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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0105
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gliedrige Gefäß dieses Bestattungsplatzes ist, wenn es auch nicht die sonst übliche schwarzglän-
zende Oberfläche aufweist, ein im engeren Jastorf-Bereich gängiger Typ (K. RADDATZ 1955
Abb. 2, D9). Darüberhinaus sei hier auf das Bruchstück einer Ripdorf-Schale aus dem Gräberfeld
von Pestrup, Kr. Oldenburg, hingewiesen, die ebenfalls Verbindung dieses Bereichs mit dem Elbe-
gebiet widerspiegelt (E. SPROCKHOFF, 1959, Taf. 30, 1). Leider ist ja die Keramik der mittleren
vorrömischen Eisenzeit wegen des hohen Anteiles an Knochenlagern in diesem Bereich nur schwach
vertreten. Auch der Lauinger Typ, ebenfalls weit über sein Ursprungsgebiet hinaus verbreitet (Taf.
67, 2,7), ist im Verdener Gebiet keinesfalls zahlreich dokumentiert, so daß die Grabkeramik
weniger gut geeignet ist, die Intensität der Kontakte zwischen der Verdener und der Nordostnie-
dersachsen-Gruppe in der mittleren vorrömischen Eisenzeit nachzuweisen.
Für die Spätlatenezeit gibt es aus dem Kreis Verden keine vergleichbaren Keramikfunde mehr.
Wie schon bei den Metallgeräten zu beobachten war, scheinen sich in der fortschreitenden mittle-
ren vorrömischen Eisenzeit die Verbindungen zu Nordostniedersachsen grundlegend gewandelt zu
haben. Möglicherweise wird hier ein ethnischer Entwicklungsprozeß erkennbar, ähnlich dem im
Elbemündungsgebiet. Aus der relativ einheitlichen älteren Jastorf-Zivilisation im nordniedersächsi-
schen Bereich kristallisieren sich langsam ethnische Gruppen heraus, deren religiöse, soziale, recht-
liche sowie politische und ökonomische Grundlagen zueinander in jüngerer Zeit schärfer profiliert
sind.

E. Zur Belegungskontinuität der Gräberfelder
1. Die Stader-Geest-Gruppe
Der Nachweis der Belegungsabfolge eines Friedhofes impliziert unter bestimmten Vorausset-
zungen nicht nur eine Besiedlungskontinuität (S. 96 ff.), sondern kann ebenso einem bestimmten
Gruppenverhalten Ausdruck verleihen und somit als ein weiteres, relevantes Merkmal für die
Umschreibung derselben dienen. Gleichwohl können kurzfristig belegte Friedhöfe Anzeichen eines
besonderen religiösen Verhaltens sein, wichtige Hinweise in bezug auf die Siedlungsstruktur (Fluk-
tuation) geben, aber auch politische — wie Übersiedelung oder Einwanderung durch fremde Gruppen
— bzw. soziale Ursachen haben. Denkbar ist im Einzelfalle auch eine Aufgabe des Bestattungsplatzes
durch Platzmangel. Aus diesen Ausführungen, die um weitere denkbare Gründe erweitert werden
könnten, geht hervor, daß im zweiten Falle die Interpretation bezüglich der Hintergründigkeit
dieses Verhaltens bedeutend komplexer ist als in den Fällen, bei denen die Belegungskontinuität
auf eine relativ konstante Lage in den angesprochenen Bereichen hinweist.
Schwierigkeiten für die Richtigkeit der Beurteilung dieser denkbaren Umstände ergeben sich
speziell aus der Quellenlage. Obwohl diese für das Untersuchungsgebiet sehr unterschiedlich ist,
zeichnen sich doch einige grundsätzliche Gegensätze zwischen den beiden Großgruppen ab, die als
weitere Indizien für die Beweisführung der richtigen Einschätzung dieser Einheiten herangezogen
werden können.
Für die Stader-Geest-Gruppe stellt sich heute folgende Situation dar. Im Weser-Elbe-Dreieck
sind aufgrund des ungenügenden Quellenstandes keine Friedhöfe bekannt, von denen eindeutig
und am Material gut dokumentierbar gesagt werden kann, daß sie von der älteren vorrömischen
bis zur jüngeren vorrömischen Eisenzeit oder darüber hinaus bis in die römische Kaiserzeit hinein
kontinuierlich belegt worden sind. Möglicherweise wird die vollständige Ausgrabung des Friedhofes
Wanna „Griftteile“, Kr. Land Hadeln, von dem H. AUST (1973, 25) annimmt, daß er über diese
Perioden bis in das zweite Jahrhundert nach Chr. kontinuierlich benutzt worden ist, diese Lücke
eines Tages schließen. Für die Belegung von der älteren in die mittlere vorrömische Eisenzeit lassen

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