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Das Schloß Kirchheim.

etwas von der sonstigen Augsburger Bauweise durch die „welsche
Manier“ Abweichendes charakterisieren wollte. Doch ist es für die
eigentliche Tätigkeit Wendel Dietrichs viel wichtiger, zu wissen^
daß er bei beiden Bauten 1573 wie 1586 nicht am Werk selbst
tätig war, sondern nur die Entwürfe lieferte, womit seine Beteili-
gung jedesmal beendigt war. Eine solche Tätigkeit können wir
auch bei einem Schreinermeister, der, wie wir noch später sehen
werden, architektonisches Gefühl besaß, verstehen. Bautechnische
Kenntnisse dagegen hat er als gelernter Schreiner offenbar nicht
besessen und auch kaum in späterer Zeit erwerben können, da er
ständig mit Schreinerarbeiten überhäuft war.
Hans Fugger half allem Anschein nach Wendel Dietrich auch
durch weitere Empfehlungen vorwärts. So dürfte Herzog Wilhelm,
dessen Bezüge aus Augsburg fast sämtlich durch Hans Fuggers
Hände gingen, durch ihn auf Wendel Dietrich aufmerksam geworden
sein. Der Herzog bezog im Jahre 1575 zwei Sänften, eine für
330 fl, die andere für 360 fl 7 kr 1 h, von ihm1, 1576 Entwürfe
für ein Trühlein2.
Im Jahre 1578 arbeitete Wendel Dietrich das Modell zum
Postamente an dem Brunnen, der in Hans Fuggers Galerie stand3.
In diesem Jahre wohl noch erhielt er von Hans Fuggers älterem
Bruder Marx Fugger einen größeren Auftrag. Buff hat aus zwei
Eingaben Wendel Dietrichs an den Augsburger Magistrat vom
3. April 1582 und vom 30. August 1583 feststellen können4, daß
einige Jahre vorher Marx Fugger große Bestellungen bei ihm
machte. Durch verschiedene Schlußfolgerungen glaubte Buff diese
Arbeiten in Holzdecken im jetzigen Hotel zu den „Drei Mohren“
wiedergefunden zu haben. Offenbar war es aber eine andere Arbeit,
die Wendel Dietrich damals verfertigte. Im Jahre 1578 hatte
nämlich Marx Fugger die Erlaubnis erhalten, in der St. Ulrichs-
kirche, und zwar in der rechten Seitenkapelle oberhalb des Simprechts-
chores, für sich und seine Familie eine Begräbnisstätte mit allem
Zubehör einrichten zu lassen5. Nun befindet sich in dieser Kapelle
ein großer, reichgeschnitzter Holzaltar mit der Jahreszahl MDLXXX,
dei' in jeder Beziehung, wie der Vergleich mit Dietrichs beglaubigten
Werken in Kirchheim und mit dem Hochaltar in der Münchener
1 S. G-melin, Die Michaelshofkirche S. 17 u. Anm. 32.
2 S. Stockbauer, Kunstbestrebungen a. bayr. Hofe S. 99.
3 S. oben S. 46 f. 4 Buff, S. 97 ff., S. 140.
5 F. A. 91, 1. Die vom Pfarramte ausgestellte Urkunde. — Abgedr.
Monumenta Boica XXIII, 680.
 
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