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Cranach, Lucas [Hrsg.]; Lüdecke, Heinz [Hrsg.]
Lucas Cranach der Ältere: der Künstler und seine Zeit — Berlin, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.29110#0135
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sie aber immerhin als gleichberechtigte Partner
auftreten und mit ihrem Reichtum den Waffen-
schutz der Fürsten erkaufen konnten.

Unter den Bürgern, die zum Selhstbewußtsein
erwacht waren, standen die Künstler an erster
Stelle. Sie verneinten die kirchliche Lehre von
der Verächtlichkeit alles Irdischen und des
menschlichen Antlitzes, indem sie Organe für die
Beobachtung der irdischen Welt gewannen und
entwickelten, und, an Kunstschöpfungen der an-
tiken Mittelmeerkulturen anknüpfend, zum Stu-
dium und zur künstlerischen Darstellung der
menschlichen Gestalt schritten. Aus Tausenden
von ausgegrabenen Münzen der Römerzeit spra-
chen die Bildnisse der Kaiser, der Kaiserinnen,
der Beherrscher der Römischen Republik zu
ihnen. In Hunderten von Marmorplastiken sahen
sie die einmaligen, individuellen Züge der Herr-
scher, Senatoren und Bürger Roms verewigt.
Solche Vorbilder regten die sehend gewordenen
Künstler an, in gleicher Weise die äußere Erschei-
nung der Menschen ihrer Zeit zu studieren und im
Kunstwerk festzuhalten. Ähnlich trug dann auch der bürgerliche Auftraggeber seinen Wunsch an den
Künstler heran, sich selbst dargestellt zu sehen, und dies zunächst noch möglichst in Verbindung
mit einer überlieferten religiösen Darstellung, in der dann seine Person bildlich in engen Kontakt mit
den Heilbringern gebracht war. Welchen Sinn die
Künstler und Kunstfreunde im 15. Jahrhundert
in solchen Bildnisdarstellungen erblickten, erklärt
Leon Battista Alberti, wenn er um 1435 schreibt,
dieBildnismalerei,,seivielleichtgöttlichenWesens,
sie vermöge nicht nur, wie man von der Freund-
schaft sagt, abwesende Menschen gegenwärtig,
sondern auch die Verstorbenen nach Jahrhun-
derten soviel wie lebendig zu machen“. Für sich
selbst fordert Alberti „zum Lohne meiner Mühen,
daß die Maler in ihren Gemälden mein Bild an-
bringen zum Zeichen der Dankbarkeit, daß ich
mich um die Kunst bemühte“.* Im Gegensatz
zu Albertis Wunsch wird es jedoch den Künstlern
näher gelegen haben, erst einmal ihr eigenes Bild-
nis in ihre Werke einzufügen.

So kommt es in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts in Italien, in den Niederlanden und
auch in Deutschland zur Einfügung von Bild-
nissen in religiöse Darstellungen, in denen die
Stifter der Gemälde und deren Angehörige dar-
gestellt sind, die aber oft auch den Maler des Werkes

* Willi. Waetzoldt: Die Kunst des Porträts. Leipzig 1908. S. 3.

126. Ausschnitt aus dem Gemälde Die Heilige Sippe
Um 1509j10

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