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wild verworren durch einander, Stücke von alten Stadt—
mauern, und hochbreite Gänge in das Geſtein gehauen.
Die Ausſicht wurde dagegen ſehr gerühmt. Nur Platens
Grab uud die Katakomben wollte ich noch ſehen. Das
erſte iſt im traurigen Zuſtande. Platens Freund Lando—
lina, der es errichtete, iſt ſchon zehn Jahre todt, und
ſeitdem kümmert ſich Niemand um das Denkmal. Lang—
ſam verfällt es. Die Säule links vom Wappen iſt heraus—
gebrochen, Stücke aus der Marmorbekleidung ſind oben
und unten abgefallen. Platen wurde in hölzernem Sarge
beſtattet: erhält er nicht bald einen andern von Blei/ ſo
wird auch ſein Gebein bald Erde ſein. Für fünf- bis
ſechshundert Gulden ließe ſich das Ganze würdig wieder
herſtellen. Man müßte den Zollvereins-Conſul in Catania
mit der Sache beauftragen, er könnte an ſeinem Wohn—
orte alles Nöthige machen laſſen, und brauchte höchſtens
zweimal nach Syrakus hinaus zu fahren. Landolinas
Neffe und Erbe wurde mir als ein edeldenkender Mann
gerühmt, er werde zwar an dem Denkmal kein Intereſſe
haben, es aber gewiß unberührt an ſeiner Stelle laſſen.
Wird Deutſchland einen Dichter in fremder Erde ver—
geſſen, der in feinkörniger Verskunſt immerhin ein Stück
vom „deutſchen Horaz“ war, wie er auf dem Denkmal
genannt wird? Im Uebrigen haben Platens Gedichte
freilich weder die Stimmung, und noch weniger die Fülle
von Ideenanklängen, wie die poetiſch durchhauchten Lehr—
gedichte des heiteren Weltmanns von der Tiber, die noch
immer der anziehendſte Reiſebegleiter.
Bei dem Kapuzinerkloſter in Achradina ſteigt man in
die Katakomben. Der Anblick eines halbverfallenen Kirch—
leins, das wie aus chriſtlicher Urzeit ſtehen geblieben, be—
wild verworren durch einander, Stücke von alten Stadt—
mauern, und hochbreite Gänge in das Geſtein gehauen.
Die Ausſicht wurde dagegen ſehr gerühmt. Nur Platens
Grab uud die Katakomben wollte ich noch ſehen. Das
erſte iſt im traurigen Zuſtande. Platens Freund Lando—
lina, der es errichtete, iſt ſchon zehn Jahre todt, und
ſeitdem kümmert ſich Niemand um das Denkmal. Lang—
ſam verfällt es. Die Säule links vom Wappen iſt heraus—
gebrochen, Stücke aus der Marmorbekleidung ſind oben
und unten abgefallen. Platen wurde in hölzernem Sarge
beſtattet: erhält er nicht bald einen andern von Blei/ ſo
wird auch ſein Gebein bald Erde ſein. Für fünf- bis
ſechshundert Gulden ließe ſich das Ganze würdig wieder
herſtellen. Man müßte den Zollvereins-Conſul in Catania
mit der Sache beauftragen, er könnte an ſeinem Wohn—
orte alles Nöthige machen laſſen, und brauchte höchſtens
zweimal nach Syrakus hinaus zu fahren. Landolinas
Neffe und Erbe wurde mir als ein edeldenkender Mann
gerühmt, er werde zwar an dem Denkmal kein Intereſſe
haben, es aber gewiß unberührt an ſeiner Stelle laſſen.
Wird Deutſchland einen Dichter in fremder Erde ver—
geſſen, der in feinkörniger Verskunſt immerhin ein Stück
vom „deutſchen Horaz“ war, wie er auf dem Denkmal
genannt wird? Im Uebrigen haben Platens Gedichte
freilich weder die Stimmung, und noch weniger die Fülle
von Ideenanklängen, wie die poetiſch durchhauchten Lehr—
gedichte des heiteren Weltmanns von der Tiber, die noch
immer der anziehendſte Reiſebegleiter.
Bei dem Kapuzinerkloſter in Achradina ſteigt man in
die Katakomben. Der Anblick eines halbverfallenen Kirch—
leins, das wie aus chriſtlicher Urzeit ſtehen geblieben, be—