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ebenmäßige ovale Umrahmung des Gesichts, alles dies findet
sich in ähnlicher Weise bei der Madonna mit dem Zeisig von
1506. Während dort aber ein Rest deutschen Gefühls, liebens-
würdiger Mütterlichkeit zurückbleibt, ist hier das feierliche
Strenge, Hoheitsvolle mehr zur Herrschaft gelangt. Es ist Dürer
nicht völlig gelungen, die übernommenen Formen mit seinem
persönlichen Empfinden zu erfüllen. Auch stören die über-
triebenen, häßlichen Formen des Kinderkopfes.
Ein anderes Madonnengemälde aus dem Jahre 1518,
das sich früher in der Galerie Capponi zu Florenz befand, wird
jetzt im Berliner Museum aufbewahrt. Die Mutter blickt
lächelnd auf das Kind, das, nach Thausings Ausdruck, offenen
Mundes die Achseln zusammenzieht, als ob es fröre. Die Formen
des Antlitzes erinnern wiederum mehr an das Bild der Belvedere-
Galerie, sind aber holzschnittmäßig vergröbert.
Aus demselben Jahre 1518 stammt die betende Madonna,
ebenfalls jetzt in Berlin. Hier macht sich italienischer Einfluß
von neuem geltend, man möchte sagen, es ist der Typus der
Augsburger Madonna, nun aber von der Seite gesehen. Thode
findet mit Recht in dem weichlich fleischlichen Kopf eine ge-
wisse Leere, im Kolorit eine grelle Buntheit.
In dem letzten Madonnengemälde, das wir von Dürer
haben, dem Bild von 1526 in den Uffizien, Florenz, hat der
Meister versucht, einen Ausgleich zwischen italienischem und
deutschem Ideal zu gewinnen. Der geistige Charakter des Kopfes
ist ein deutscher, und doch mutet die Zeichnung vieler Einzel-
heiten, namentlich der Nase und der weich geformten Wange,
italienisch an.
So haftet Dürers Geist in den Gemälden der Madonna
bis zum Ende an südlichen Vorbildern. Wäre die große Altar-
tafel, zu der so viele Studien erhalten sind, ausgeführt worden,
so würde, das können wir auch aus den fluchtigen Skizzen
ersehen, das Antlitz der Jungfrau italienische Formen gezeigt
haben, in den Nebengestalten dagegen wäre seine ursprünglich
eigene Naturbeobachtung zu ungehindertem Wirken gelangt.
ebenmäßige ovale Umrahmung des Gesichts, alles dies findet
sich in ähnlicher Weise bei der Madonna mit dem Zeisig von
1506. Während dort aber ein Rest deutschen Gefühls, liebens-
würdiger Mütterlichkeit zurückbleibt, ist hier das feierliche
Strenge, Hoheitsvolle mehr zur Herrschaft gelangt. Es ist Dürer
nicht völlig gelungen, die übernommenen Formen mit seinem
persönlichen Empfinden zu erfüllen. Auch stören die über-
triebenen, häßlichen Formen des Kinderkopfes.
Ein anderes Madonnengemälde aus dem Jahre 1518,
das sich früher in der Galerie Capponi zu Florenz befand, wird
jetzt im Berliner Museum aufbewahrt. Die Mutter blickt
lächelnd auf das Kind, das, nach Thausings Ausdruck, offenen
Mundes die Achseln zusammenzieht, als ob es fröre. Die Formen
des Antlitzes erinnern wiederum mehr an das Bild der Belvedere-
Galerie, sind aber holzschnittmäßig vergröbert.
Aus demselben Jahre 1518 stammt die betende Madonna,
ebenfalls jetzt in Berlin. Hier macht sich italienischer Einfluß
von neuem geltend, man möchte sagen, es ist der Typus der
Augsburger Madonna, nun aber von der Seite gesehen. Thode
findet mit Recht in dem weichlich fleischlichen Kopf eine ge-
wisse Leere, im Kolorit eine grelle Buntheit.
In dem letzten Madonnengemälde, das wir von Dürer
haben, dem Bild von 1526 in den Uffizien, Florenz, hat der
Meister versucht, einen Ausgleich zwischen italienischem und
deutschem Ideal zu gewinnen. Der geistige Charakter des Kopfes
ist ein deutscher, und doch mutet die Zeichnung vieler Einzel-
heiten, namentlich der Nase und der weich geformten Wange,
italienisch an.
So haftet Dürers Geist in den Gemälden der Madonna
bis zum Ende an südlichen Vorbildern. Wäre die große Altar-
tafel, zu der so viele Studien erhalten sind, ausgeführt worden,
so würde, das können wir auch aus den fluchtigen Skizzen
ersehen, das Antlitz der Jungfrau italienische Formen gezeigt
haben, in den Nebengestalten dagegen wäre seine ursprünglich
eigene Naturbeobachtung zu ungehindertem Wirken gelangt.