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Lübke, Wilhelm
Grundriss der Kunstgeschichte — Stuttgart, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.2899#0240
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220 Drittes Buch. Die Kunst des Mittelalters. .

springenden Aufsatz an, welcher dem beträchtlich breiteren Gurte des
Bogens als geeigneter Stützpunkt dient. So findet es sich bereits in
S. Agnese und S. Lorenzo.

Neben den Basiliken werden schon früh andre bauliche Formen, mei-
stens für besondere Zwecke des Kultus, in Rom wie anderwärts zur An-
wendung gebracht. Vorzüglich sind es runde oder polygone Anlagen von
mehr oder minder complicirter Art, deren man sich besonders zu Tauf-
oder Grabkapellen bedient. Eins der frühesten und wichtigsten dieser
Gebäude ist die oben auf S. 190 bereits erwähnte Grabkapelle der Tochter
Constantins, die noch jetzt vorhandene Kirche S. Costanza: ein Kundbau,
dessen Mittelraum mit hoher Kuppel auf einem Kranz gekuppelter Säulen
ruhend, über einem niedrigen, ebenfalls gewölbten Umgang sich erhebt. —
Von viel beträchtlicheren Dimensionen und verwandter, nur ungewölbter
Anlage ist die bedeutende Kirche S. Stefano Rotondo, ursprünglich von
zwei niedrigen Umgängen zwischen doppelten Säulenreihen umzogen, so
dass gewissermassen das Prinzip der fünfschiffigen Basiliken auf einen
mächtigen Bundbau angewendet erscheint. Die Details sind auch hier
gegen Ende des 5. Jahrhunderts noch durchaus antik, jedoch macht sich
der hohe kämpferartige Aufsatz über den Kapitalen als neues Element
bemerklich. — Von Taufkapellen gehört das merkwürdige Baptisterium
des Laterans, ebenfalls aus dem 5. Jahrhundert, hieher, ein achteckiger
Bau mit acht antiken, durch zierliche Architrave verbundenen Säulen,
darüber eine zweite Säulenstellung, wodurch die hohen Umgänge und der
noch schlankere Mittelbau etwas besonders Leichtes und Luftiges erhalten.

b. Monumente von Eavenna.

Die bedeutendste Stadt Italiens nach Born war damals das alte Ea-
venna. Seit 404 durch Honorius zur Residenz des weströmischen Reiches
erhoben, wurde sie namentlich nachmals durch seine Schwester Galla Pla-
cidia mit glänzenden Denkmälern geschmückt. Als später Theodorich das
Reich den Ostgothen unterworfen hatte, fuhr er in der begonnenen Bau-
tätigkeit mit Eifer fort, und auch seine Tochter Amalasuntha förderte
nach seinem Tode ähnliche Unternehmungen. Manche vielleicht der nor-
dischen Geistesrichtung angehörige Umgestaltungen bezeichnen die künst-
lerischen Werke dieser Epoche, obschon auch sie im Wesentlichen der
antiken Behandlung treu bleiben. Eine entscheidende Wendung tritt so-
dann 540 nach Besiegung der Ostgothen durch den oströmischen Feldherrn
Narses in das Geschick der Stadt, die fortan Sitz der byzantinischen Ex-
archen wurde. Von dieser Zeit an neigte sich auch die künstlerische
Thätigkeit den Einflüssen der bereits entwickelten byzantinischen Kunst zu.

Die ravennatischen Basiliken bleiben hinter der grossartigen räum-
 
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