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Jakob Eschay, Wendel Dietrich, Hubert Gerhard, Alexander Colin. JQ1
Michaelskirche dartun wird, die Formensprache Wendel Dietrichs
zeigt1. Ich glaube, wenn ich diese drei Punkte Zusammenhalte,
mit vollem Rechte behaupten zu können, daß die von Marx Fugger
dem Wendel Dietrich vor 1581 übertragene Arbeit dieser Altar
mit dem dazu gehörigen Gestühl in der Fuggerkapelle der Ulrichs-
kirche ist, dessen Ausführung somit in die Jahre 1578—1580 fällt2.
Der Holzaltar, in reicher Ornamentierung und in den Farben
Blau, Weiß, Silber und Gold gehalten, steigt ungefähr 8 m hoch
in zwei Stockwerken und einer abschließenden Bekrönung empor
und trägt in der Mitte ein Altarblatt von Christoph Schwarz, die
Auferstehung Christi, das durch zwei Flügeltüren verdeckt werden
kann: eine Altargestaltung, die noch aus deutsch-gotischer Kunst
herübergenommen ist. Im Gegensatz dazu ist der Aufbau mit seinen
korinthischen und jonisierenden Säulen und seinem klassischen
Architrav ganz den strengen Formen der Kunstweise Palladios ent-
nommen. Die schmückenden Ornamente sind meistens auch der
italienischen Renaissance entlehnt, wie die Voluten mit dem über-
fallenden Akanthusblatt oder die Mäanderstreifen, Perl- und Eier-
stäbe, welche die einzelnen Bilder einrahmen; andere, wie Rollwerk,
Fruchtgehänge, Rosetten, sind mehr deutschen Charakters. Goldene
Fuggerlilien als Ornamente weisen auf den Stifter hin. Hinter
den Säulen des ersten Stockwerkes befinden sich flache Reliefs in
grotesker Art: Engel, umgeben von Vasen, Fabeltiere, brennende
Lampen, sowie Täfelchen mit dem Monogramm Jesu; darüber
pflanzliche Ornamente mit Vögeln, Maskenköpfen, Architektur-
stücken, Hermen usw.: Motive, die wir ebenso in den Fuggerzimmern
gefunden haben und die sicher von Wendel Dietrich, der sie ja
kannte, herübergenommen wurden.
Der Altar ist von einer pompös-dekorativen Wirkung in seiner
reichen Farbenpracht und seinem Ornamentenreichtum. Das ängst-
liche Bemühen um einen hochstrebenden Tiefbau wirkt hier bei
dem kleineren Altar nicht so aufdringlich wie bei dem späteren in
München. Sind auch die Einzelformen des Altares so ziemlich
alle der italienischen Renaissance entnommen, so läßt doch die
Höhentendenz, die Flügelbildung und die Überladung mit Orna-
1 Auf Wendel Dietrich als Verfertiger dieses Altares hat später auch
Buff in Kempf „Alt-Augsburg“ S. 7 hingewiesen.
2 Im F. A. haben sich keine weiteren Nachrichten über den Altar ge-
funden. — Abbildungen: Oberer Teil sichtbar bei Kempf, Alt-Augsburg T. 73;
Gestühl T. 77 b. — Zeichnungen bei Ortwein, Deutsche Renaissance II. Abt.
3. Lief., Blatt 21—23.
 
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