langes Gedicht verfaßte. Die venezianische Malerei des so-
genannten Manierismus mußte seinem ausgeprägten nord-
deutsch-nüchternen, auf das Stille und Einfache gerichteten
Geschmack zuwider sein. Uber Venedig insgesamt urteilte er
in dem angeführten Brief: - es repräsentiert doch nicht die
Form der Schönheit, die ich dauernd vor Augen haben möchte.
Dazu ist mir, rundheraus gesagt, die ganze Geschichte doch zu
schmutzig."
So bemerkenswert es ist, daß Fontane Dürer über ,,alle
Tintorettos zusammengenommen" stellte — der in dem Brief
erwähnte ,,Christuskopf" hat mit dem Nürnberger Meister
nichts zu tun. Vermutlich ist ein Ecce-homo-Bild (mit einem
ausdrucksvollen Christuskopf) gemeint, das schon von Sanso-
vino 1581 bei einer Schilderung des Dogenpalasts als ein Werk
eines unbekannten Niederländers genannt und gelobt worden
war. Die zweifellos unrichtige Zuschreibung an Dürer scheint
durch Zanettis Buch über die venezianische Malerei 1771 erfolgt
zu sein. Karl Friedrich Schinkel sah das vermeintliche Dürer-
Gemälde 1803, August von Platen 1824. Heute hängt es nicht
mehr in der Kapelle des Dogenpalasts, sondern im Saal der
Vorsitzenden des Zehnerrates.
Die Empfänger des in Rede stehenden Fontane-Briefes waren
der Jurist Karl Zöllner und seine Frau; Zöllner wurde 1876
Fontanes Nachfolger als Sekretär der Akademie der Künste in
Berlin. Der Brief ist aus Florenz datiert. Fontane befand sich
im Herbst 1874 mit seiner Frau auf einer Erholungs- und
Studienreise durch Italien.
Fontane oder Die Kunst zu leben, 1, 117 ff. —
Sansovino, 123 — Zanetti, 490 — Schinkel, 47 —
Ongaro, Abb. S. 57.
FRIEDRICH ENGELS
DmAAtiA der AVtMr. AcHiM = A'McAerei AAnwAwKr-
23t/. Friedrich Engels (1820—1895), der selbst ein sehr vielseitiger
Denker war und fast das ganze Wissen seiner Zeit überblickte,
hebt in der Einleitung (1875/76) zu seiner unvollendet geblie-
406
genannten Manierismus mußte seinem ausgeprägten nord-
deutsch-nüchternen, auf das Stille und Einfache gerichteten
Geschmack zuwider sein. Uber Venedig insgesamt urteilte er
in dem angeführten Brief: - es repräsentiert doch nicht die
Form der Schönheit, die ich dauernd vor Augen haben möchte.
Dazu ist mir, rundheraus gesagt, die ganze Geschichte doch zu
schmutzig."
So bemerkenswert es ist, daß Fontane Dürer über ,,alle
Tintorettos zusammengenommen" stellte — der in dem Brief
erwähnte ,,Christuskopf" hat mit dem Nürnberger Meister
nichts zu tun. Vermutlich ist ein Ecce-homo-Bild (mit einem
ausdrucksvollen Christuskopf) gemeint, das schon von Sanso-
vino 1581 bei einer Schilderung des Dogenpalasts als ein Werk
eines unbekannten Niederländers genannt und gelobt worden
war. Die zweifellos unrichtige Zuschreibung an Dürer scheint
durch Zanettis Buch über die venezianische Malerei 1771 erfolgt
zu sein. Karl Friedrich Schinkel sah das vermeintliche Dürer-
Gemälde 1803, August von Platen 1824. Heute hängt es nicht
mehr in der Kapelle des Dogenpalasts, sondern im Saal der
Vorsitzenden des Zehnerrates.
Die Empfänger des in Rede stehenden Fontane-Briefes waren
der Jurist Karl Zöllner und seine Frau; Zöllner wurde 1876
Fontanes Nachfolger als Sekretär der Akademie der Künste in
Berlin. Der Brief ist aus Florenz datiert. Fontane befand sich
im Herbst 1874 mit seiner Frau auf einer Erholungs- und
Studienreise durch Italien.
Fontane oder Die Kunst zu leben, 1, 117 ff. —
Sansovino, 123 — Zanetti, 490 — Schinkel, 47 —
Ongaro, Abb. S. 57.
FRIEDRICH ENGELS
DmAAtiA der AVtMr. AcHiM = A'McAerei AAnwAwKr-
23t/. Friedrich Engels (1820—1895), der selbst ein sehr vielseitiger
Denker war und fast das ganze Wissen seiner Zeit überblickte,
hebt in der Einleitung (1875/76) zu seiner unvollendet geblie-
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