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Malkowsky, Georg [Compiler]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0224
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Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild.

mit seinen Balustraden und seinen frei hoch geführten Bögen
einen leichten luftigen Eindruck macht, wird von solch einem
hellenischen Fahrzeug als Dach abgeschlossen. Der weisse
Bug wölbt sich über die Front hinaus, zwischen den Seiten-
luken, wachsen die schlanken Ruder hervor und wennschon
die etwas massige Dekoration im Vergleich mit der darunter
aufgeführten Konstruktion ein wenig erdrückend erscheint,
würde man sich das alles gern gefallen lassen, wenn sich
nicht sofort die gesamte Flussfassade entlang dasselbe Motiv
fortsetzen würde. An die Möglichkeit, das Vorderteil eines
modernen Fahrzeuges als dekorative Vorlage zu benutzen an
all die unzähligen Symbolisierungen, die in fast überreicher
Fülle die Aussenseite des deutschen Schiffahrtspavillons
zieren, haben die Erbauer des Palastes nicht gedacht.

Obgleich in der Architektur völlig verschieden vom Palais
de la Navigation commerciale ist der in unmittelbarer Nähe
gelegene Pavillon der Compagnie des Messageries Maritimes
in der Wirkung jenem gleich; beide fallen auf ohne zu ge-
fallen. Weiteres über den Pavillon der Messageries zu sagen,
erübrigt sich, es ist kein Verlust diese Ausstellung nicht be-
sucht zu haben.

Ich gerate nicht gern in den Verdacht Chauvin zu sein
und so ist es mir beinahe peinlich konstatieren zu müssen,
dass der kleine Pavillon, in dem sich die deutschen Rhedereien
ihre Sonderausstellung bereitet haben, in seiner Architektur
im Gegensatz zu den erwähnten beiden anderen Bauten Ge-
schmack und Originalität vereint. Wir dürfen uns dieses
Lob übrigens ohne jede nationale Arroganz wiederholen, denn
es hat längst in der französischen Presse seinen Ausdruck
gefunden.

Schon der Gedanke des Erbauers, Architekt Georg Thielen-
Hamburg, durch das äussere Gesamtbild die Bestimmung des
Baues zu charakterisieren, ist ein glücklicher und thatsächlich wird
beim Anblick der schlank emporstrebenden Konstruktion, einer
Nachbildung des Rotsandleuchtturmes an der Wesermündung,
jedem sofort die Bedeutung des Pavillons klar. Diese Sonder-
ausstellung verdankt ihr Dasein der Initiative des deutschen
Ausstellungskommissars Dr. Richter, sie entstand unter der
Leitung des hanseatischen Gesandten in Berlin, Dr. Klügmann,
dem seitens der Senate von Hamburg und Bremen, in richtiger
Würdigung des nationalen
Wertes des Unternehmens,
reichliche Mittel zur Ver-
fügung gestellt wurden. Die
nur geringe Grundfläche
von 18—21 m, die dem Archi-
tekten seitens der Ausstel-
lungsleitung zur Verfügung
gestellt wurde, bedingte, um
alle Objekte unterbringen zu
können, die Anlage dreier
Geschosse und führte zur
Anordnung einer stattlichen
Mittelhalle von 14 m Höhe.

Das Haupimoment der
Anlage bildet der sich auf
dem bollwerkartigen Unter-
bau zur Höhe von 46 m
erhebende Leuchtturm, von
dessen Spitze allabendlich
ein Schuckertscher Schein-
werfer einen weissen glän-
zenden Lichtkegel über die
Ausstellung hinweg sendet.
Dieser Turm mit dem festen
Unterbau, auf dem Sema-
phoremnaste und Signal-

apparate in die Höhe streben, die Flaggen und Signalmaste, die
kleine Leuchtbaake mit Blinkfeuer, das alles zusammen fügt sich
so prächtig in ein gemeinschaftliches Bild, dass nirgends der
Eindruck des Unzusammenhängenden auch nur auftauchen
kann; Eine besondere Prachtleistung für sich, und sich trotz-
dem der Totalität einordnend, bildet das kleine aber stattliche
Hauptportal eine kräftige Bogenkonstruktion, flankiert von
zwei massiven festen Sockeln, auf denen sich zirka 3 m hoch
die Figuren eines Matrosen und eines Lotsen erheben. Ueber
dem Portal öffnet der deutsche Reichsadler seine Schwingen
und zwei mächtige Wallfischkiefer, im Bogen einander zu-
strebend, tragen die elektrische Bogenlampe, die den Eingang
beleuchtet. Energisch und lebhaft, ohne je die angenehme
Diskretion zu verlassen, die sich im ganzen Bilde bemerkbar
macht, ist das Aeussere des Gebäudes in der Farbe gestimmt.
Ein reichhaltiger, zirka 3 m hoher Fries, der um das Gebäude
in der Höhe des ersten Stockwerkes läuft, ein Werk des
Düsseldorfer Künstlers Karl Becker, schildert eine Reise aus
einem deutschen Hafen nach New York und enthält moderne
Schiffstypen vom kleinsten Segelboote bis zu den gewaltigen
Kolossen des Norddeutschen Lloyd oder der Hamburg-
Amerika-Linie. Ueber dem Portal wächst der Fries zu einem
prächtigen Marinebild aus und darunter prangt auf einer
Cartouche in leuchtend blauem Grunde mit Goldschrift das
Kaiserwort: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser." Das
Ganze atmet Seeluft und deutsches Wesen und die blau-
gestrichenen Giebel und Fenstereinfassungen, die weisse
Sprosseneinteilung der Fenster, das Dach im leuchtenden
Ziegelrot, das tieffarbige Portal gegenüber dem einfachen
Weiss der Wandflächen, das alles erinnert an die Bauten,
wie wir sie an der Nordseeküste und auf den friesischen
Inseln antreffen.

Dem Innern des Gebäudes verleiht die eigenartige An-
ordnung der Treppenkonstruktion einen grotesken Anblick,
der lebhaft durch die Wirksamkeit der Farben unterstützt
wird. Die Wandflächen sind weiss, durchzogen von den frei-
gelassenen Balkenpartien, die konsequent in einer blaugrünen
Meerfarbe gehalten sind. Auf dem roten Ziegelfussboden des
Parterreraumes erhebt sich die reichhakige Sammlung neuerer
Schiffsmodelle. Deutsche Namen, deren Klang den Erdball

Die elektrische Hochbahn, Berlin, Haltestelle Kottbuscr Thor.
 
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