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beehrtes Buch.
Herrfchaft bringen. In erfter Linie gaben die Fürftenhöfe durch Aufführen präch-
tiger Schloßbauten den heimifchen Meiftern Anlaß zu fchöpferilcher Thätigkeit.
Und zwar find es in Süddeutfchland der württembergifche und der pfälzifche, im
Norden der fächfifche, brandenburgifche und mecklenburgifche Hof, welchen die
Renaiflance energifche Förderung verdankt. Um 1538 erbaute Otto Heinrich von
Schlots zu der Pfalz das impofante Schloß Neuburg an der Donau, welches mit feinen
Neuburg. . L
mächtigen Thürmen, dem reich gefchmückten Hauptportal und den Arkaden des
Hofes den Uebergang zum neuen Style noch mit manchen göthifchen Reminis-
cenzen verbindet. Um diefelbe Zeit dringt die Renaiflance unter Friedrich II.
^Schlots zu (feit 1545) am Schloß zu Heidelberg ein, wo in der Nordoflecke des Hofes die
unter diefem Fürften aufgeführten ftattlichen dorifchen Arkaden fich in drei Ge-
fchoflen erheben. Sind auch in diefen Theilen die göthifchen Anklänge nicht ganz
überwunden, fo entfaltet fich dagegen der Otto-Heinrichsbau (1556—59) hochft
elegant und prachtvoll als ein wahres Mufter phantafiereicher und edler Früh-
renaiflance*). Der Reichthum der bildnerifchen Ausflattung, die graziöfen zwei-
theiligen Fenfter, deren Pfoften fogar mit Sculpturen bedeckt find (vgl. Fig. 948),
und manche andere Motive geben einen Anklang an die lombardifche Bauweife,
wie wir fie an der Certofa zu Pavia fanden. Die einzelnen Gefchofle find durch
Friefe vollftändig getrennt, und zwilchen je zwei Fenftern vertritt ein fchlanker
Pilafter die verticale Gliederung. Der Friedrichs bau deslelben Schlofles, unter
Herzog Friedrich IV. von 1601 bis 1607 errichtet, fchließt fich in den Grund-
motiven dem vorigen an, hat aber fchlankere Verhältnifle, hohe Giebelauflätze von
barock gefchwungener Form, fowie im Ganzen eine derbere Ausdrucksweife, und
betont durch die Verkröpfung der Zwifchengefimfe über den Pilaftern die aufflei-
Andere gende Richtung kräftiger. — Die prachtliebenden Fürften im mittleren und füd-
bauten. liehen Deutfchland fcheinen feit der Mitte des 16. Jahrhunderts in der Aufführung
von neuen Schlöflern oder im Umbau älterer Anlagen mit einander gewetteifert
zu haben, und wenn auch nichts davon an Reichthum oder gar an hochmale-
rifcher Lage mit Heidelberg fich mellen kann, fo fehlt es doch nicht an anzie-
henden Werken dieler Art. Die Anlage ift in der Regel noch eine mittelalter-
liche, hoch emporftrebende, mit zahlreichen Thürmen, in welchen die Wendel-
treppen, der Stolz der damaligen deutfehen Baumeifter, angebracht wurden. Zu
den größten Prachtftücken diefer Art gehören die beiden reich decorirten Wendel-
Mhefmnt trePPen eAema%en Deutfchordenslchloß (jetzt Kaferne) zu Mergentheim im
fränkifchen Württemberg. In derfelben Landfchaft find noch mehrere bedeutende
Neuenftein. Bauten erhalten. So namentlich das HohenloheTche Schloß zu Neuenftein,.
eine impofante Anlage mit mächtigen Rundthürmen an den Ecken, reichen Portal-
bauten und einem noch in gothifcher Weile gewölbten ftattlichen Ritterfaal. Der
Bau fcheint gegen 1530 begonnen und um 1564 vollendet zu fein. Der fchwäbifche
Architekt Heinrich Schickhardt war dabei betheiligt. Ferner das ebenfalls Hohen-
Weikers-lohe’fche Schloß zu Weikersheim, im Aeußeren fchlichter behandelt, aber mit
einem gewaltigen Saal, in welchem man die Jahreszahl 1605 lieft, und der, wenn
*) Vergl. die Monographie du chäteau de Heidelberg par Pfnor. Paris 1859. Fol. Dazu den
Auffatz von K. B. Stark in Sybel’s Hiftor. Zeitfchrift, 1861, und die fcliöne Publication von Friedr.
Sauerwein, Das Schlofs zu Heidelberg, mit Text von Dr. Marc RoJenberg. Frankfurt a. M. 1883.
Fol. — Endlich die Quellen zur Gefchichte des Pleidelberger Schloffes, herausgeg. von Dr. Marc
Ro/enberg. Heidelberg 1882. Gr. 4.
beehrtes Buch.
Herrfchaft bringen. In erfter Linie gaben die Fürftenhöfe durch Aufführen präch-
tiger Schloßbauten den heimifchen Meiftern Anlaß zu fchöpferilcher Thätigkeit.
Und zwar find es in Süddeutfchland der württembergifche und der pfälzifche, im
Norden der fächfifche, brandenburgifche und mecklenburgifche Hof, welchen die
Renaiflance energifche Förderung verdankt. Um 1538 erbaute Otto Heinrich von
Schlots zu der Pfalz das impofante Schloß Neuburg an der Donau, welches mit feinen
Neuburg. . L
mächtigen Thürmen, dem reich gefchmückten Hauptportal und den Arkaden des
Hofes den Uebergang zum neuen Style noch mit manchen göthifchen Reminis-
cenzen verbindet. Um diefelbe Zeit dringt die Renaiflance unter Friedrich II.
^Schlots zu (feit 1545) am Schloß zu Heidelberg ein, wo in der Nordoflecke des Hofes die
unter diefem Fürften aufgeführten ftattlichen dorifchen Arkaden fich in drei Ge-
fchoflen erheben. Sind auch in diefen Theilen die göthifchen Anklänge nicht ganz
überwunden, fo entfaltet fich dagegen der Otto-Heinrichsbau (1556—59) hochft
elegant und prachtvoll als ein wahres Mufter phantafiereicher und edler Früh-
renaiflance*). Der Reichthum der bildnerifchen Ausflattung, die graziöfen zwei-
theiligen Fenfter, deren Pfoften fogar mit Sculpturen bedeckt find (vgl. Fig. 948),
und manche andere Motive geben einen Anklang an die lombardifche Bauweife,
wie wir fie an der Certofa zu Pavia fanden. Die einzelnen Gefchofle find durch
Friefe vollftändig getrennt, und zwilchen je zwei Fenftern vertritt ein fchlanker
Pilafter die verticale Gliederung. Der Friedrichs bau deslelben Schlofles, unter
Herzog Friedrich IV. von 1601 bis 1607 errichtet, fchließt fich in den Grund-
motiven dem vorigen an, hat aber fchlankere Verhältnifle, hohe Giebelauflätze von
barock gefchwungener Form, fowie im Ganzen eine derbere Ausdrucksweife, und
betont durch die Verkröpfung der Zwifchengefimfe über den Pilaftern die aufflei-
Andere gende Richtung kräftiger. — Die prachtliebenden Fürften im mittleren und füd-
bauten. liehen Deutfchland fcheinen feit der Mitte des 16. Jahrhunderts in der Aufführung
von neuen Schlöflern oder im Umbau älterer Anlagen mit einander gewetteifert
zu haben, und wenn auch nichts davon an Reichthum oder gar an hochmale-
rifcher Lage mit Heidelberg fich mellen kann, fo fehlt es doch nicht an anzie-
henden Werken dieler Art. Die Anlage ift in der Regel noch eine mittelalter-
liche, hoch emporftrebende, mit zahlreichen Thürmen, in welchen die Wendel-
treppen, der Stolz der damaligen deutfehen Baumeifter, angebracht wurden. Zu
den größten Prachtftücken diefer Art gehören die beiden reich decorirten Wendel-
Mhefmnt trePPen eAema%en Deutfchordenslchloß (jetzt Kaferne) zu Mergentheim im
fränkifchen Württemberg. In derfelben Landfchaft find noch mehrere bedeutende
Neuenftein. Bauten erhalten. So namentlich das HohenloheTche Schloß zu Neuenftein,.
eine impofante Anlage mit mächtigen Rundthürmen an den Ecken, reichen Portal-
bauten und einem noch in gothifcher Weile gewölbten ftattlichen Ritterfaal. Der
Bau fcheint gegen 1530 begonnen und um 1564 vollendet zu fein. Der fchwäbifche
Architekt Heinrich Schickhardt war dabei betheiligt. Ferner das ebenfalls Hohen-
Weikers-lohe’fche Schloß zu Weikersheim, im Aeußeren fchlichter behandelt, aber mit
einem gewaltigen Saal, in welchem man die Jahreszahl 1605 lieft, und der, wenn
*) Vergl. die Monographie du chäteau de Heidelberg par Pfnor. Paris 1859. Fol. Dazu den
Auffatz von K. B. Stark in Sybel’s Hiftor. Zeitfchrift, 1861, und die fcliöne Publication von Friedr.
Sauerwein, Das Schlofs zu Heidelberg, mit Text von Dr. Marc RoJenberg. Frankfurt a. M. 1883.
Fol. — Endlich die Quellen zur Gefchichte des Pleidelberger Schloffes, herausgeg. von Dr. Marc
Ro/enberg. Heidelberg 1882. Gr. 4.