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Mackensen, Michael; Faber, Andrea; Mackensen, Michael [Mitarb.]
Das römische Gräberfeld auf der Keckwiese in Kempten (1,1): Gräber und Grabanlagen des 1. und 4. Jahrhunderts: Text — Kallmünz: Verlag Michael Lassleben, 1978

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70067#0136

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Zu erwägen ist eine mittelbare Abhängigkeit von
den monumentalen frühkaiserzeitlichen Rundgrä-
bern, die allerdings meist einen Durchmesser von
mehr als 20 m haben14. In Anlehnung an diese
Grabmäler darf man als oberen Abschluß ebenfalls
eine hügelartige Erdschüttung annehmen15. Mit
einer Nachahmung frühkaiserzeitlicher Rundgrä-
ber rechnete H. Koethe auch für das Denkmal von
Nickenich, einen sorgfältig ausgeführten Quader-
bau mit 7,0 m Durchmesser und kegelförmigem
Erdhügel aus der Mitte des 1. Jahrhunderts 16.
Die großzügige, von den übrigen Bestattungen et-
was abgesonderte Grabanlage mit einer quadrati-
schen Umfassungsmauer, wahrscheinlich Nachemp-
findung und stark verkleinerte provinziale Aus-
führung einer mediterranen Grabbauform, ist zwei-
felsohne repräsentative Ausdrucksform der Bedeu-
tung und der gehobenen gesellschaftlichen Stellung
des in Grab 32 bestatteten Individuums17. Über
den gesellschaftlichen und politischen Rang des
Verstorbenen, dessen Alter und Geschlecht nicht
bestimmbar waren, in Cambodunum können aller-
dings höchstens Mutmaßungen angestellt werden,
da inschriftliche Quellen für das wohl bei der Auf-
lassung des Gräberfeldes in flavischer Zeit einge-
ebnete Grabmonument fehlen 18.
Die Bestattung von Grab 241 liegt innerhalb einer
quadratischen, 2,4 m mal 2,4 m großen und etwa
0,6 m bis 0,7 m breiten Bruchsteinmauer aus grob
gebrochenen Sand- und Kalksteinen sowie verein-
zelten Bachkatzen (Taf. 170, 23; Beil. 4, 2); von der
Mauer konnten keine aufgehenden Steinlagen und
nur geringe Reste von Kalkmörtel beobachtet wer-

den. Im Umkreis des Grabes war auf einer ein-
fachen Kiesrollierung, der alten Lauffläche, das
Fundament angelegt worden. Besonders beachtens-
wert ist jedoch eine grobe Steinrollierung, die sich
über die ganze Fläche und vor allem auch über
das Mauerfundament erstreckte. Aufgrund dieses
Befundes ist weiteres aufgehendes Mauerwerk aus'
zuschließen.
Zur Deutung des Befundes kann auf eine flache
Rollsteinschüttung von etwa 2,0 m Durchmesser
über Grab 124 hingewiesen werden, die Krähe als
hügelartige Aufschüttung ansehen möchtel0. Ent-
sprechende flache Rollsteinhügel finden sich auch
in den kleinen, jedoch etwas jüngeren westnorischen
Nekropolen von Hörafing und Köstendorf20; in
Hörafing wurde zusätzlich eine dem Grab 241 ähn-
liche, quadratische, etwa 0,4 m bis 0,6 m breite
Bruch- und Rollsteinmaueranlage von 1,7 m bis
1,8 m Seitenlänge aufgedeckt. An die Außenseite
dieser nicht besonders fundamentierten Mauern
stießen Rollsteine von ausdünnender Mächtigkeit
mit einem Streuungsdurchmesser von 4,5 m bis
5,5 m an, so daß der Eindruck eines hügelartigen,
etwas erhöht gelegenen Grabbaues entstand21.
Entsprechend möchte man auch die quadratische
Steinsetzung von Grab 241 mit der darüberliegen-
den Rollierung als flachen Grabhügel interpre-
tieren.
In der oberbayerisch-schwäbischen Hochebene west-
lich des Inn waren bislang nur vereinzelt jüngere
Grabhügelbestattungen bekannt, die als Ausläufer
der norisch-pannonischen Hügelgräbersitte ange-
sehen wurden22. Anhand der Gräber 241 und 124

14) B. Götze, Ein römisches Rundgrab in Falerii. Baugeschichte des römischen Adels- und Kaisergrabes. Grab-
bau und Bauplanung des Augustus (1939) 8 ff.; R. Fellmann, Das Grab des Lucius Munatius Plancus bei
Gaeta. Sehr. Inst. f. Ur- u. Frühgesch. d. Schweiz 11 (1957) 63 ff., bes. 90 ff.; vgl. Anm. 12.
15) ORL B VI, 1 Nr. 66c (Faimingen) 24: rundes Grabmonument von 2,2 m Durchmesser; Floriani-Squarcia-
pino a. a. O. 100 Abb. 18: Einfriedungsmauer von 0,4 m Breite und 2,8 m Durchmesser; R. Laur-Belart,
Ur-Schweiz 31, 1967, 45 f.
16) Trierer Zeitschr. 14, 1939, 115. 149 Abb. 13; R. Nierhaus, Helinium 9, 1969, 261; vgl. Germania 16, 1932,
287; Germania 18, 1934, 51; Bonner Jahrb. 138, 1933, 154 f.
17) Allgemein: M. Verzar, Mclanges Ecole Fran«;. Rome. Antiquite 86, 1974, 416 f. In diesem Zusammenhang
besonders beachtenswert ist das Grab eines Munizipalbeamten inCeleia: R. Egger, Jahresh. Österr. Arch.
Inst. 17,1914 Beibl. 73 f. Abb. 45. Vgl. auch Anm. 10.
18) Eine zusammenfassende Behandlung raetischer Grabbauten ist von H. U. Nuber angekündigt; Nuber u.
Radnöti, Wehringen 31 Anm. 15; vgl. auch Anz. Schweiz. Altkde. N. F. 14, 1912, 134; Mitt. K. u. K. Cen-
tralkommision N. F. 17, 1891, 152; Nuber u. Radnöti, Wehringen 27 ff. Abb. 2—3.
19) Krähe, Ausgrabungen 89; auch ebd. 88, wo für doppelte Kreisgräben eine Aufschüttung des Aushubs zu
kleinen Hügeln angenommen wurde (vgl. hier Beil. 4, 6).
20) K. Gerhardt u. R. A. Maier, Bayer. Vorgeschbl. 29, 1964, 121 Beil. 2 (Grab 1). 137 (Grab 13). 170; M. Hell,
Mitt. Anthr. Ges. Wien 55, 1925, 255 ff., bes. 257 (Hügel 6).
21) Gerhardt u. Maier a. a. O. 125 Beil. 2 (Grab 4).
22) H. U. Nuber, Kölner Römer-Illustrierte 2, 1975, 153; F. Winkelmann, Kataloge west- u. süddtsch. Alter-
tumssammlungen 6: Eichstätt (1926) 42 (Pfünz).

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