst
werden der Anordnung des Ganzen und des Einzelnen gewisse Eigenthüm-
lichkeiten verleihen müssen, und dadurch die Grenzen genauer bestimmen,
innerhalb welcher nur eine zweckmäfsige statuarische Darstellung der Art
möglich merden kann, Anordnung und Ausführung wird sich dahei ?ve-
sentUch von der blofs wählerischen d; h. wie sie dem Mahler auf der Tafel
durch seine Farbenkunst möglich und zweckmäfsig wird, unterscheiden.
Indem die Bildhauerkunst nur einzig und allein durch die Darstellung
von erhobenen und gerundeten Formen wirken kann, so Hegen Vorstellun-
gen solcher Gegenstände, die durch die weitere Entfernung vom Auge den
Charakter runder Werke verlieren und ihren Abstand vom Auge nur durch
eine unter diesen Umständen eigentliümliche Modifikation der Farbe, also
durch Farbe überhaupt nur, zu erkennen geben, gänzlich aufserhalb des Ge-
biets der Bildhauerkunst. Ein Grund, weshalb die Perspektive auf den mei-
sten Reliefs der Alten mit Recht umgangen und höchstens nur in mäfsigen
Entfernungen symbolisch weise angedeutet wurde, Da also die Bildhauer-
kunst auf alle Wirkungen Verzicht leisten mufs, welche der Maliler auf sei-
nen Flächen durch den Zauber des Lichts und Schattens und der davon
abhängenden Kraft des Helldunkels und die Abstufungen der Farbentöne in
den Entfernungen zu erreichen sich bestreben mufs; folglich alle Gegen-
stände, welche der Bildhauer darstellt, auf eine nahe Ansicht und Beschau-
ung berechnet werden: so gehen daraus andere Bedingungen für den Bild-
hauer und eine andere Anordnung seiner Werke hervor. Hierzu kommt
noch, dafs, der Betrachter eines Gemäldes mag eine Stelle vor demselben
zum Standpunkte seiner Beschauung erwählen, welche er will, dennoch die
Stellung des Einzelnen und die Anordnung des Ganzen vor seinen Augen
sich nie verändert, sondern immer dieselbe bleibt; welches mit Werken der
Bildhauerkunst, wie Jedermann weifs, sich ganz anders verhält. Vor ih-
nen gewährt ein veränderter Standpunkt eine andere Ansicht des Einzelnen
und des Ganzen; aber weil nicht jede die vortheilhafte ist, so kann auch
nicht jede Ansicht für die Wirkung des ganzen Werks dem Meister des-
selben gleichgültig seyn; woraus in Hinsicht auf Verbindung und Anord-
nung eine neue Pflicht für den Bildhauer entsteht, durch welche der Mah-
ler, wenigstens nicht in demselben Grade, gebunden wird, *) Das, um
diesen Gegenstand zuvor in der Theorie so viel als möglich, ganz ins
Klare zu bringen, wodurch sieh diesen Betrachtungen zufolge, in Hinsicht
auf Komposition gröfserer Werke dramatischen Inhalts, die statuarische Be-
*) Die Folge wird zeigen, dafe die alten Bildhauer darauf ein vorzügliches Augenmerk richteten
und besondere Anstalten trafen, um der Wirkung ihret Werke zu Hülfe zu kommen.
kunst ausgeführt, wird zwar dieselbe seyn, welche auch für jedes gute hi-
storische Gemälde erforderlich ist, aber die Bedingungen der Bildhauerkunst
werden der Anordnung des Ganzen und des Einzelnen gewisse Eigenthüm-
lichkeiten verleihen müssen, und dadurch die Grenzen genauer bestimmen,
innerhalb welcher nur eine zweckmäfsige statuarische Darstellung der Art
möglich merden kann, Anordnung und Ausführung wird sich dahei ?ve-
sentUch von der blofs wählerischen d; h. wie sie dem Mahler auf der Tafel
durch seine Farbenkunst möglich und zweckmäfsig wird, unterscheiden.
Indem die Bildhauerkunst nur einzig und allein durch die Darstellung
von erhobenen und gerundeten Formen wirken kann, so Hegen Vorstellun-
gen solcher Gegenstände, die durch die weitere Entfernung vom Auge den
Charakter runder Werke verlieren und ihren Abstand vom Auge nur durch
eine unter diesen Umständen eigentliümliche Modifikation der Farbe, also
durch Farbe überhaupt nur, zu erkennen geben, gänzlich aufserhalb des Ge-
biets der Bildhauerkunst. Ein Grund, weshalb die Perspektive auf den mei-
sten Reliefs der Alten mit Recht umgangen und höchstens nur in mäfsigen
Entfernungen symbolisch weise angedeutet wurde, Da also die Bildhauer-
kunst auf alle Wirkungen Verzicht leisten mufs, welche der Maliler auf sei-
nen Flächen durch den Zauber des Lichts und Schattens und der davon
abhängenden Kraft des Helldunkels und die Abstufungen der Farbentöne in
den Entfernungen zu erreichen sich bestreben mufs; folglich alle Gegen-
stände, welche der Bildhauer darstellt, auf eine nahe Ansicht und Beschau-
ung berechnet werden: so gehen daraus andere Bedingungen für den Bild-
hauer und eine andere Anordnung seiner Werke hervor. Hierzu kommt
noch, dafs, der Betrachter eines Gemäldes mag eine Stelle vor demselben
zum Standpunkte seiner Beschauung erwählen, welche er will, dennoch die
Stellung des Einzelnen und die Anordnung des Ganzen vor seinen Augen
sich nie verändert, sondern immer dieselbe bleibt; welches mit Werken der
Bildhauerkunst, wie Jedermann weifs, sich ganz anders verhält. Vor ih-
nen gewährt ein veränderter Standpunkt eine andere Ansicht des Einzelnen
und des Ganzen; aber weil nicht jede die vortheilhafte ist, so kann auch
nicht jede Ansicht für die Wirkung des ganzen Werks dem Meister des-
selben gleichgültig seyn; woraus in Hinsicht auf Verbindung und Anord-
nung eine neue Pflicht für den Bildhauer entsteht, durch welche der Mah-
ler, wenigstens nicht in demselben Grade, gebunden wird, *) Das, um
diesen Gegenstand zuvor in der Theorie so viel als möglich, ganz ins
Klare zu bringen, wodurch sieh diesen Betrachtungen zufolge, in Hinsicht
auf Komposition gröfserer Werke dramatischen Inhalts, die statuarische Be-
*) Die Folge wird zeigen, dafe die alten Bildhauer darauf ein vorzügliches Augenmerk richteten
und besondere Anstalten trafen, um der Wirkung ihret Werke zu Hülfe zu kommen.