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Das Schloß Kirchheim,
an den Saaltüren, erst im Jahre 1595 hergestellt1. Die beiden
letzteren (Abb. 10), von prächtig dekorativer Wirkung, sind einander
gleich. Aus einem Löwenmaule quillt eine Ranke, aus deren unterer
Mitte ein nackter Knabe hervorwächst. Auf den beiden Enden der
Ranke lagern in anmutiger Bewegung zwei jugendliche, nackte
Gestalten: Mann und Frau2. Weitere,' etwas einfachere Türgriffe
in andern Zimmern des Schlosses sind 1. ein Engel mit Flammen-
schwert, 2. eine nackte Frauengestalt mit den Händen an der Brust,
3. eine nackte Frau gerade ausblickend, 4. ein Satyr, auf dem
Nacken eines Fabeltieres reitend, 5. ein Satyr, Trauben auspressend,
auf dem Rücken einer nackten Frau sitzend, 6. ein Satyr, auf
dessen Nacken ein kleiner Satyr sitzt, 7. ein Frauenkopf mit
langen Zöpfen, an einem S-förmigen Stengel sitzend3. Die Figuren
haben in ihrer anmutigen, reichen Bewegung, in dem Streben nach
verständnisvoller Wiedergabe jugendlich-schlanker schöner Körper-
formen, in der Behandlung der Einzelheiten soviel Ähnlichkeit mit
den übrigen Werken Hubert Gerhards, daß man der Tradition,
daß sie auch von ihm seien, unbedenklich zustimmen kann4.
1 F. A. 1, 2, 18 Einnahmen und Ausgaben 1598: „Umb 2 messene ge-
gossene handthabene, so zum saal per Kirchaimb gebraucht worden 47 fl.“
2 Ein sehr ähnlicher Bronzetürgriff in der Sammlung des Fürsten Fugger-
Babenhausen, abgebildet in „Meisterwerke schwäb. Kunst aus d. kunsth, Abt.
der schwäb. Kreisausstellung Augsburg 1886“, München 1886, Tafel VIII.
Nach Ortwein, D. Renaissance II. Abt., 2. Lief., Bl. 15 von einem Münchener
Gießer (also wohl Gerhard) und von der Saaltüre im Fuggerhause zu Augsburg.
3 Derselbe Bronzetürgriff ist von der Türe der Benediktuskapelle in
St. Ulrich zu Augsburg, die eine Fuggersche Begräbniskapelle ist. Der näm-
liche in zwei Exemplaren aus Privatbesitz abgeb. in „Meisterwerke schwäb.
Kunst“ Tafel XXX.
4 Im Besitze des Grafen Karl Ernst Fugger-Glött befindet sich in Kirch-
heim als altes Familienerbstück der Glötter Linie eine vergoldete Bronze-
statuette auf schwarzem Postament, in dem eine Uhr eingelassen ist. Sie
stellt Kaiser Otto I. dar, mit langem Barte, in Panzer und Lederwams, mit
Kaiserkrone auf dem Haupte, den Feldherrnstab auf das Knie gestützt. Eine
Inschrift lautet: Imp. Caes. Othoni Henrici F. Othonis N. Pio Felici Magna
Aug. Urbe Obsidione Babarica Liberata Hostibus Internecio caesis Victori
Augustani Vind. Kleine vergoldete und gravierte Reliefs an der Seite zeigen
den Einzug Ottos durch ein Tor mit der Inschrift: Otto Imp. victis Ungaris
Augustam Vindelicorum triumphans ingreditur; die Kommunion Ottos vor der
Schlacht in einer Art Feldkapelle mit der Inschrift: Otto Imp. ad bellum
profecturus sac. communionem a s. Udalrico accipit; die Schlacht auf dem
Lechfelde, auf der einen Seite des Leches Otto mit Ulrich und Kriegern, auf
der andern die Ungarn, im Hintergründe Augsburg, mit der Inschrift: Ungaros
magna pugna in campis ad Lygum vicit. — Sowohl die ganze Gestalt Ottos
Das Schloß Kirchheim,
an den Saaltüren, erst im Jahre 1595 hergestellt1. Die beiden
letzteren (Abb. 10), von prächtig dekorativer Wirkung, sind einander
gleich. Aus einem Löwenmaule quillt eine Ranke, aus deren unterer
Mitte ein nackter Knabe hervorwächst. Auf den beiden Enden der
Ranke lagern in anmutiger Bewegung zwei jugendliche, nackte
Gestalten: Mann und Frau2. Weitere,' etwas einfachere Türgriffe
in andern Zimmern des Schlosses sind 1. ein Engel mit Flammen-
schwert, 2. eine nackte Frauengestalt mit den Händen an der Brust,
3. eine nackte Frau gerade ausblickend, 4. ein Satyr, auf dem
Nacken eines Fabeltieres reitend, 5. ein Satyr, Trauben auspressend,
auf dem Rücken einer nackten Frau sitzend, 6. ein Satyr, auf
dessen Nacken ein kleiner Satyr sitzt, 7. ein Frauenkopf mit
langen Zöpfen, an einem S-förmigen Stengel sitzend3. Die Figuren
haben in ihrer anmutigen, reichen Bewegung, in dem Streben nach
verständnisvoller Wiedergabe jugendlich-schlanker schöner Körper-
formen, in der Behandlung der Einzelheiten soviel Ähnlichkeit mit
den übrigen Werken Hubert Gerhards, daß man der Tradition,
daß sie auch von ihm seien, unbedenklich zustimmen kann4.
1 F. A. 1, 2, 18 Einnahmen und Ausgaben 1598: „Umb 2 messene ge-
gossene handthabene, so zum saal per Kirchaimb gebraucht worden 47 fl.“
2 Ein sehr ähnlicher Bronzetürgriff in der Sammlung des Fürsten Fugger-
Babenhausen, abgebildet in „Meisterwerke schwäb. Kunst aus d. kunsth, Abt.
der schwäb. Kreisausstellung Augsburg 1886“, München 1886, Tafel VIII.
Nach Ortwein, D. Renaissance II. Abt., 2. Lief., Bl. 15 von einem Münchener
Gießer (also wohl Gerhard) und von der Saaltüre im Fuggerhause zu Augsburg.
3 Derselbe Bronzetürgriff ist von der Türe der Benediktuskapelle in
St. Ulrich zu Augsburg, die eine Fuggersche Begräbniskapelle ist. Der näm-
liche in zwei Exemplaren aus Privatbesitz abgeb. in „Meisterwerke schwäb.
Kunst“ Tafel XXX.
4 Im Besitze des Grafen Karl Ernst Fugger-Glött befindet sich in Kirch-
heim als altes Familienerbstück der Glötter Linie eine vergoldete Bronze-
statuette auf schwarzem Postament, in dem eine Uhr eingelassen ist. Sie
stellt Kaiser Otto I. dar, mit langem Barte, in Panzer und Lederwams, mit
Kaiserkrone auf dem Haupte, den Feldherrnstab auf das Knie gestützt. Eine
Inschrift lautet: Imp. Caes. Othoni Henrici F. Othonis N. Pio Felici Magna
Aug. Urbe Obsidione Babarica Liberata Hostibus Internecio caesis Victori
Augustani Vind. Kleine vergoldete und gravierte Reliefs an der Seite zeigen
den Einzug Ottos durch ein Tor mit der Inschrift: Otto Imp. victis Ungaris
Augustam Vindelicorum triumphans ingreditur; die Kommunion Ottos vor der
Schlacht in einer Art Feldkapelle mit der Inschrift: Otto Imp. ad bellum
profecturus sac. communionem a s. Udalrico accipit; die Schlacht auf dem
Lechfelde, auf der einen Seite des Leches Otto mit Ulrich und Kriegern, auf
der andern die Ungarn, im Hintergründe Augsburg, mit der Inschrift: Ungaros
magna pugna in campis ad Lygum vicit. — Sowohl die ganze Gestalt Ottos