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z. B. Brautwerbungsszenen, komische Bauernprozesse und ähn-
liches. Meistens sind es gar keine eigentlichen Dramen, sondern
Aufzüge mit eingelegten Dialogen. Am liebsten spielte man
ohne jede szenische Grundlage auf offener Straße, mitunter
verband man das Spiel mit den althergebrachten Umzügen auf
Wagen, auf jeden Fall genügten einige Bänke mit darüber ge-
legten Brettern. Diese Art der Aufführung schloß von vorn-
herein jede Massendarstellung aus, ganz abgesehen davon, daß
auch die Stoffe, die gewöhnlich dem täglichen Leben entnommen
wurden, keine Gelegenheit dazu boten.
So blieb denn die Massenentfaltung auf das geistliche Drama
beschränkt. Der Grund, warum gerade das geistliche Schau-
spiel mit Vorliebe Massen verwandte, lag teils in seiner Be-
stimmung als religiösem Anschauungsunterricht, in dem Bedürf-
nis, dem Auge des Zuschauers nicht den kleinsten Nebenumstand
der biblischen Begebenheit vorzuenthalten, teils in dem immer
stärker werdenden Andrang der Bürger, die die festliche Hand-
lung mitbegehen wollten. Das Darstellungssystem der getrennten
Standorte, das alle Darsteller gleichzeitig auf der Bühne hielt,
verminderte die Massenwirkung am einzelnen Standort und in
der einzelnen Szene, wofür das Gesamtbild in jedem Augenblick
den Eindruck des Massenspiels bot. Szenisch wußte man die
Masse recht gut innerhalb dieses Standortsystems auszunützen,
doch verzichtete man darauf, sie durch das Wort zu meistern.
Der Massendialog blieb auf der niedrigsten Stufe stehen. Das
lag zum Teil an der anspruchslosen Illusionsfähigkeit der Zu-
schauer, die lieber sehen als hören wollten, zum Teil an der
dichterischen Unfähigkeit der Verfasser, denen psychologischer
Sinn und Gestaltungskraft gleichermaßen abgingen. Wir finden
keine Ansätze, die Vertreter der Masse individuell zu zeichnen
oder die Menge als Ganzes an passenden Stellen am Dialog
teilnehmen zu lassen. Das beschränkte sich auf einige fast zur
Formel gewordene lateinische Bibelworte, die als stereotype
Chorreden immer wiederkehren. Die große Zahl der Darsteller
und der Mangel an Schulung erschwerten überdies das gleichzeitige
Zusammensprechen. Eine wirksame Verwendung der Chorstimme
versuchte man nur durch häufige Einlage lateinischer Chorgesänge.
z. B. Brautwerbungsszenen, komische Bauernprozesse und ähn-
liches. Meistens sind es gar keine eigentlichen Dramen, sondern
Aufzüge mit eingelegten Dialogen. Am liebsten spielte man
ohne jede szenische Grundlage auf offener Straße, mitunter
verband man das Spiel mit den althergebrachten Umzügen auf
Wagen, auf jeden Fall genügten einige Bänke mit darüber ge-
legten Brettern. Diese Art der Aufführung schloß von vorn-
herein jede Massendarstellung aus, ganz abgesehen davon, daß
auch die Stoffe, die gewöhnlich dem täglichen Leben entnommen
wurden, keine Gelegenheit dazu boten.
So blieb denn die Massenentfaltung auf das geistliche Drama
beschränkt. Der Grund, warum gerade das geistliche Schau-
spiel mit Vorliebe Massen verwandte, lag teils in seiner Be-
stimmung als religiösem Anschauungsunterricht, in dem Bedürf-
nis, dem Auge des Zuschauers nicht den kleinsten Nebenumstand
der biblischen Begebenheit vorzuenthalten, teils in dem immer
stärker werdenden Andrang der Bürger, die die festliche Hand-
lung mitbegehen wollten. Das Darstellungssystem der getrennten
Standorte, das alle Darsteller gleichzeitig auf der Bühne hielt,
verminderte die Massenwirkung am einzelnen Standort und in
der einzelnen Szene, wofür das Gesamtbild in jedem Augenblick
den Eindruck des Massenspiels bot. Szenisch wußte man die
Masse recht gut innerhalb dieses Standortsystems auszunützen,
doch verzichtete man darauf, sie durch das Wort zu meistern.
Der Massendialog blieb auf der niedrigsten Stufe stehen. Das
lag zum Teil an der anspruchslosen Illusionsfähigkeit der Zu-
schauer, die lieber sehen als hören wollten, zum Teil an der
dichterischen Unfähigkeit der Verfasser, denen psychologischer
Sinn und Gestaltungskraft gleichermaßen abgingen. Wir finden
keine Ansätze, die Vertreter der Masse individuell zu zeichnen
oder die Menge als Ganzes an passenden Stellen am Dialog
teilnehmen zu lassen. Das beschränkte sich auf einige fast zur
Formel gewordene lateinische Bibelworte, die als stereotype
Chorreden immer wiederkehren. Die große Zahl der Darsteller
und der Mangel an Schulung erschwerten überdies das gleichzeitige
Zusammensprechen. Eine wirksame Verwendung der Chorstimme
versuchte man nur durch häufige Einlage lateinischer Chorgesänge.