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Malkowsky, Georg [Compiler]
Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild — Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1250#0329
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Die Pariser "Weltausstellung in Wort und Bild.

die grossen Flächen in einer sehr einfachen Technik, mittels
aufgenähter brauner "Wollborden mit einem lebhaft bewegten
Ranken- und Linienspiel ornamentiert, die in grosser Ab-
wechslung bald an Pflanzen, bald an Tierkörper erinnern.
Ausgeführt wurden diese Arbeiten von den Schülern Heinrich
Comploj, Gustav Schneider, August Patek und Otto Prutscher.
Von dem Inhalte dieses Raums fallen nur die Möbel in den
Bereich dieses Aufsatzes, während die vielgerühmten Spitzen,
dann Bronze- und Emailarbeiten, Holzskulpturen der Klotz-
schule, Beleuchtungskörper, Plaka(entwürfe etc. einem ein-
schlägigen Fachaufsatz vorbehalten bleiben müssen.

Unter den einzelnen
Möbeln haben die Aus-
stellungsschränke von
dem begabten Hoff-
mann-Schüler Wilhelm
Schmidt und der zier-
liche Sekretär von Fräu-
lein Else Unger, der
Tochter des bekannten
Malerradiere rs und Pro-
fessors an der Wiener
Kunst - Akademie den
meisten Beifall. Die
ersteren sind in braun-
rotem Holz in sehr ein-
fachen aber gefälligen
und zweckmässigen For-
men gehalten, der Sekre-
tär, in Form eines Wand-
schrankes, hinter dessen
Flügelthüren ein nieder-
klappbares Schreibe-
brett sich befindet, ist
in blaugrau gebeiztem
Lindenholz ausgeführt,
innen rot poliert. Die
sehr kokett geformten
Thüren mit einem obe-
ren Ausschnitt, der an
ein dekolletiertes Kleid
erinnert, sind ebenso
wie die Seitenwände
mit sehr feinen Blumen-
schnitzereien des Holz-
schülers Emilio Zago
dekoriert.

Einen zweiten Raum,
und zwar in diesem Fall
einen einfachen behag-
lichen Wohnraum, hat
Professor Hoffmann in
seinem von A. Pospischil ausgeführten Speisezimmer zur Aus-
stellung gebracht. Dieses Interieur zeigt eine den englischen
Wohnräumen ähnliche Gesamtstimmung. Auf dem Fonds der
mattgrünen Wandbespannung stehen günstig verteilt das sehr
sinngemäss konstruierte, fast wie vom Kistentischler ge-
zimmerte Büffet, die beiden pylonenformigen Silberschränke,
mit kleinen facettierten Quadratscheiben; der mächtige Aus-
ziehtisch, die bequemen Fauteuils, einige zierliche Postamente
mit grossen Intarsien, alles in braunrotem, politiertem Maha-
goni verbreiten eine Stimmung von Behaglichkeit und Solidität.

Neben diesen modernen Interieurs auf der Gallerie enthält
das Industriepalais an der Invalidenesplanade noch die Inte-
rieurs der zwei österreichischen Fabrikanten von Möbeln aus
gebogenem Holz. Diese Österreichische Specialität war bisher
mehr durch die Masse als die Schönheit der Exportartikel auf-

gefallen. Es ist als eine Errungenschaft der letzten Jahre zu
bezeichnen, dass man nunmehr versucht, dem modernen Be-
dürfnis nach einer Abwechslung in den Möbelformen mit den
Mitteln dieser Technik entgegenzukommen.

Endlich wäre noch im Zusammenhang mit den in mo-
dernem Stil gehaltenen Interieurs der österreichischen Ab-
teilung der Empfangsraum im österreichischen Repräsentations-
haus am Quai d'Orsay zu nennen, der nach Entwurf des
Architekten Max Fabiani, Dozenten an der Wiener technischen
Hochschule, von der Firma Portois & Fix ausgeführt wurde.
Dieses Interieur ist das Werk eines Künstlers, der ganz eigene
Wege geht. Bei inten-
sivem Studium der Eigen-
heiten jedes Materials
verfolgt er den Zweck,
neue Farbenstimmungen
hervorzurufen, einemale-
rische Wirkung zu er-
zielen. Ueber einen lich-
ten Teppich gleitet der
Blick zu den hellen Wän-
den; im siibergrauen
Ahorn blinken die Lam-
bris, die Wandfelder
sind abwechselnd mit
milchweisser Seide und
mit Spiegel streifen be-
legt; und ein delikater
blassroter Rosenfries
schlingt sich wie eine
Guirlande um diese apar-
ten Flächen, auf den
Wandstoff gestickt, auf
den Spiegeln in kolo-
rierter Metallauflage
Die Möbel sind in dem-
selben lichten Holz ge-
halten und mit Silber-
beschlagen dekoriert.
(Die Abbildung dieses
Empfangszimmers fin-
den die Leser im Heft 14.)
Die dekorative Aus.
stattung der österreichi-
schen Kunstausstellun-
gen, die von Professor
Hoffmann (Sezession)
undArchitekten Josef Ur-
ban (Künstlergenossen-
schaft) herrührt, glaube
ich füglich übergehen zu
können, da sie wohl bei
einer Besprechung der betreffenden Ausstellungen eine Würdi-
gungfinden wird, die in ausführlicherer Form die Verdienste dieser
beiden Künstler erledigt. Es bliebe noch die Schilderung jener
Räume, welche entweder als Kopien von Arbeiten älterer Stil-
perioden oder als Ausstellungsobjekte ausser-wienerisch er
Schulen erscheinen. Jedoch auch diese Materie ist eine zu
ergiebige und umfangreiche, als dass sie in einigen kurzen
Schlussbemerkungen zu vorstehenden Auseinandersetzungen
eine gebührend erschöpfende Erledigung finden könnte. Eine
Erwähnung haben diese Räume bereits gefunden in einem der
früheren Artikel dieses Werkes, der die kunstgewerblichen
Ausstellungen Oesterreichs in ihrer Totalität und allgemein
behandelt. Es soll Gegenstand einer nächsten .Abhandlung
sein, specieil diese Kopieen älterer Stilperioden detaillierter und'
so eingehend wie sie es verdienen zu schildern.

Ausstellungsraum der Wiener Kunstgewerbeschule.
 
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